Aendere dein Leben - erfinde dich neu
davon ausgehen, dass beunruhigende Gedanken nicht existieren können, wenn wir ihnen keine Aufmerksamkeit schenken. Es kommt also darauf an, wieder volle Kontrolle über unsere Aufmerksamkeit zu gewinnen. Diese Form der Meditation ist zudem eine Einladung, im Hier und Jetzt zu verweilen, damit unser Geist weder in die Vergangenheit noch in die Zukunft abschweift. Wenn Sie die Augen schließen und versuchen, sich nur in der Gegenwart aufzuhalten, ohne sich von Gedanken oder Geschichten der Vergangenheit oder Ihren Vorstellungen von der Zukunft einwickeln zu lassen, zeigt das bereits Ihre Fähigkeit, von Achtsamkeitsmeditationen profitieren zu können. Falls Ihnen das sehr schwerfällt, kann ich nur sagen: Das ist normal und geht den meisten Menschen so. Deshalb muss man es einüben.
Eine der effektivsten Methoden, die Aufmerksamkeit tatsächlich im Hier und Jetzt zu halten, ist die im letzten Kapitel erläuterte Konzentration auf die Bewegungen der eigenen Atmung, weil die Atmung in der Gegenwart stattfindet.
Ein anderes Grundelement, das wir im Blick behalten müssen, ist unsere Reaktion auf Ablenkungen. Wenn wir plötzlich feststellen, dass wir nicht mehr auf unseren Atem achten, sondern uns von einem Gedanken oder einem Gefühl haben davontragen lassen, sollten wir uns auf keinen Fall ärgern, sondern uns sanft und entschlossen zugleich wieder ganz auf die Atmung konzentrieren. Die Situation ist ungefähr so, als hätten wir einen jungen Welpen bei uns, den wir wieder zu uns holen, nachdem er eine Blume beschnuppert hat. Es geht hier um einen grundlegenden Punkt, denn Meditation ist nur möglich, wenn wir uns von der Einstellung lösen, uns jedes Mal schlecht oder schuldig fühlen zu müssen, wenn wir uns ablenken lassen.
Das nächste Element ist womöglich das komplexeste. Es handelt sich um die Frage, was wir tun können, wenn ein Gefühl so intensiv oder ein Gedanke so hartnäckig ist, dass es uns unmöglich erscheint, es oder ihn loszulassen. Sosehr wir uns auch darum bemühen, gelingt es uns doch nur kurz, uns ganz auf unseren Atem zu konzentrieren– und schon sind wir wieder in demselben Gedanken oder Gefühl gefangen. In solchen Fällen ist es hilfreich, sich ganz auf die körperlichen Empfindungen zu konzentrieren, die dieser Gedanke oder dieses Gefühl bei uns auslöst. Sehr nützlich ist auch die Methode, dem, was wir spüren, einen Namen zu geben, ob nun »Trübsinn«, »Furcht« oder »Angst«. In diesem Fall liegt der Schlüssel nicht im Widerstehen, weil jede willentliche, aktive Anstrengung kontraproduktiv ist. Um aus dieser Situation herauszukommen, müssen wir uns in sie versenken, wie man sich mitunter in eine besondere Landschaft versenkt. Weisen Sie den Gedanken oder das Gefühl nicht als schlecht oder unerwünscht zurück, sondern nehmen Sie lieber alles wahr, was da ist, ohne es zu bewerten. Auf diese Weise verwandeln Sie sich in einen Forscher, der nach dem wahren Ursprung dieser Erfahrung sucht. Ganz allmählich werden der Gedanke oder das Gefühl sich auflösen oder etwas von großem Wert enthüllen, das Ihnen bisher verborgen war.
Im Rahmen der Achtsamkeitsmeditation werden Gedanken oder Gefühle nicht in gut oder schlecht, erwünscht oder unerwünscht unterteilt. Hier ist jedes Urteil aufgehoben. Die Achtsamkeitsmeditation zeichnet sich durch eine offene Haltung aus, die einem prächtigen Garten dasselbe Interesse entgegenbringt wie einer trockenen Wüste. Diese Einstellung ist von grundlegender Bedeutung und ein radikaler Gegensatz zur üblichen Funktionsweise unseres Geistes, der sofort auf das anspringt, was ihm gefällt, und sich dem verweigert oder sich gegen das sperrt, was ihm missfällt.
Die Achtsamkeitsmeditation zählt zu den interessantesten Methoden, jenen magischen Raum unseres wahren Wesens zu betreten und dabei die Grenzen zu überschreiten, die unsere Identität für uns abgesteckt hat. Dabei geht es nicht um rationales Verständnis und ein intellektuelles Durchleuchten der Geschehnisse, sondern um eine Erfahrung, mit der wir uns dem Potenzial und den Möglichkeiten öffnen, die in uns verborgen liegen. Deshalb ist jeder Versuch, eine Einsicht zu forcieren, um etwas Bestimmtes zu erreichen oder zu erleben, zum Scheitern verurteilt.
Die Technik der Achtsamkeitsmeditation lädt uns ein, unsere Neigung, alles, was uns widerfährt, zu kontrollieren und intellektuell verstehen zu wollen, zu überwinden. Es ist eine Einladung, uns vertrauensvoll von einer Weisheit führen
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