Aendere dein Leben - erfinde dich neu
jedoch gewiss nicht im Bereich des Intellekts, weil genau dort ja das Problem entsteht. Der neue Impuls stammt aus der Ebene des Seins, des Bewusstseins, jener Realität, die wir bereits sind, die wir jedoch vergessen haben.
Um auf diese Ebene zu gelangen, müssen wir mehrere Stufen erklimmen, was uns Entschlossenheit, Hartnäckigkeit und eine gehörige Portion Geduld abverlangt.
Erste Stufe: So logisch es auch erscheinen mag: Kein Vorfall und keine Umstände können mich dazu bewegen, negative Gedanken zuzulassen, die ihrerseits zerstörerische Gefühle in Gang setzen. Sobald ich also bemerke, dass ich derartige Gedanken zulasse oder derartige Gefühle verspüre, mache ich eine Pause, um einige Male tief durchzuatmen und so gut wie möglich zu verhindern, dass diese Gedanken oder Gefühle erneut von mir Besitz ergreifen. Wir sollten uns darüber im Klaren sein, dass dies für gewöhnlich nicht einfach ist, zum einen, weil unsere automatischen Reaktionen sich über viele Jahre hinweg eingeschliffen haben, und zum anderen, weil unser Intellekt– der ein Teil des Problems ist– uns einreden wird, dass das, was wir tun, eine absolute Dummheit und große Zeitverschwendung ist.
Zweite Stufe: Die Situation akzeptieren– nicht als schwere Last, sondern als Geschenk des Universums, damit wir wachsen und mehr Gelassenheit, Mitgefühl und Liebe entwickeln können.
Dritte Stufe: Auf dieser Stufe öffnet man sich mit großer Demut der Möglichkeit, dass hinter dem, was wir bisher sehen und erfahren, ein neuer Raum existieren könnte, ein Raum, in dem uns große Freude und eine enorme Klarheit erwarten. Deshalb kommt es hier stark auf den Glauben und das Vertrauen an, dass es hinter den Mauern des Verstandes noch eine andere Realität gibt, die wir nur im Moment noch nicht sehen.
Vierte Stufe: Wenn wir diesen Punkt erreichen, müssen wir unsere Aufmerksamkeit ganz neu darauf richten, wie wir von automatischen Reaktionen gesteuert werden. Wenn wir registrieren, dass jemand uns verletzt hat, konzentriert sich unsere Aufmerksamkeit automatisch auf alles, was an dieser Person negativ, unangenehm und nachteilig ist. Wer solche Automatismen überwinden und wahrhaft frei werden will, muss danach Ausschau halten, was dieser Mensch Gutes an sich hat, denn jeder Mensch hat irgendeine bewundernswerte Eigenschaft. Dabei geht es nicht darum, dass wir der äußeren Erscheinung dieser Person oder ihren Taten auf den Leim gehen, sondern um ihr wahres Wesen, um das, was hinter ihren Verletzungen und emotionalen Brüchen steckt. Dort hat ihr Schmerz seinen Ursprung.
Fünfte Stufe: Diese Stufe kollidiert unmittelbar mit unserem gewohnten Niveau an Arroganz, dem Wunsch, alles allein und ohne Hilfe zu schaffen. Es gibt Kräfte, die der Vernunft nicht zugänglich sind und die die Wissenschaft erst ansatzweise versteht. Auf der fünften Stufe bitten wir das Universum um Beistand, damit es uns hilft, mit uns selbst und anderen in Verbindung zu bleiben.
Vor etlichen Jahren beschäftigte ich mich in London mit bestimmten Aspekten des menschlichen Geistes. Eines Tages erfuhr ich per Zufall, dass in einem Museum von London anatomische Modelle aus dem 17. Jahrhundert ausgestellt seien. Sie stammten aus Italien und waren in Wachs gegossen. Als ich hinging, konnte ich nicht fassen, wie realistisch die Darstellungen waren. Jedes Gefäß – Arterien, Venen und Lymphgefäße – war bis ins kleinste Detail zu betrachten. Es gab Modelle von einzelnen Organen, aber auch von ganzen Körpern. Als großer Bewunderer der menschlichen Anatomie war ich begeistert. Da bemerkte ich etwa zehn Meter weiter eine Art Torbogen und dahinter etwas, was mich an Tierschädel erinnerte. Entschlossen betrat ich den kleinen Saal, wo ich tatsächlich in einem kleinen Schaukasten an einer Wand eine Reihe Wolfsschädel vorfand. Ich hatte auch registriert, dass links von mir an einer der anderen Wände ein schönes Bild des Theatrum anatomicum in Padua hing. In diesem Hörsaal für anatomische Vorlesungen studierten einige der angesehensten Anatomieforscher der damaligen Zeit, wie zum Beispiel der große Vesalio. Es ist der wohl berühmteste Anatomiesaal der Welt.
Was ich nicht wahrgenommen hatte, war eine Bank rechts von mir, genau gegenüber von dem Bild mit dem anatomischen Theater von Padua. Dort saß ein junger Mann von etwa achtzehn Jahren. Weil ich so gründlich abgelenkt war, versperrte ich ihm den Blick auf das Bild, denn ich stand ihm genau im Weg.
Als er mich
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