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Titel: Aeon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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Thistledown City verfügt nach wie vor über eine eigene Exekutive.«
    »Dachte ich’s mir doch«, sagte Hoffman. »Das heißt also, Thistledown City ist nach wie vor imstande, Entscheidungen und Urteile zu fällen und entsprechend zu vollstrecken.«
    »Wir dürfen uns keine Entgleisungen erlauben, richtig?«, gab Mirski zu bedenken.
    Hoffman nickte und kehrte zum Thema zurück. Punkt für Punkt wurde die Liste binnen fünfundvierzig Minuten abgehandelt.
    »Es war mir ein Vergnügen«, meinte Mirski, der sich zum Händedruck erhob und die Damen zum Laster begleitete.
    »Was ist mit dem Galgen?«, fragte Wallace auf dem Rückweg. »Was ist davon zu halten?«
    »Aus mit der Toleranz«, meinte Hoffman. »Soll vielleicht nur der Abschreckung dienen.«
    »Der Mann ist mir unheimlich«, sagte Wallace.
    Hoffman nickte. »Mir auch.«

55
    Von ihren Unterkünften in Axis Nader wurden die fünf von Suli Ram Kikura und dem Frant zur Defektpassage gebracht, um die die zylindrische Siedlung rotierte. Ihr Transportmittel war ein leerer Schacht von drei Kilometern Länge; der Fall glich der Fahrt im Wohnblock der Thistledown City und traf sie deshalb – zum Glück – nicht unvorbereitet.
    Die Defektpassage war ein Tunnel von einem halben Kilometer Durchmesser quer durch die Achsstadt Axis City, der in der Mitte die Singularität aufnahm. Hunderttausende von Bürgern säumten die Wände und schwebten in purzelnden Trauben dahin, was jedoch sehr geordnet ablief. Ram Kikura und der Frant verhandelten mit dem Passageingenieur, einer weiblichen Homomorphen, die wie Olmy vom Selbstversorgertyp und ohne Nasenlöcher war.
    Daraufhin wurden die fünf dem ersten der vielen städtischen Würdenträger vorgestellt, dem Minister von Axis Nader, einem grauhaarigen, vornehmen und rüstigen orthodoxen Naderiten, der eine japanische »aufgehende Sonne« über der linken Schulter schwenkte. Er schien kein Gramm orientalisches Blut in sich zu haben, aber seine Erscheinung war vielleicht – höchstwahrscheinlich sogar – manipuliert; zum Nachfragen blieb jedoch keine Zeit. »Ihr dürft mich Bürgermeister nennen, wenn ihr wollt«, sagte er in perfektem Englisch und Chinesisch. Diese Sprachen waren in den vier Wohngebieten neuerdings große Mode und sogar jenen geläufig, die keine entsprechende Abstammung nachweisen konnten.
    Auf dem Defekt lag ein schwarzes, käferartiges Wartungsfahrzeug auf, das demjenigen, das den Röhrengleiter abmontiert hatte, nicht unähnlich war. Dieses war allerdings größer und besaß eine großzügig angelegte und ausgestattete Kabine, die üppig mit rarem (und echtem) roten Fahnentuch geschmückt war. Piktoren projizierten ein sehr naturalistisches Feuerwerk rund ums Fahrzeug, während Ram Kikura, der Bürgermeister und der Frant zur Seite traten, um den Gästen den Vortritt zu gewähren. Man setzte sich im Halbkreis hinter die Armaturen und wurde sachte von unsichtbaren Bügeln festgehalten.
    Der Bürgermeister übernahm das Steuer, eine Y-förmige schwarze Lenksäule mit Griffmulden für die Finger der beiden Hände; die Luke schloss sich lautlos wie eine Blende.
    Sie glitten entlang des Defekts und schoben dabei einen roten Lichtschimmer vor sich her. Immer noch funkelte ringsum das Feuerwerk, das manchmal, ohne Schaden anzurichten, mitten in die Massen zu fahren schien.
    »Es reicht nicht, wenn man euch nur auf den Piktoren sieht«, erklärte Ram Kikura. »Die Menschen haben sich nicht groß geändert. Ich wette, dass mindestens ein Drittel von den Schaulustigen draußen Geister – Piktographien – sind. Tja, sehen und gesehen werden.«
    »Wo ist Alice?«, brummte Heineman.
    »Alice wer?«, fragte Ram Kikura.
    »Nur Alice«, antwortete Heineman. »Ich komme mir nämlich vor wie im Wunderland.«
    »Fehlt noch jemand?«, erkundigte sich der Bürgermeister und blickte mit besorgter Miene zurück.
    »Nein«, sagte der Frant mit Lauten wie Zähneknirschen.
    Die Fahrt dauerte eine halbe Stunde und erstreckte sich über fünfzehn Kilometer von Axis Nader zur Central City. Hier herrschte noch größeres Gedränge, das sich ungeordneter gestaltete. Von den größtenteils Neomorphen versuchten einige, die langsame Fahrt des Wartungsfahrzeugs zu blockieren, wurden aber sachte von den Traktionsfeldern, die sich vor dem Fahrzeug aufbauten, beiseitegeschoben.
    Patricia saß geduldig da, sagte kaum etwas und schielte gelegentlich zu Lanier. Lanier ließ die Präsentation mit gewisser Skepsis über sich ergehen. Reserviert

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