Aeon
Camps erweitert und bedeckte nun einen langen Uferstreifen und zwei Inseln. Zwei große Flöße waren aus Stämmen gezimmert worden, und man versuchte sich sogar im Schiffsbau.
Die Fahrt durch den Wald war ein Vergnügen für Hoffman. Das »Festland-Lager« der Russen lag etwa vierzig Kilometer vom NATO -Lager entfernt. Die von den Steinlern gebaute Straße zog sich durch holpriges Gelände mit dichtem Wald ringsum. Es fiel sogar leichter Regen, der von den Scheiben perlte.
Das russische Festland-Lager glich einem alten Western-Fort. Aus hohen, von Ästen und Rinde befreiten Schösslingen war hinter einem hohen Erdwall ein Palisadenzaun errichtet worden. Russische Soldaten schoben vor dem Laster die Tore auf und zogen sie sogleich wieder zu.
Das Erste, was Hoffman ins Auge stach, war ein Galgen in der Mitte eines Rechtecks, der zum Glück leer war.
Die Blockhütten waren zum Teil noch im Bau; das ehrgeizigste Projekt war dabei ein dreigeschossiges Gebäude, das einem alten russischen Landhaus nachempfunden war.
Soldaten dirigierten den Laster hinter ein langes Haus aus gespaltenen Stämmen. Mirski empfing sie ohne großes Brimborium am Schreibtisch im östlichen Ende des langen Hauses. Wände gab es nicht; andere Arbeitszimmer und Schlafnischen waren frei einsehbar. Hoffman und Wallace gaben ihm die Hand und setzten sich auf die zugewiesenen Segeltuchstühle. Die Marines standen, von schweigsamen Russen flankiert, draußen.
Mirski bot Tee an. »Hat uns Ihr Lebensmittelkommisar zugeteilt. Mehr haben wir nicht zu bieten«, entschuldigte er sich. »Aber der Tee ist nicht einmal schlecht.«
»Das Lager macht Fortschritte«, sagte Hoffman.
»Sprechen wir Englisch«, schlug Mirski vor. »Ich muss üben.« Er goss bernsteinfarbenen Tee in drei Plastikbecher.
»Gut«, sagte Hoffman.
»Ich kann nichts für den Fortschritt hier«, räumte Mirski ein. »Sie wissen, ich war gar nicht da, als der Großteil der Arbeiten über die Bühne ging.«
»Man ist gespannt …«, begann Hoffman.
»Ja, was denn?«
Hoffman lächelte kopfschüttelnd. »Ach nichts.«
»Nein, ich bestehe darauf.« Mirski zog die Brauen hoch. »Was also?«
»Ihr Verschwinden.«
Er blickte von Hoffman zu Wallace. »Ich war tot«, sagte er. »Dann wurde ich wieder heil gemacht. Ist Ihre Frage damit beantwortet?« Bevor sie etwas sagen konnte, fügte er hinzu: »Nein, wohl nicht. Also gut, ich weiß es nicht. Es ist mir genauso schleierhaft wie Ihnen.«
»Nun, wie auch immer«, meinte Hoffman, deren Lächeln gelöster wurde, »wir sind jedenfalls froh, dass Sie wieder hier sind. Es gibt viel zu tun.«
Der erste Punkt auf der Tagesordnung war das Löschen des russischen Schwertransporters, der Nachschub und Gerät an Bord hatte. Er lag seit dem Tod im Bohrloch fest; die Besatzung hatte man evakuiert, wegen der Ladung aber noch keine Einigung erzielt. In wenigen Minuten handelten Hoffman und Mirski ein annehmbares Vorgehen aus. Sämtliche Waffen sollten in einer Kammer im Landebereich verwahrt und von NATO -Angehörigen und russischen Soldaten bewacht werden; andere Güter sollten ins russische Lager in der vierten Kammer ausgeliefert werden. »Wir können auf das Material und die Vorräte nicht verzichten«, sagte Mirski.
Der Status der russischen Wissenschaftler kam als Nächstes zur Sprache. Hoffman verlangte, dass jeder, der sich der NATO -Gruppe anschließen wolle, die Erlaubnis dazu bekomme. Dem stimmte Mirski nach kurzer Überlegung zu. »Ich will keine Leute, die nicht hinter mir stehen«, sagte er.
Hoffman überflog ihre Notizen. »Geht ja noch flotter als beim letzten Mal«, sagte sie.
Mirski beugte sich zu ihr, stützte die Ellbogen auf die Knie und faltete die Hände. »Ich ha b’s satt, das ewige Gezanke«, sagte er. »Ich habe die Ruhe eines Toten, Miss Hoffman. Ich fürchte, gewisse Genossen werden brüskiert sein.«
»Sie sagen, man hat Sie getötet. Das ist doch Unsinn, General.«
»Nein, es stimmt. Ich kann mich zwar nicht an alles erinnern, aber ich weiß noch, dass ich in den Kopf getroffen wurde. Pogodin sagt …« Er winkte ab. »Man kann sich denken, wer mich umgebracht hat. Mein halber Schädel.« Er machte eine schneidende Handbewegung vor dem Kopf. »War tot und wurde wieder zum Leben erweckt. Zum Glück trug ich keine Waffen, sonst wäre ich jetzt wohl bei Vielgorski, Belozerski und Jazikow.«
»Und wo sind die?«
»Bin mir nicht ganz sicher«, erwiderte Mirski. »Vielleicht in Sicherheitsverwahrung. Es scheint,
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