Ärger mit dem Borstenvieh
war, luden die Batterie neu auf und installierten ihn so, daß die Herde eine akzeptable Oberfläche an Weideland zur Verfügung hatte.
An einem Sonntagmorgen durften sie das erste Mal hinaus. Der Tag war trocken und kühl, die Luft so rein und frisch, daß man glaubte, sie auf der Zunge zu schmecken. Zunächst aber mußten wir die Kühe davon überzeugen, daß ihre Gefangenschaft ein Ende hatte. Sie kamen nach dem Melken gemächlich zu ihrem Hof zurückgetrottet, um zu dem Heu zu gelangen, das in der langen Futterraufe für sie bereitlag. Auch wenn sie bereits draußen auf der Weide grasten, mußte man ihnen während einer gewissen Zeit Heu zufüttern, damit sich ihr Verdauungssystem nach und nach auf das neue, reichhaltige Futter umstellen konnte.
Als wir zu ihnen in den Viehhof gingen, um sie hinauszutreiben, begegneten sie unserem Vorhaben mit Mißtrauen. Aber dann begriff Gaffer, die Leitkuh, plötzlich, was wir von ihnen wollten; gemächlich marschierte sie durchs Tor, und die übrigen folgten ihrem Beispiel. Whitey, die große, alte Kuh, war wie immer die letzte: Nur zögernd wollte sie ihren Platz an der Heuraufe mit etwas vertauschen, was sich vielleicht lediglich als ein schlichter Sonntagsspaziergang herausstellen konnte.
Seit dem letzten November waren sie eingesperrt gewesen. Allerdings hatten wir sie an bestimmten Tagen, wenn die Erde fest genug gefroren war, so daß sie nicht aufgewühlt werden konnte, hinausgelassen, damit sie ein wenig Auslauf bekamen. Aber heute war es nun endlich das einzig Wahre! Sie merkten es sehr bald und fingen an, sich zu beeilen. Sie hasteten hinüber zum offenen Tor der fünf Hektar großen Weide, das während des ganzen Winters für sie verschlossen gewesen war.
Im Trott passierten sie das Tor. Nach einer kurzen Pause für ein paar hastig abgerupfte Bissen marschierten sie mit der ihnen eigenen Rindergangart, im schwingenden Congaschritt, hintereinander her am elektrischen Zaun und an den Grenzhecken entlang. Selbst Whitey vergaß für eine Weile ihren schlimmen Rücken und die schmerzenden Hüftgelenke und fiel in einen etwas schnelleren Rhythmus als ihr sonst übliches Geschleiche; aber eine Erforschungsrunde im schnellen Trab war für sie nicht mehr drin. Sobald sie auf der Weide angekommen war, senkte sie ihren großen Kopf und fing hastig an zu grasen, bevor eine andere ihr was wegfressen konnte.
Als wir die Kühe am Abend zum Melken wieder abholten, hatten sie den Streifen so gründlich wie Staubsauger geputzt. Unterhalb der westlichen Hecke lagen sie beisammen, geschützt vor dem stärker werdenden Wind, glücklich und zufrieden wie müde Kinder am Ende eines Schulausflugs.
Als Bonus brachte uns das neue Gras eine erhöhte Milchproduktion. Bald konnten wir eine zusätzliche fünzig-Liter-Kanne auf den Milchstand bringen. Der Haken allerdings war, daß auch alle anderen Bauern mehr Milch lieferten, so daß der Preis runterging. Als ich mich darüber bei Jock beschwerte, dem kleinen Schotten, der den Milchwagen der Genossenschaft zum Einsammeln fuhr, grinste er mich an und sagte: »So allmählich redest du wie ein richtiger Bauer: Das ganze Jahr über möchtet ihr Wetter wie im Sommer und Preise wie im Winter.«
Alles war eine Sache von Angebot und Nachfrage. Einige Bauern ziehen es vor, daß die Kälber im Frühling geboren werden, damit die Kühe dann von dem neuen Gras profitieren können, wenn ihre Milchproduktion am größten ist. Andere wiederum schwören auf das Kalben im Herbst, damit die Kühe dann am meisten produzieren, wenn die Milch am profitabelsten ist, obgleich die Kälber im Winter künstlich ernährt werden müssen. Ellis, der Kuhspezialist, unser Guru für solche Angelegenheiten, war ein Anhänger der Theorie über das Frühjahrsgras. Wir hatten vor, das Anwachsen unserer Herde — die Zuwachsrate wurde durch unser Bankkonto bestimmt — zur Hälfte in den Herbst und die andere Hälfte in den Frühling zu legen. Auf diese Weise wäre eine konstantere Einkommensquelle sichergestellt. Voller Nostalgie dachten wir zurück an den sicheren monatlichen Gehaltsstreifen aus unseren Londoner Zeiten. Aber wir kamen zurecht, und die Zukunft versprach leichter zu werden.
Diese optimistische Einstellung brachte mir jedoch einen Tadel ein, als ich etwa eine Woche später in die >Schmiede< kam und dort Old Jonathon begegnete, der mit einigen seiner alten Freunde zu Gericht saß.
»Na, wie geht’s euch denn so da unten?« fragte er.
»Nicht schlecht«,
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