Die Schmiede der Dämonen (Colton Sharman. Engelskrieger) (German Edition)
Kapitel 1
Völlig orientierungslos hastete die junge Frau durch den nächtlichen Wald. Ihr Atem ging stoßweise. Der dicke, feuchte Nebel hatte ihr Gesicht mit einem schmierigen Film überzogen, der auch ihr langes, blondes Haar verklebte. Mehrere Äste hatten ihr an Stirn und Wangen blutige Striemen geschlagen. Von einem Moment zum anderen hatte sich ihr Leben in einen Albtraum verwandelt. Wer waren diese Kreaturen? Woher kamen sie? Und wie war es überhaupt möglich, dass es sie gab?
Nadine hatte es sich gerade im hinteren Teil ihres Kleinbusses bequem gemacht, um zu schlafen, als der Horror über sie hineinbrach. Den Tag über war sie in den Hügeln westlich von Pitlochry in Schottland herumgewandert und hatte ihre "Familien" besucht. Damit bezeichnete sie liebevoll die Ameisennester, deren Organisation sie untersuchte. Nadine war Biologin. Sie hatte schon immer Tiere gemocht. Aber es waren eigentlich die größere n Tiere gewesen, Meerschweinchen, Hasen, Hunde oder Rehe. Dass sie sich eines Tages mit Begeisterung in die Untersuchung winziger Krabbeltiere stürzen würde, hatte sie nicht geplant. Erst während ihres Studiums lernte sie, wie wichtig Ameisen für die Ökosysteme auf der ganzen Welt waren. Selbst die kleinen, goldenen, die kaum mehr als einen Millimeter lang wurden, erfüllten ihren Zweck und genau dafür begeisterte sich Nadine.
Seit Wochen war sie unterwegs. Es war Mai und das Wetter leicht unbeständig. Einmal hatte es sogar einen dichten Schneesturm gegeben. Der Schnee allerdings war nicht liegen geblieben. Doch die Landschaft war zauberhaft. In den Highlands blühten jetzt zahlreiche Pflanzen und ver zauberten die Gegend mit eine m dicken Teppich aus Farben.
Die wundervolle Atmosphäre wandelte sich, als vor einer Woche diese seltsamen Menschen auftauchten. Zuerst war es nur einer, den sie weit entfernt einen Hügel entlangtorkeln sah. Sie griff nach ihrem Fernglas, um ihn besser beobachten zu können. Er schien irgendwie verkrüppelt oder etwas zu tragen, das wie eine unheimliche Prothese aussah. In den folgenden Tagen tauchten immer mehr dieser Figuren auf. Nadine zählte zum Schluss um die zehn. Bei ihrer Arbeit machte sie einen weiten Bogen um sie. Sie hatte Angst vor ihnen.
Dann kam jene furchtbare Nacht. Sie schlüpfte gerade unter ihre dicke Wolldecke, als ein metallener Gegenstand das Rückfenster ihres Busses zerfetzte. Glassplitter zischten durch den kleinen Innenraum. Nadine schrie entsetzt auf und stürzte geistesgegenwärtig nach vorne, wo sie ihre Hose anzog und sich ihren Parka überwarf. Im Bruchteil einer Sekunde war sie in ihre Wanderstiefel geschlüpft und aus dem Wagen gesprungen. Im Nebel konnte sie wenig erkennen. Sie sah einige groteske Gestalten, die den hinteren Teil ihres Wagens demolierten. Sie hörte das hässliche Kreischen reißenden Aluminiums. Und erst jetzt wurde ihr bewusst, dass das, was ihr Fenster zerschlagen hatte, wohl ein Schwert gewesen war. Was um alles in der Welt brachte wildfremde Menschen dazu, jemanden mit einem Schwert zu attackieren? Doch genau das wollte Nadine gar nicht so genau wissen. Als sie sah, dass die Angreifer deutlich in der Überzahl waren, floh sie in den Wald. Die Wesen folgten ihr, aber langsamer und unbeholfen. Sie dachte schon, sie würde leichtes Spiel haben. Ihr Plan war, durch den Wald auf die Straße nach Aberfeldy zu laufen. Von dort waren es nur noch zwei Meilen.
Doch die unheimlichen Wesen tauchten von überallher auf. Mehrmals musste Nadine einen Haken schlagen, um ihnen zu entkommen. Schließlich stellte sie entgeistert fest, dass sie die Orientierung komplett verloren hatte. Spätestens jetzt flutete leichte Panik in ihr auf. Es erschien Nadine eher wie eine Hetzjagd, die sie an einen bestimmten Ort treiben sollte. Und tatsächlich tauchte jetzt in der trüben Suppe ein Licht auf. Nadine wusste, dass es falsch war. Ein Licht in einer nebligen Nacht bedeutete nicht notwendigerweise die Rettung. Sie hatte aber kaum eine andere Wahl. Um sie herum liefen mehrere dieser Monstrositäten auf sie zu und die einzige Richtung, in der ihr noch ein Weg offen stand, war in die Richtung dieses Hauses.
Sie rannte rasch und geschickt zwischen den Bäumen hindurch und blieb erschaudernd stehen. Vor ihr ragte ein Häuschen in die Höhe, wie man es von gemalten Postkarten kannte: niedlich, zuckersüß und völlig falsch. Es war eine Idylle, hinter der der Tod lauerte. Im Eingang dieses Häuschens stand ein Mann.
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