Ärger mit dem Borstenvieh
heben. Fünfzig Minuten später, als der Sturm sich ausgetobt hatte, war es tot. Es gab nur einen kleinen Seufzer von sich und hörte auf zu atmen.
Obgleich es nicht das erste Mal war, daß wir auf der Farm solche Todesfälle miterlebten, trug Shirley schwer daran. Sie hing immer sehr an den Kälbern, die so gern auf Zuneigung reagierten.
»Der Tierarzt hatte uns keine Hoffnung gemacht«, erinnerte ich sie und ging zum Telefon, um die Leute vom Jagdhundzwinger anzurufen, die das Fleisch abholen würden.
»Du lieber Himmel«, rief sie, als sie meine quatschnassen Stiefel glucksen hörte, »du bist ja fast am Ertrinken!«
Tatsächlich hatte das Gewitter die Luft gereinigt und das Land aufatmen lassen; jedoch — wie es unsere Freunde vorausgesagt hatten — das meiste Wasser war von der hartgetrockneten Oberfläche einfach abgelaufen und hatte nichts gebracht. Der Wasserstand in unserem Teich stieg um etwa fünfzig Zentimeter an, weil das fünfzehn Zentimeter breite Abflußrohr für diese Wassermengen überfordert war.
Allerdings brachte diese >Flut< ein Geschenk für die vier
Gänse — die Jungen waren inzwischen fast so groß wie ihre Eltern geworden. Eine törichte, etwa zwanzig Zentimeter große Forelle hatte sich einen Weg das Ausflußrohr und den Abfluß entlang von den unteren Teichen, die tiefer als die Farm lagen, bis in den Teich heraufgebahnt.
Das arme Ding wurde jetzt von den Gänsen im Teich herumgejagt, wobei sie ein großes Gezeter veranstalteten. Da wir den Fisch wegen des schlammigen Wassers nicht erkennen konnten, verfolgten Shirley und ich das Schauspiel, wie die vier, eine nach der anderen, ihre Köpfe ins Wasser tauchten und die Beute zu erwischen versuchten.
Natürlich war es Moses, der autoritäre Gänserich, dem dies gelang. Der Fisch zappelte hilflos in seinem Schnabel, als er einmal mit dem Kopf wieder auftauchte. Die anderen versuchten, ihm den Fisch wieder abzujagen, wie wir es auch versucht hätten, wenn es für uns möglich gewesen wäre. Aber Moses entwischte ihnen, warf den Kopf nach hinten und schluckte seinen Fang mit einem Mal hinunter.
»Futsch ist ein sehr schmackhaftes Frühstück«, meinte Shirley traurig.
Obgleich alles so schnell vorbei gewesen war, hatte der Sturm doch schwere Äste an den Bäumen umgeknickt, die als Grenzmarkierung Egertons dienten. Nach ein paar Stunden Arbeit mit der Bogensäge hatten wir einen willkommenen Vorrat an Kaminholz. Von überall her aus der Umgebung vernahmen wir ähnliche Berichte dieser Art Schäden, und eine große Eiche soll von einem Blitz gespalten worden sein, und zwar auf einem Hof, der nicht weit von unserer Farm entfernt lag.
Aber jetzt folgte eine andere Wetterperiode; sanfter Regen fiel, der das Wachsen beschleunigte. Dennoch sah es so aus, als ob das Gras unterhalb der Erwartungen liegen würde. Man würde sich bald entscheiden müssen, ob man das Gras mähte, so lange es noch jung und zart war und wahrscheinlich qualitativ ein besseres Heu geben würde, oder aber, ob man das Risiko einging, noch ein bis zwei Wochen länger zu warten, damit es dicker würde. Wie immer, handelte am Schluß jeder so, wie es ihm das Wetter vorschrieb.
Es gibt keinen traurigeren Anblick als nasses Heu auf einer Wiese, abgesehen von dem Bauern, der es einzufahren versucht. In diesem Sommer waren sowohl von dem einen wie auch von dem anderen ausreichende Mengen vorhanden. Etwa in der zweiten Juliwoche mußte sich so gut wie jeder der Tatsache beugen, daß die Heuernte schlecht ausfallen würde. Die Regenfälle, noch im Juni so innig herbeigesehnt, hielten an, wodurch alle Arbeiten, die notwendig waren, um die leer gewordenen Scheunen mit dem Winterfutter aufzufüllen, in Verzug gerieten.
Unsere ganze Familie fand nasse Regentage ausgesprochen deprimierend. Unser Anwesen gehörte leider nicht zu denjenigen, die über eine riesige Fläche von überdachten Höfen oder Gängen verfügen konnten. Nach ein paar Regenschauern wateten wir bereits in schwabbeligem Matsch umher, der nicht nur in reichlichen Mengen das Äußere unserer Gummistiefel verzierte, sondern auch noch höher kletterte. Die Kühe brachten dieses matschige Zeug an ihren Hufen mit in den Melkstall, obgleich ihnen wiederum der leichte Regen nichts anzuhaben schien. Doch am schlimmsten war es, wenn der Schlamm auch ins Haus getragen wurde, was trotz des vorherigen sorgfältigen Abstreifens der Stiefel geschah. Das verursachte großen Ärger mit Shirley, die auf Sauberkeit
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