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Ärger mit dem Borstenvieh

Ärger mit dem Borstenvieh

Titel: Ärger mit dem Borstenvieh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holgate John
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Mittel.
    Wir befürchteten, daß, falls es sich niederlegen sollte, es nicht wieder hochkommen könnte. Daher bauten wir notdürftig zwei Seilschlingen mit Hilfe der hölzernen Unterteilung eines Geheges auf, so daß das Tier stehenbleiben mußte. Wir stellten eine alte Waschschüssel aus Emaille mit Futter auf einen Betonvorsprung in seine Reichweite. Schließlich mischten wir eine Flüssigkeit aus Glukose, Wasser sowie einem Schuß Wacholderwein zusammen und gossen diesen Liter in seinen Schlund, indem wir einfach seinen Kopf hochhoben.
    »Ein Holgate Cocktail«, sagte John. »Der hilft garantiert gegen alles, gegen Fliegeneier bis zur Schlaflosigkeit.«
    Sein Optimismus war größer als meiner. Dennoch ging die Sache am Ende gut aus — vielleicht wegen des Cocktails. Etwa zwei Stunden später, nachdem wir das Bein geschient hatten, schien das Schaf sich plötzlich darüber zu freuen, noch am Leben zu sein und fing an zu fressen. Zwei Tage später zerrte es an den hinderlichen Seilen, und wir machten es unter großen Bedenken frei.
    Es probierte das geschiente Bein aus, indem es nur leicht den Huf auf den Boden stellte, entschied sich dagegen und stand nun heftig schwankend da. Schließlich wagte es die Anstrengung und hoppelte unter Schmerzen vorwärts, um zu dem Wassertrog zu gelangen.
    »Das erholt sich wieder«, sagte Shirley, die sich mit Schürze und mehligen Händen zu uns gesellt hatte, um alles zu beobachten. »Dieses Schaf wird durchkommen.«
    Wir trugen unsere Patientin in den Vordergarten. Dort konnte sie den Rasen abgrasen, und wir konnten ein Auge darauf haben, falls sich Komplikationen einstellen sollten. Doch das von uns gereichte Fressen interessierte das Schaf mehr als das Gras. Am fünften Tag hoben wir es wieder in die Transportschachtel und brachten es zur Herde zurück. Sobald wir es losließen, hinkte es zu den anderen, langsam aber entschlossen.
    »Und was passiert, wenn es sich hinlegt und nicht wieder hochkommt?« fragte ich.
    John blickte dem unbeholfen sich vorwärts bewegenden Tier nach. »Dann werden wir es wieder auf die Beine stellen, nehm’ ich an.«
    Doch dieser Fall trat nicht ein. Es blieb immer aufrecht, und allmählich konnte es auch besser auf den drei Beinen laufen. Etwa fünf Wochen nach unserer >Rettungsaktion< wähnten wir die Zeit gekommen, die Schienen abzunehmen.
    Sie hatten sich gelöst, entdeckten wir, und das Bein war schief zusammengewachsen. An dieser Stelle hatte sich eine Verdickung gebildet, und noch Wochen danach benutzte das Tier dieses Bein nicht beim Laufen. Und auch als es wieder völlig gesund und in Ordnung war, konnte man das Schaf immer an seinem hinkenden Schritt erkennen.
    Mit dem Lauf der Natur allerdings schien es nicht zu kollidieren: im nächsten Frühjahr belohnte es unsere Mühen mit zwei prächtigen Lämmern. Deren Beinchen waren kerngesund.

25

Das Einfahren der Gerste

    S eptember: Die Gerste nickte mit schweren Köpfen auf den Feldern vor sich hin, aber sie reifte nicht. Einige wenige heiße und trockene Tage würden schon ausreichen, um sie für den Mähdrescher — die Sense des zwanzigsten Jahrhunderts — bereitzumachen. Doch das richtige Wetter wollte sich einfach nicht einstellen.
    Unsere bäuerlichen Freunde blickten prüfend in den trüben Himmel, der willens war, die Sonne hervorkommen zu lassen; sie gingen in das hüfthoch stehende Getreide hinein, sammelten einige Handvoll Körner, rollten sie in der Handfläche hin und her, um den Reifegrad für die Ernte zu prüfen. Es war noch nicht soweit. Sie brummelten und sagten murrend etwas über Mehltau, Schimmel und Fäulnis, genauso todbringend wie die Pest; sie prophezeiten für uns alle Untergang und Verderben.
    Diese schlimmen Voraussagungen jagten Angstschauer bis in unser Bankkonto. Auch wenn unser Gerstefeld nur zwei Hektar maß, so war es doch außerordentlich wichtig für unsere Zahlungsfähigkeit. Jetzt, wo das Gras als Futter nicht mehr ganz ausreichte, erhielten wir wieder zunehmend Rechnungen über Zusatzfutter; außerdem zeigte unser Minuskonto noch vom letzten Mal häßliche Wunden.
    Unser untersetzter Freund Howard und seine Frau Dilys, hübsch anzusehen in einem >guten< Kleid für Ausflüge in die Stadt, kamen auf Besuch und brachten uns eine Kiste voll Fallobst aus ihrem Garten mit. Sie blieben zum Tee. Dann vollzog er den Akt des Gerstebetastens und versuchte uns zu beruhigen, daß noch nicht alles verloren sei. Doch unerschütterlich wiesen John und ich alle

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