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Dschiheads

Dschiheads

Titel: Dschiheads Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Jeschke
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    Fast alle Männer hatten sich auf dem Tempelplatz versammelt und bildeten ein Halbrund. In der Mitte Seine Heiligkeit, der Großarchon, in seiner Sänfte. Ich hatte mich nach vorne durchgedrängt, um bessere Sicht zu haben. Für uns Jungen war es ein prickelndes Ereignis, das ich immer wieder mit einer Mischung aus Faszination und Grausen verfolgte. Auf der Seite gegenüber erkannte ich meinen Freund Anzo. Ich winkte ihm zu, aber er reagierte nicht. Er wirkte nach innen gekehrt; sein Blick war starr.
    Sie hatten den Dongo mit Stricken umwunden. Er musste sich in der Nacht in den Netzen am Flussufer verfangen haben. Die Fischer schleiften ihn mit großem Geschrei auf den Tempelplatz. Er war nicht groß, kaum einen Meter, sah aber mächtig aus und schwer. Doch er war täppisch und voller Angst. Die gekrümmten plumpen Beine, die an Land nur einen grotesk watschelnden, wankenden Gang erlaubten, aber ideal geeignet waren, sich auf dem Grund des Flusses gegen die Strömung zu stemmen, waren grau und rissig wie die einer Schildkröte und endeten in drei kräftigen Zehen mit fingerlangen schwarzen Krallen.
    Grote, der Schlachter, stand mit Gabriel und Michael, seinen beiden Gehilfen, bereit und hatte das Messer in der Hand. Plötzlich war ein gurgelnder Schrei zu hören. Mein Freund Anzo hatte ihn ausgestoßen. Er fuchtelte aufgeregt mit den Händen. »Urg, urg, urg«, krächzte er und machte abwehrende Gesten.
    Grote zögerte. »Was will er?«, fragte er irritiert.
    Â»Er fleht um Gnade«, sagte ich, denn ich hatte gelernt, Anzos Gesten zu lesen. »Tut ihm nichts.«
    Einige der Umstehenden sahen mich befremdet an.
    Â»Wer fleht um Gnade?«, fragte der Großarchon streng. Sein Blähhals, der aus dem Kragen der lilafarbenen Soutane hervorwuchs wie ein zweiter, aus geäderter Haut geformter Kopf, hatte sich vor Aufregung gerötet und hüpfte hin und her.
    Â»Der Dongo.« Ich wies mit einem Nicken auf meinen Freund. »Er kann ihn hören«, sagte ich und biss mir auf die Lippe.
    Anzo sah mich mit seinen dunklen Augen entsetzt an, als wollte er sagen: ›Bist du verrückt geworden, Suk? Du verrätst unser Geheimnis.‹
    Â»So ein Unfug!«, rief der Großarchon. »Dongos können nicht sprechen. Sie sind Tiere. Stich das Vieh schon ab!«, befahl er, an Grote gewandt. »Worauf wartest du noch?« Und als Grote noch immer zögerte, sprang Seine Heiligkeit von seinem Sessel auf, stieg aus der Sänfte, entwand ihm das Schlachtermesser und stieß es dem Dongo zwischen Kopfschild und Rückenpanzer in den Hals. Blut spritzte. Die Leute wichen zurück, und Anzo stieß einen weiteren gurgelnden Schrei aus, als hätte man ihm und nicht dem Dongo die tödliche Wunde zugefügt.
    Der Großarchon strich sich mit dem Ärmel über das Gesicht und den Bart, fischte einen Augenlöffel aus den Falten seiner Soutane und stieß ihn dem Dongo in die linke Augenhöhle. Ich hörte das Knirschen der scharfen Löffelkante, mit der die Augäpfel herausgeschält wurden, erst der eine, dann der andere. Das Geräusch grub sich mir unter die Schulterblätter. Ich zog den Kopf ein, hielt die Luft an und krümmte mich zusammen. Der Großarchon ließ die Augen in die hohle Hand gleiten und in seinem Gewand verschwinden. Der Dongo gab ein blubberndes Keuchen von sich.
    Â»Nun macht schon!«, knurrte der Großarchon. Sein Blähhals wippte erregt. Er verzog das Gesicht zu einem Grinsen, gab Grote das Messer zurück und nahm wieder in der Sänfte Platz. Die beiden Gehilfen des Schlachters stießen Haken durch die Fersen des Dongos und zogen ihn am Gerüst vor der seitlichen Umfassungs mauer des Tempels hoch, dann machte sich Grote daran, mit tiefen Schnitten den Leib zu öffnen. Blaue Gedärme quollen hervor und sanken herab aufs Pflaster. Das obere Herz am Hals hatte der Großarchon aufgestochen, die beiden kleineren an den Hüften schlugen noch kräftig. Grote schnitt sie heraus; sie platschten mit einem ekligen Geräusch zu Boden. Die heiße Luft über dem Tempelplatz war gesättigt vom dumpfen Gestank aufgeschlitzter Gedärme. Aber selbst als die Leibeshöhle ausgeräumt war, machten die plumpen Hände des Dongos immer noch hilflos greifende Bewegungen, als wollte er sich an etwas festhalten, schwang er seinen Rüssel immer noch hin und her, hin und her, und seine

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