Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ärger mit dem Borstenvieh

Ärger mit dem Borstenvieh

Titel: Ärger mit dem Borstenvieh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holgate John
Vom Netzwerk:
Versuche des Tröstens zurück.
    Während wir auf besseres Wetter warteten, flickten wir Säcke. Viele von ihnen, die die Ernte des letzten Jahres aufgenommen hatten, waren zerschlissen, beim Herumhantieren eingerissen oder von Ratten und Mäusen durchlöchert worden. Wir kontrollierten den Stapel im Lagerraum: auf einen Haufen stapelten wir die guten, die reparierfähigen auf einen zweiten und die unbrauchbar gewordenen auf einen dritten.
    Unser Werkzeug bestand aus ganz starkem Zwirn, dicken Nadeln zum Segeltuchnähen und einer Schere. Aus irgendeinem Grund fand Shirley unsere Bemühungen äußerst erheiternd; vielleicht weil wir beide bandagierte Finger hatten, und am Ende einige recht merkwürdige Formen durch unser Flicken, Nähen und Stopfen bei den Säcken entstanden waren. Es spielte keine Rolle, Hauptsache war, sie würden die Körner fassen.
    Trotz unserer mehr oder weniger geglückten Schneiderkünste mußte ich noch weitere zwei Dutzend Säcke anschaffen, um die brauchbare Anzahl von hundert Stück wie im letzten Jahr zu haben nebst einiger Säcke in Reserve - man wußte ja nie...
    Das verflixte, unentschiedene Wetter stotterte und stolperte daher, bis schließlich ein heißer Tag einmal einen zweiten ausbrütete, sich zu einer ganzen Woche erweiterte und sich dann, ein wenig unstet, als ein Altweibersommer entpuppte. Beim Melken in der ersten Frühe lag etwas Zauberhaftes, Unwirkliches über dem Land. Alle Bewegungen schienen in der Schwebe zu sein; die schwere Luft dämpfte jedes Geräusch; die erste Krähe- schien mit ihrem ausgefransten Flügelschlag mehr über die Felder zu schwimmen als zu fliegen; zufrieden und mit breiten Leibern lagen die Milchkühe da und standen nur sehr zögernd auf, um schläfrig, im Gänsemarsch, in den Melkstall zu trotten.
    In der Mitte des Vormittags hatte sich die Stimmung völlig verändert. Die Sonne strahlte und trocknete alles aus, während die Mähdrescher auf den umliegenden Farmen zu arbeiten begannen. Der schweigsame Price kam zum Prüfen der Reife der Gerste und wollte wissen, ob sie mähgedroschen werden konnte. Er kam in Hemdsärmeln, ein abgetragener Ledergürtel zurrte eine zu weite Hose um seine dürre Taille zusammen. Als Schutz gegen unsere Ungeduld setzte er sein langsames, freundliches Lächeln auf, während er Körnerproben an verschiedenen Stellen einsammelte und sie mit seinen harten, langfingrigen Händen auseinanderzupfte.
    »Es ist soweit«, sagte er nach der angemessenen Pause des Überlegens. Ich komm’ morgen vorm Abendessen vorbei. Könnt ihr den Traktor rüber zu mir fahren und einen Anhänger abholen?«
    Aber selbstverständlich! John — in Jeans und T-Shirt — ging sofort mit seinem leichten, beschwingten und jugendlichen Schritt davon und kam mit dem Traktor zurück, bereit, hinter dem Auto unseres Besuchers herzujagen. Ich schloß das Tor hinter den beiden, aber schon ganz kurze Zeit darauf tauchte unser Sohn bereits wieder auf. Hinter sich her zog er einen großen, vierrädrigen Getreideanhänger, den er zum Einsatz bereit in einer Ecke des Gerstenfeldes aufstellte. Wir hatten jetzt nichts anderes mehr zu tun, als die Daumen zu drücken, daß kein plötzlicher, verräterischer Umschwung im Wetter eintrat oder sonst irgend etwas schiefging.
    Doch nichts dergleichen geschah. Am Vormittag des nächsten Tages warnten uns die vier Gänse, angeführt von Moses, unserem streitsüchtiger Ganter, daß Price und sein rotgestrichener Mähdrescher zu uns auf dem Weg waren. Dieses langhalsige Quartett wußte immer, wenn ein Fahrzeug die Teerstraße etwa einen Kilometer weit entfernt oben verließ und in unseren holperigen Weg einbog. Sie hatten ein besseres Gehör als die Hunde, und ihr haarsträubendes Gezeter war lauter als jede Türklingel.
    Eine halbe Stunde später hatte die >Operation Gerste< begonnen. Price steuerte den plumpen aber tüchtigen Mähdrescher um die Ecken des Gerstenfeldes und schnitt dabei wie ein riesiger Rasenmäher Schwaden von zwei Meter Breite. Er thronte dabei hoch oben über den Rollen der Einlaßöffnung. Die Maschine zog die Gerste in sich hinein, drosch sie, kippte das Stroh wieder aufs Feld und ließ die fetten Körner aus einem nach unten gebogenen Speirohr wie einen goldenen Strom in einen Behälter fließen.
    Sobald er an dem Meßgerät ablesen konnte, daß über zwei Tonnen eingesammelt worden waren, fuhr Price neben den Anhänger und lud die Körner um, indem er das Speirohr hinüberschwingen ließ. Sofort

Weitere Kostenlose Bücher