Aerios Verlangen
„Wolltest du gerade gehen?“
„Ich? Ähh, nein, ich hab hier ein paar Akten für den Boss rauszusuchen.“ Jetzt wo Sue da war, fühlte sich Serena sicher genug, um ihre Akten rauszusuchen.
Die beiden Frauen gingen die Gänge entlang. Serena ergriff die Leiter, die sie bei Michaels erscheinen stehen gelassen hatte und sah Sue an.
„Ich hab eine Akte in Reihe K zu holen.“
Sue sah auf ihre Liste.
„Ich hab auch zwei Akten in dieser Reihe.“
Sie bogen in den Gang ab und Serena stellte die Leiter an die Stelle, wo die gesuchte Akte in der oberen Reihe stand. Sie stieg die Stufen der Leiter hinauf, als sie bemerkte, wie sich etwas an ihrem Nacken bewegte. Sie zuckte zusammen und fasste sich an die Stelle, doch da war nichts. Ein Schrei löste sich aus ihrer Kehle, als sie sah, dass ein überlanger Arm ihr Medaillon in den Händen hielt. Der Arm gehörte zu Sue. Oder zumindest sah die Person, die unten an der Leiter stand, aus wie Sue, wäre da nicht die Tatsache, dass ihr rechter Arm sich doppelt so lang wie normal erstreckte und das ein gemeines Grinsen auf den sonst stets freundlichen Zügen lag. Der Arm mit ihrem Medaillon zog sich langsam zurück und Serena gefror das Blut in den Adern, als ihr bewusst wurde, dass sie es mit den bösen Mächten zu tun haben musste. Michael kam um die Ecke, ebenfalls ein böses Grinsen im Gesicht. Sie schluckte. Sie hatten das Medaillon. Sie war verloren. Diesmal würde Aerios nicht zu ihrer Hilfe eilen.
„Was wollt ihr?“, fragte sie zittrig. „Ihr wisst, dass ihr mich nicht töten dürft?“
Sue lachte.
„Töten nicht, Serena. Aber wir können dafür sorgen, dass du bei der Zeremonie in neun Tagen nicht anwesend bist. Und danach ...“ Sie lachte erneut. Ein Lachen, das Serena bis ins Mark erschütterte. „... danach können wir dich töten. Und die Luft wird uns gehören.“
***
Aerios spürte, dass etwas nicht in Ordnung war. Er konnte Serena nicht spüren, doch etwas stimmte nicht. Er saß im Wohnzimmer von Charlie Gray und trank einen Kaffee mit der Blondine. Er hatte schon einige Informationen, die ihm weiterhalfen, doch jetzt musste er sehen, dass er zu Serena kam. Leider konnte er sich nicht vor den Augen einer Zeugin entmaterialisieren. Er musste hier raus. So schnell wie möglich! Er stellte seine Tasse ab und sah auf die Uhr.
„Oh verdammt!“, sagte er und warf der Witwe Gray einen entschuldigenden Blick zu. „Schon so spät? Ich muss mich jetzt leider wieder auf den Weg machen. War nett, mit Ihnen zu plaudern und vielen Dank für den Kaffee.“
„Och! Müssen Sie wirklich schon gehen? Ich fühle mich so schrecklich allein in diesem Haus. Vielleicht könnten Sie mir heute Abend Gesellschaft leisten?“
„Ich werde sehen, wie ich Zeit habe. Danke für die Einladung“, sagte Aerios und erhob sich von der Couch. „Noch mal danke für Ihre Hilfe und für den Kaffee. Wir sehen uns.“
„Das hoffe ich“, sagte Mrs Gray und stand aus ihrem Sessel auf, um Aerios zur Tür zu begleiten.
„Bye!“, sagte Aerios und schenkte der Blondine ein Lächeln, dass, wie er hoffte, nicht zeigte, wie nervös er war. Als er endlich in dem Van mit dem Logo von U4 Kable TV saß, atmete er erleichtert auf. Er startete den Motor und fuhr mit quietschenden Reifen davon. Als er den Wagen in einer ruhigen Seitenstraße parkte, warf er hastig einen Blick in die Gegend und als er niemanden ausmachen konnte, entmaterialisierte er sich.
***
„Komm herunter, oder ich komme hinauf“, sagte Sue.
Serena schüttelte den Kopf.
„Ich trete dir in die Fresse, wenn du hier herauf kommst“, sagte sie.
Sie überlegte fieberhaft, wie sie sich aus dieser gefährlichen Lage befreien könnte. Sie sah auf die Akten und ergriff einen Stapel und schleuderte sie hinab. Eine Akte nach der anderen fegte sie aus dem Regal und warf sie hinab auf Sue und Michael. Die beiden stießen unheimliche knurrende Laute aus, doch sie hatten mit den herabfallenden Akten genug zu tun, dass sie ihr nicht nachsteigen konnten. Im Moment zumindest nicht. Die Akten in ihrer Reichweite wurden aber immer weniger und Serena wusste, dass sie nur Zeit schindete.
Plötzlich tauchte Aerios hinter Michael auf und die beiden Bösen wandten sich erschrocken zu ihm um. Sie sah, wie Aerios sich auf sie stürzen wollte, doch Sue und Michael verschwanden vor ihren Augen und ihr Medaillon war alles, was zurückblieb. Aerios stieß einen Fluch aus. Sein Blick glitt zu ihr und Erleichterung zeigte sich auf
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