Aerios Verlangen
ihren Unterlagen unter dem Arm ging sie auf die Tür zu.
„Auf ein Wort, Frau Kollegin“, sagte der Staatsanwalt hinter ihr. Sie kannte ihn. Laurence Molder. Nur wenige Jahre älter und mindestens genauso ehrgeizig wie sie.
„Molder“, sagte sie reserviert. „Was kann ich für dich tun?“
„Du weißt, dass der Junge ein Schwerkrimineller ist, der den Kassierer genauso gnadenlos abgeschossen hätte, wäre die Chance dagewesen.“
Serena sah ihn kalt an.
„Er wird für einen Mord angeklagt, den er nicht begangen hat. Genau das habe ich bewiesen. Sollte er irgendwann wirklich einen Mord begehen, wird er sicher auch dafür zur Verantwortung gezogen. Doch das Gesetz sagt, dass man nur verurteilt werden kann für das, was man getan hat und nicht was man vielleicht tun könnte . Wir sehen uns heute Nachmittag, wenn man den Jungen freispricht!“
Mit diesen Worten ließ sie den Staatsanwalt stehen und ging auf Aerios zu, der an der Tür auf sie wartete.
„Gut gesprochen, Frau Anwältin“, sagte Aerios schmunzelnd. „Komm, lass uns etwas essen gehen. Gerichtsverhandlungen machen hungrig.
Epilog
„Du siehst hinreißend aus“, sagte Coreena und trat einen Schritt zurück, um Serena noch besser sehen zu können. „Aerios wird Augen machen.“
Serena sah an sich hinab und strich über den glänzenden Stoff, der sich wie eine zweite Haut an ihren Oberkörper schmiegte und an den Hüften locker bis zum Boden fiel. Der Stoff war weiß, schimmerte jedoch je nach Lichteinfall silber bis blau. Coreena hatte ihr mit dem Make-up und dem Haar geholfen.
„Bist du aufgeregt?“, fragte Coreena.
Serena nickte.
„Ja, schrecklich“, gab sie zu.
„Gott, das war ich auch“, kicherte Coreena. „Wenn das alles vorbei ist, wirst du dich besser fühlen.“
Es klopfte an der Tür und Coreena ging und öffnete die Tür einen Spalt weit, um zu sehen, wer es war, denn nur die weiblichen Familienangehörigen durften Serena vor der Zeremonie sehen. Mit einem Lächeln öffnete sie die Tür weiter und ließ Lovelia und Quiéla hinein.
„Oh wie schön!“, rief Aerios’ Schwester begeistert aus, als sie Serena erblickte.
„Wirklich, Serena, das Kleid steht dir wunderbar“, sagte Lovelia und trat näher, um Serena rechts und links auf die Wange zu küssen. „Es wird Zeit zu gehen.“
Serena fühlte sich plötzlich wackelig auf den Beinen. Was, wenn sie vor versammelter Mannschaft in Ohnmacht fiel? Oder wenn sie über ihr Kleid stolperte? Was konnte alles schief gehen in so einer Zeremonie?
Lovelia fasste sie sanft aber bestimmt beim Arm und führte sie zur Tür, die von Coreena aufgehalten wurde. Die Gefährtin von Volcan und Aerios Schwester folgten ihr und Lovelia durch die Gänge nach draußen, wo eine von weißen Drachen gezogene Kutsche auf sie wartete. Serena hatte die Drachen schon zuvor gesehen, doch nie so aus der Nähe. Sie waren ein wenig furchteinflößend. Ein Page in Uniform öffnete die Tür der Kutsche und Lovelia drängte sie hinein. Aerios Mutter setzte sich neben sie, Coreena und Quiéla ihnen gegenüber. Die Tür wurde geschlossen und die Kutsche setzte sich in Bewegung. Serena wusste, dass sie zum Tempel, wo die Zeremonie stattfinden würde, fliegen würden, doch sie sah nicht aus dem Fenster. Sie wollte nicht riskieren, dass ihr Frühstück wieder hoch kam. Als sie einige Minuten später landeten und die Tür geöffnet wurde, war sie bereit, vor Nervosität zu schreien. Hilfesuchend sah sie zu Lovelia, die ihre Hand ergriff und besänftigend drückte.
„Komm, Liebes. Dein Gefährte wartet schon.“
Sie verließen die Kutsche und schritten zwischen den Gästen, die einen langen Korridor bildeten, auf den turmartigen Tempel zu. Aerios und vier Priester standen vor dem Eingang des Tempels. Serenas Blick fiel auf Aerios, der in seinen weißen Hosen und der langen, weißen Tunika mit silbernen Zeichen sehr elegant aussah. Ihre Blicke trafen sich und ihr Herz schlug ein paar Takte schneller. Tränen wollten aus ihren Augen drängen, doch sie hielt sie tapfer zurück. Sie wollte keine verheulte Braut sein. Aerios nahm ihre Hand entgegen und sie wandten sich zusammen den vier Priestern zu, die lange, silberne Kutten trugen.
„Du bist wunderschön“, flüsterte Aerios ihr zu.
„Du siehst auch nicht übel aus“, erwiderte sie lächelnd. Jetzt, wo Aerios ihre Hand hielt fühlte sie sich gleich viel ruhiger.
Die Zeremonie begann und die Priester der vier Himmelsrichtungen stellten alle
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