Aerzte zum Verlieben Band 47
an“, bat er.
Alice fuhr fort, den Schlamm von Bens Fesseln zu bürsten. Über dem Zaun hing ein Sattel.
„Alice!“
„Ich kann nicht aufhören“, sagte sie kühl. „Ich habe schrecklich viel zu tun.“
So leicht ließ er sich nicht entmutigen. „So viel kann es nicht sein, wenn du Zeit für einen Ausritt hast.“
Alice richtete sich auf und drehte sich um. Der tiefe Schmerz in ihren Augen versetzte ihm einen Schock. „Ich reite Ben zu seiner neuen Weide“, fuhr sie tonlos fort. „Dann kann ich meine Sachen in den Pferdeanhänger packen.“
„Packen? Du gehst weg?“ Bis jetzt hatte er es nicht wahrhaben wollen.
„Ja.“
Ein kurzes Wort nur, aber ein Fausthieb in den Magen hätte auf Andrew nicht weniger niederschmetternd gewirkt.
„Du kannst nicht weggehen! Das lasse ich nicht zu!“
„Du wirst mich nicht davon abhalten.“
Andrew öffnete den Mund, schloss ihn aber wieder. Was sollte er sagen? Er wusste, dass Alice verletzt und wütend war, und eigentlich hatte sie allen Grund dazu. Aber dass sie ihn deswegen verlassen wollte, und Emmy auch? Er hatte das Gefühl, als würde ihm der Boden unter den Füßen weggezogen.
Was sollte er tun?
Alice hatte sich abgewandt und begann, Bens Hals zu striegeln. „Wir haben Glück gehabt“, sagte sie. „Als ich vorhin hierherfuhr, traf ich die Frau, der die Ziege am Straßenrand gehört. Ich habe sie gefragt, ob sie jemand weiß, der Weidegrund verpachtet.“
Ihre Stimme zitterte, und er ahnte, dass Alice zutiefst verletzt war.
„Es ist gar nicht weit von hier“, fuhr sie fort. „Wir können dem Fluss folgen, dann quer über die Farm reiten und … Jake braucht sowieso mal wieder einen längeren Auslauf.“
„Alice, bitte, lass es mich erklären.“
„Nicht nötig“, sagte sie und bürstete kräftiger, obwohl die Stelle völlig sauber war. „Ich habe Paddington auf die Weide in der Nähe deines Hauses gebracht. Er hat genug Heu für heute, aber morgen früh braucht er neues.“ Sie trat von Ben zurück, ging zum Zaun, ließ die Bürste fallen und griff nach dem Sattel.
Andrew folgte ihr und packte sie am Handgelenk. „Alice, bitte“, sagte er eindringlich. „Ich weiß, was du denkst, aber als auf der Station immer öfter Betäubungsmittel verschwanden, wusste ich nicht, dass Melissa abhängig war.“
Alice riss sich los und hievte den Sattel auf Bens breiten Rücken.
Andrew wagte es nicht, sie wieder zu berühren. „Als ich es erfuhr, wollte ich es dir sofort erzählen“, berichtete er. „Ich fuhr zu deiner Adresse, aber dein Haus stand leer. Es war verkauft worden, und niemand wusste, wohin du gezogen warst. Es tut mir heute noch leid, dass ich damals zu spät gekommen bin.“
„Es hat Monate gedauert, das Haus zu verkaufen“, sagte Alice schneidend. „Monate um Monate, in denen ich keine Arbeit fand und meine Hypothekenzinsen nicht bezahlen konnte. Die Bank ließ es zwangsversteigern, und für mich blieb nichts übrig. Ich habe alles verloren, was ich mir so hart erarbeitet hatte.“
„Ich weiß, und es tut mir auch leid. Aber ich schwöre, ich hatte damals wirklich keine Ahnung.“
Alice schnaubte nur.
„Möchtest du hören, wann ich es erfahren habe?“, fragte er verzweifelt.
Ja, natürlich wollte sie.
Nein, kein Wort wollte sie mehr von ihm hören.
Alice war hin- und hergerissen. Allein der Klang seiner tiefen, warmen Stimme tat weh. Es nützte nichts, dass er sich entschuldigt hatte und dass sie ihm anhörte, wie verzweifelt er war. Andrew hatte ihr etwas Wichtiges verheimlicht, und die Enttäuschung darüber war einfach zu groß.
Schweigend und mit gesenktem Kopf schloss sie die Sattelgurtschnallen.
„Es war an dem Tag, an dem Emmy geboren wurde“, begann er. „Meine winzige, neugeborene Tochter wurde krank, als sie auf die Welt kam, weil ihre Mutter sich während der Schwangerschaft Morphin gespritzt hatte. Kannst du dir vorstellen, wie mir zumute war, als ich zusehen musste, wie mein Baby unter dem Entzug litt?“
Ihr Kopf fuhr hoch, und Alice blickte Andrew entsetzt an. So sein Leben zu beginnen, war schon für jedes Kind furchtbar, aber hier ging es um Emmy. Die süße Emmy, die Alice inzwischen liebte wie eine eigene Tochter.
„Melissa versprach, eine Therapie zu machen. Sie wollte alles tun, um eine gute Ehefrau zu sein. Eine gute Mutter.“ Verbittert stieß er das letzte Wort hervor. „Aber weißt du, worin sie wirklich gut war? Täuschung und Betrug. Sie fand immer neue, krumme Wege, sich
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