AFFÄREN, DIE DIE WELT BEWEGTEN
Anton, Stellvertreter des großen Cäsars, nimmt die Zügel fest in die Hand. Seine Rede vor dem Leichnam Cäsars geht in die Geschichte ein. Sie ändert den Lauf der Welt. Kleopatra verlässt Rom, sie fühlt sich nicht mehr sicher. Sie muss heim in ihr Reich nach Alexandria. Noch einmal wird sie Leib und Seele einem Mann unterwerfen, um ihre Macht zu sichern. Cäsars Epigone wird auch sein Nachfolger in Kleopatras Bett.
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Allan Massie, Cäsar – Brutus erzählt, München 1993.
Stacy Schiff, Cleopatra – A Life, New York 2010.
Abaelard und Heloisa
Die Liebe des Abts zur Äbtissin
Die Liebeslust währte nur wenige Wochen, vielleicht Monate. Das Liebesleid plagte Abaelard und Heloisa ein Leben lang. Der Theologe verführte seine Schülerin. Diese verehrte ihn, auch wenn er sie schlug.
Am Ende ihrer beider Leben wurden sie in einem Grab, später sogar in einem Sarg gemeinsam zur ewigen Ruhe gebettet. Während ihres Lebens waren die beiden zwar Mann und Frau, aber hunderte Kilometer voneinander getrennt – hinter Klostermauern eingesperrt.
Die Geschichte von Abaelard und Heloisa ist die Biografie einer großen Liebe, die Entdeckung sexueller Leidenschaft, eine menschliche Tragödie und ein geistesgeschichtlicher Kampf für die Vernunft und die reine Liebe, wider mittelalterliche Konventionen und theologische Zwänge.
Der Briefwechsel der beiden Liebenden stammt aus der Zeit um 1130. Überliefert sind die zwölf Briefe in Fassungen aus dem 13. Jahrhundert. Wer die Schreiben zusammengefasst, redigiert oder vielleicht neu „interpretiert“ hat, ist nicht mehr festzustellen. Die Geschichte von Abaelard und Heloisa hat aber ohnehin längst den Boden eines historischen Tatsachenberichts verlassen, ist aufgestiegen in die Legenden und Liebesmythen, vergleichbar nur mit Romeo und Julia, Tristan und Isolde, Paris und Helena.
Der Übergang vom 11. zum 12. Jahrhundert stellt eine Zeitenwende dar. Im christlichen Europa tobt der sogenannte „Investiturstreit“. Es ist die Entscheidungsschlacht um die Vormacht zwischen kirchlichen und weltlichen Machtbefugnissen. Woher nehmen Kaiser, Könige und alle anderen weltlichen Herrscher das Recht, über ihre Untertanen zu regieren? Von Gott – das ist im Hochmittelalter unbestritten. Doch hat Gott von den zwei Schwertern der Macht das geistliche dem Papst und das der weltlichen Herrschaft dem Kaiser übertragen? Oder beide Schwerter dem Papst als Stellvertreter Christi auf Erden gegeben und dieser hat es gnadenweise an den Kaiser weitergeleitet? Die Antwort auf diese – für Zeitgenossen des 21. Jahrhunderts – eher merkwürdigen Fragen ist für das Mittelalter entscheidend. Es geht um Macht, Geld, Einfluss, es geht um die Vorherrschaft in der damaligen Welt.
Der 26-jährige deutsche König Heinrich IV. hat den Papst in Rom herausgefordert, ihn gar für abgesetzt erklärt. Gregor VII., ein früherer deutscher Mönch, schlägt mit der schärfsten Waffe zurück. Er verhängt den Kirchenbann über seinen weltlichen Rivalen und entbindet dessen Untertanen von ihrem Treueid. Es ist eine gefährliche Situation für Heinrich. Dieser muss auf hohem Ross und im Winter den gefährlichen Weg über die Alpen antreten. Er überrascht den Papst, der selbst auf dem Weg zu einem Fürstentag nach Augsburg ist. Gregor VII. flüchtet in die Burg Canossa am Nordhang des Apennins. Drei Tage lang „belagert“ der König in Eiseskälte die Burg. Schließlich gibt der Kirchenfürst nach. Er verlässt die Festung und trifft den „bußfertigen“ König. Der Papst muss Heinrich vom Kirchenbann lösen. Die scheinbare Erniedrigung des deutschen Königs vor einem deutschen Mönch wandelt sich zum diplomatischen Erfolg des weltlichen Herrschers. Der „Canossa-Gang“ wird die weltliche Vorherrschaft über die kirchlichen Machtansprüche de facto besiegeln.
Die Kirche selbst befindet sich wieder einmal in einer ernsten Krise. Der Kauf von Kirchenämtern ist Allgemeingut, Priester und Ordensleute ignorieren großflächig moralische Auflagen und den Zölibat, viele Klöster sind in Sittenlosigkeit verkommen. Reformen nach innen werden mit dem Angriff auf den islamischen Feind nach außen propagandistisch abgesichert. Der Konflikt zwischen Morgenland und Abendland eskaliert. Der erste Kreuzzug endet 1099 mit der Eroberung Jerusalems durch ein Ritterheer. Der Krieg bringt für Europa eine Erweiterung des religiösen, kulturellen, aber auch wirtschaftlichen Horizonts. Diese politische und
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