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AFFÄREN, DIE DIE WELT BEWEGTEN

AFFÄREN, DIE DIE WELT BEWEGTEN

Titel: AFFÄREN, DIE DIE WELT BEWEGTEN Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Jelinek
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„Times“-Herausgebers. Er schickt Kopien eines angeblichen Leserbriefs an den Premierminister und den Erzbischof von Canterbury. Der anonyme Schreiber, möglicherweise ist es der „Times“-Chef selbst, wirft dem König vor, er würde die Grundfesten der Moral und der Monarchie erschüttern.
    Es folgt der Gerichtstag in Ipswich. Hotelangestellte sagen aus, sie hätten beim Servieren des Frühstücks den Ehemann von Wallis Simpson nackt im Bett mit einer anderen Dame gesehen. Klarer Fall: Der Ehebruch durch Ernest Simpson ist erwiesen. Richter John Hawke entscheidet zugunsten der Klägerin und erfüllt seine Rolle in einem abgekarteten Spiel. Herr Simpson hat sich die „schuldige“ Scheidung durch sehr viel Geld abkaufen lassen. Für 150.000 Pfund – heute wären das mehrere Millionen Euro – spielt der mehrfach betrogene Ehemann an diesem Betrug mit. Wenn der König unbedingt „seine“ Wallis ehelichen will, dann soll die Krone dafür zahlen.
    Wenige Tage nach der erfolgreichen Scheidung erscheint Englands König Edward VIII. mit Wallis Simpson als Begleiterin bei einem offiziellen Empfang. Die Aristokratie hat in diesen Tagen eine Menge zu tuscheln. Premierminister Stanley Baldwin wagt die offene Konfrontation mit dem König. Er erbittet eine Audienz und erklärt ihm: Das Volk werde eine zwei Mal geschiedene Amerikanerin nicht als Königin akzeptieren. Mit Volk meint der Regierungschef offenkundig die politische Kaste der Monarchie. Denn das Volk weiß wenig über die Liaison und die Pläne ihres Königs. Edward betrachtet den Widerstand seines Regierungschefs als Ansporn. Noch am gleichen Abend provoziert er Mutter und Schwester mit der Erklärung, er plane, Wallis Simpson zu heiraten.
    Die beiden Damen wissen von der Affäre, aber das Thema Heirat war bisher tabu. Die Königin lehnt den Vorschlag ihres Sohnes, Wallis Simpson zu empfangen und sich ein Bild von ihr zu machen, rundweg ab. Das Ansinnen, aus Liebe zu heiraten, erscheint ihr absurd. Eine Ehe wird in diesen Kreisen aus dynastischen oder politischen Beweggründen vereinbart. Wallis Simpson ist als Königin unmöglich.
    Weil der König selbst Argumenten kein Gehör schenkt, wird jene Frau eingeschaltet, auf die er hört: Wallis Simpson. Sie soll einer sogenannten „morganatischen“ Ehe zustimmen. Dabei würde sie zwar Ehefrau, ihre Kinder könnten aber keinen Anspruch auf die Krone erheben. Angesichts des doch schon fortgeschrittenen Alters der künftigen Braut war das ohnehin nur eine theoretische Option.
    Ein Kompromiss scheint sich anzubahnen. Der Monarch empfängt seinen Premierminister und sondiert, ob dieser mit einer solchen Regelung leben könne. Baldwin macht Edward einen Strich durch seine Pläne. Eine morganatische Ehe erfordere die Zustimmung des Parlaments. Und dafür sehe er keine Mehrheit. Der König macht jetzt einen fatalen Fehler: Er beauftragt den Premierminister – ungeachtet seiner bereits geäußerten Ablehnung – offiziell, einen solchen Antrag zu prüfen. Damit ist der konservative Politiker Herr des Verfahrens. Baldwin wird die Zügel nicht mehr loslassen.
    Der König kann sich noch auf einige mächtige Freunde stützen: Lord Beaverbrook, der Zeitungsmagnat, versucht seine Kollegen von der Londoner Presse auf Edward einzuschwören. Er eilt noch einmal ins königliche Privatschloss Fort Belvedere und drängt den König, seine offizielle Anfrage an den Premierminister zurückzuziehen. Edward folgt dem gut gemeinten Rat des Zeitungsherausgebers. Es ist zu spät.
    Die Nachricht ist schon ins politische Establishment durchgesickert. Die Kettenreaktion beginnt. In Bradford leitet der konservative anglikanische Bischof Alfred Walter Blunt eine Diözesankonferenz. Dort erfährt der Kirchenmann von der Absicht des Königs, der ja auch nominelles Oberhaupt der anglikanischen Kirche ist, eine geschiedene Amerikanerin zu heiraten. Der Bischof einer Kirche, die ja von Heinrich VIII. gerade deswegen gegründet worden war, damit er, der König, sich wiederverheiraten konnte und dafür den Bruch mit dem römischen Papsttum in Kauf nahm, kritisiert die Pläne seines Königs in wohlgesetzten Andeutungen. Die Dämme brechen. Am 1. Dezember berichtet ein unbedeutendes Regionalblatt, die „Yorkshire Post“, über die kritischen Anmerkungen des Bischofs von Bradford am Verhalten des Königs. Jetzt gibt es kein Halten mehr. Viele Zeitungen betrachten die Meldung in der „Yorkshire Post“ als Aufforderung, über die Staatsaffäre zu

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