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AFFÄREN, DIE DIE WELT BEWEGTEN

AFFÄREN, DIE DIE WELT BEWEGTEN

Titel: AFFÄREN, DIE DIE WELT BEWEGTEN Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Jelinek
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nicht lange herum. Sie erhebt sich in „die Lüfte der Welt“ und ist weg.
    Adam, dessen Rolle allen später geborenen Männergenerationen nicht zur Ehre gereicht, ruft wieder einmal Gott an und beklagt sich bitterlich. Die Frau sei ihm davongelaufen.
    Gott ist in diesem – offenbar hauptsächlich von Männern am Lagerfeuer weitererzählten – Ur-Mythos gegenüber Adam sehr verständnisvoll. Er rügt seine erste Schöpfung nicht, weil diese sich wenig partnerschaftlich benommen hat. Nein, Gott schickt Lilith Engel nach, die sie zur Rückkehr an den paradiesischen Herd überreden sollen. Doch wieder zeigt sich der starke, stolze und selbstbestimmte Charakter von Adams erster Frau. Sie denkt gar nicht daran, den Aufforderungen und Bitten nachzukommen.
    Lilith widersetzt sich Gott – vorerst folgenlos. Der Herr geht neuerlich ans Werk und formt eine weitere Partnerin für Adam. Dieser ist allerdings sehr anspruchsvoll und lehnt Gottes zweiten Versuch empört ab. Wiederum ist der oberste Weltenlenker nachsichtig und macht sich ein drittes Mal ans Werk. Doch diesmal transplantiert Gott eine Rippe des tief schlafenden Adam und baut um diese Rippe ein schönes Wesen, dem er auch einiges von der Sinnlichkeit und Verführungskraft Liliths mitgibt. Gott nennt sein Geschöpf Eva (oder hebräisch Chawach). Da unsere Geschichte aber im heutigen Südirak zu lokalisieren ist, wird Eva wohl einen sumerischen Namen getragen haben.
    Das Erste Buch Moses lässt eine ungefähre geografische Eingrenzung des Paradieses zu. Gesucht wurde es über Jahrhunderte, gefunden bis heute nicht. Achtzig, hundert und mehr Theorien gibt es, wo sich der biblische Garten Eden befunden haben könnte. Er war Ziel von Gelehrten und schwer bewaffneten Kreuzrittern. Sie glaubten tatsächlich, das Paradies mit dem Schwert erobern zu können. Der britische Ägyptologe David Rohl fand den Garten Eden in der iranischen Stadt Täbris. Ein deutscher Professor für Altorientalische Philologie formulierte die These, dass in der mesopotamischen Vorlage zur Genesis-Erzählung der Garten Eden im Tempelgarten Eridu zu finden sei. Und er hatte gute Gründe dafür. Vor gut 8000 Jahren beherbergte Eridu das wichtigste Heiligtum des Gottes Enki. Er galt als Herr der Welt, des Süßwassers, des Todes und des schöpferischen Geistes. Es ist die Stätte und jene Stadt, in der Geschichte begann. Im sumerischen Epos „Enki und Nammu“, eine der ältesten überlieferten Mythen der Menschheit, wird die Erschaffung des Menschen geschildert. Dort werden die Göttinnen Nammu und Ninmach vom Gott Enki beauftragt, den Menschen nach dem Abbild der Götter zu schaffen. Aus der Verbindung von Lehm und dem heiligen Wasser des Urozeans soll der Mensch geformt und von den Göttern geführt und gelenkt werden.
    Die Grundrezeptur bleibt also gleich – in der Bibel, in den sumerischen Epen, in der hebräischen Überlieferung und in der erst später entstandenen Kabbala. Immer ist es der knetbare Stoff Lehm, Staub mit Wasser vermischt, aus dem der Mensch geformt wird. „Von Staub bist Du gekommen, zu Staub kehrst Du zurück“ – diesen Satz sprechen katholische Priester alle Jahre am Aschermittwoch, wenn sie den Gläubigen das Aschenkreuz als Symbol für die Vergänglichkeit des menschlichen Lebens auf die Stirn malen.
    Die ersten biblischen Menschen lebten also am Persischen Golf und mit Sicherheit nicht dort, wo die Mormonen das Paradies ansiedeln, nämlich in Jackson County, US-Bundesstaat Missouri. Für den deutschen Mönch Martin Luther waren die Versuche, das himmlische Paradies geografisch zu verorten, ohnehin lächerlich. „Möglich ist’s, dass es also gewesen ist, dass Gott einen Garten gemacht oder ein Land beschränkt hat, aber nach meinem Dünken wollt ich gern, dass es so verstanden möchte werden, dass es der ganze Erdboden wäre.“
    Seit mindestens 6000 Jahren gehört die Vorstellung vom Paradies zur Gedankenwelt der Menschen. Das Paradies ist ein Garten: „Eden“. Der sumerische Begriff bedeutete eigentlich nur Steppe. Die sumerischen, später biblischen Mythen erzählen von einer Entwicklung, die heute als Klimaerwärmung bekannt ist. Am Ende der letzten Eiszeit veränderten sich die Temperaturen derart, dass aus üppigen Landschaften schwierig zu bebauendes Steppen- und Ackerland wurde. Wollten die Menschen nicht verhungern, mussten sie bessere Technologien für die Nahrungsproduktion finden. Adam wird damit zum Bauern. Er muss säen, ernten und Vorräte

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