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AFFÄREN, DIE DIE WELT BEWEGTEN

AFFÄREN, DIE DIE WELT BEWEGTEN

Titel: AFFÄREN, DIE DIE WELT BEWEGTEN Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Jelinek
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mit exzentrischem Lebensstil. Er schwelgt im nationalistischen Pathos und inszeniert sich und sein Leben zu einem Gesamtkunstwerk. Der Sohn eines vermögenden Bauern hatte schon in frühen Jahren seinen eigentlichen Namen Francesco Rapagnetta („Kleine Rübe“) offiziell ändern lassen. Für eine exzentrische Künstlerkarriere mit Frauenbegleitung schien dem jungen Francesco ein „Gabriele D’Annunzio“ doch tauglicher zu sein.
    Die Duse und D’Annunzio müssen sich ineinander verlieben. Leidenschaft und Kunst vereinigen sich zu einer Affäre, die wie ein Roman beginnt und in tiefer Frustration und Enttäuschung ausläuft. Gabriele D’Annunzio wird sich auch über Eleonora Duse erheben, ohne an ihre Größe heranzureichen. Er nennt sie „O Grande amatrice“, als er ihr 1888 zwischen zwei Akten der „Kameliendame“ im römischen Teatro Valle zum ersten Mal vorgestellt wird. Olga Signorelli beschreibt in ihrem biografischen Vermächtnis die Szene: „Sie ist noch in Tränen, von der Aufführung erregt, und steht mit der Stirn gegen eine Tür gelehnt, um ihre Ergriffenheit zu verbergen, als D’Annunzio sie sieht. ‚O große Liebende!‘ begrüßt er sie. Doch sie schenkt dem blonden Jüngling, der sich lächelnd vor ihr verneigt, kaum einen Blick.“ Sie ist ein Star, Gabriele D’Annunzio ein junger Dichter, der gerade in den römischen Salons seinen beginnenden Ruhm genießt. Die Rollen von Schmeichlern und schmachtenden Verehrern sind im Leben von Eleonora Duse mehrfach besetzt. Die reife Schauspielerin ist in diesen Tagen mit ihrem Kollegen Flavio Andò liiert – eine Liebesaffäre und Arbeitsbeziehung. Doch D’Annunzio wird sich wieder ins Spiel bringen. Sieben Jahre später, wenige Tage vor ihrem 37. Geburtstag, begegnen die beiden einander in Venedig (wo könnte es anders gewesen sein?). Olga Signorelli beschreibt das Zusammentreffen: „Bei einem ihrer flüchtigen Aufenthalte in Venedig geht sie nach schlafloser Nacht früh am Morgen aus und stößt auf Gabriele D’Annunzio, der einer Gondel entsteigt. Sie sprechen von Kunst, Theater und Dichtung … Ohne Worte wird zwischen ihren Herzen ein stummer Pakt geschlossen.“
    Die Schauspielerin hat in der Lagunenstadt ein Stockwerk im Palazzo Wolkow gemietet, in der Hoffnung, dort Ruhe zu finden, einen Ankerplatz für ein unstetes Leben. Doch auch diese romantische Vision, der Liebe einen passenden Ort zu geben, scheitert. Wenige Wochen nach ihrer Wiederbegegnung mit D’Annunzio (andere Versionen lassen die Duse und D’Annunzio auf einem Ball miteinander tanzen) schifft sich die Duse neuerlich ein. Von Liverpool aus überquert sie den Atlantik. Sie hat Verträge für 60 Vorstellungen in New York, Boston, Washington und Philadelphia unterschrieben. Das (viele) Geld soll einen künstlerischen Traum finanzieren. Die Schauspielerin fühlt sich in der Neuen Welt unwohl, es ist nicht ihre Welt: „Als ich nach einer stürmischen Überfahrt diese große Stadt sah, nur Räder, nur Fahrzeuge, nur Läden, nur seltsame Gebäude, nur Riesenreklamen, nur Lärm und Getöse ohne den Schimmer der Kunst, ohne einen Ruhepunkt für Auge und Geist, da überkam mich der Gedanke, gleich nach Italien zurückzukehren. Ich besiegte die erste Regung und blieb, aber eine unerklärliche Traurigkeit hat mich stets bedrückt.“
    Als sie aus Amerika zurückkehrt, erbittet sie von D’Annunzio ein Stück. Für sie geschrieben, von ihr gespielt: „Die tote Stadt“. Der um fünf Jahre jüngere Dichter ist der Star der Salons, modisch gekleidet, charmant, seine blauen Augen sollen hypnotische Kraft ausgestrahlt haben. Eleonora lässt sich mitreißen in den Strudel des dichterischen Überschwangs. Sie träumt von einem eigenen Theater am Albaner See, nördlich von Rom. Es soll ein „Tempel der Kunst“ werden: seine Dichtung, ihre Interpretation. Sie schwärmen vom Gipfelpunkt italienischer Literatur. Beide spielen ihr Leben. Er inszeniert die große, die unsterbliche Liebe, auch wenn es nur für ein paar Jahre ist. Und er spielt mit der Liebe der ihn Anbetenden. Nicht seine Geliebte Eleonora wird in Paris die Hauptrolle in der „Toten Stadt“ spielen, es ist ihre französische Rivalin Sarah Bernhardt. Der Demütigung folgt Trost. D’Annunzio schreibt in wenigen Tagen ein anderes Stück. „Der Traum eines Frühlingsmorgens“ wird von der Duse in Paris auf die Bühne gebracht.
    D’Annunzio hat bis zum Zusammentreffen mit Eleonora Duse große Romane und romantische Gedichte

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