Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin
Agnes Bernauer auf die Brücke; der Scharfrichter selbst hielt sie dabei mit brutalem Griff wieder am Arm fest. Anfangs wehrte sich die Blonde noch, dann gab sie es auf; sie hatte jetzt keinerlei Kraft mehr. Das letzte Stück mussten die unter den Kapuzen sie schleifen; endlich war die Stelle erreicht, wo bereits der Priester wartete. Der Heinrich war es; ein übermannshohes Kruzifix hatte er bei sich, wie blutlose Krallen klammerten seine Hände sich um den Schaft. Zu Füßen des Gekreuzigten lag der große grobleinene Sack auf den Balken, daneben stand ein durchlöcherter Holzkasten, aus dem heraus es tobte und kratzte.
Diese Bilder nahm Agnes Bernauer vage noch auf, gleich darauf kam der hinterhältige Hieb gegen ihren Schädel, der sie auf die Planken niederschmetterte. Sie verlor nicht das Bewusstsein, doch sie war ein paar Augenblicke lang gelähmt – genau die Zeit, welche die drei Nachrichter benötigten, um den Sack über sie zu ziehen.
In ihrer Panik, in der plötzlichen stickigen Schwärze schrillte es ihr durchs Gehirn, dass sie trotz allem noch einmal kämpfen müsse, und sie versuchte es auch, doch von draußen war nicht mehr als ein krampfhaftes Zucken unter dem Grobleinen wahrzunehmen. Erst als der Henker den durchlöcherten Kasten öffnete und die beiden räudigen Köter zu der Frau in den Sack stieß, bäumte der geschundene Leib sich deutlich und wie im Sprung auf. Und dies hielt an, während der Scharfrichter die Öffnung über dem Kopf der Agnes Bernauer verschnürte, während die drei Männer sodann das unsägliche Bündel auf die Brückenbrüstung hievten und es noch einmal dem kreischenden Volk zeigten.
Der Heinrich, der mit dem Kruzifix, gab schließlich das Zeichen, die Hinrichtung zu vollenden. Seinen Gott rief er an, gleichzeitig löste sich der Sack vom Balkengeländer, stürzte hinunter und wurde von der Donau verschlungen.
Es geschah im gleichen Moment, in dem das letzte Licht des Tages verwich; die Natur selbst schien schamvoll einen Schleier über das Nachstrudeln im Strom breiten zu wollen.
EPILOG
Der Sack mit dem Leichnam der Agnes Bernauer wurde der Überlieferung nach einige Hundert Meter unterhalb der Mordstätte am rechten Donauufer angeschwemmt. Auf dem Friedhof der nahe gelegenen Peterskirche erfolgte dann vermutlich eine rasche, unspektakuläre Beisetzung. Die Stelle, wo dies genau geschah, ist heute nicht mehr bekannt; es kann sich jedoch durchaus um den Platz gehandelt haben, an dem später die Sühnekapelle errichtet wurde.
Albrecht von Bayern-München muss sehr schnell vom Tod seiner Gattin erfahren haben, denn schon zwei Tage nach der bestialischen Hinrichtung, am 14. Oktober 1435, traf er wutentbrannt bei Herzog Ludwig dem Gebarteten in Ingolstadt ein. Er verbündete sich mit dem ehemaligen Feind und zog auch etliche eigene Truppen an sich, um auf diese Weise Rache am eigenen Vater sowie Heinrich von Landshut zu nehmen. Doch zum Krieg kam es nicht, denn schon in den folgenden Wochen schaltete sich Kaiser Sigismund in den Konflikt ein und vermittelte aus Gründen der Staatsräson zwischen den Wittelsbachern. Im Dezember 1435 erfolgte bereits wieder eine erste Annäherung zwischen Herzog Ernst und dem Thronfolger.
Im gleichen Monat tätigte Albrecht im Straubinger Karmeliterkloster, wo Agnes Bernauer schon im Frühjahr 1434 einen Altar hatte errichten lassen, eine sogenannte Seelgerätstiftung. Zum Gedenken an seine Gattin sollten im Kreuzgang regelmäßig Messen gelesen werden. Dass damals zugleich der Leichnam der Ermordeten vom Petersfriedhof ins Kloster überführt wurde, ist als wahrscheinlich anzunehmen. Bestimmte Quellen weisen darauf hin, ebenso die Tatsache, dass man in den Dreißigerjahren des 20. Jahrhunderts an der Stelle des mittlerweile abgebrochenen Altars ein Frauengrab aus der fraglichen Zeit entdeckte. Der Fund soll jedoch von den Nationalsozialisten aus ideologischen Gründen vertuscht worden sein.
In der ersten Hälfte des Jahres 1436 söhnten Ernst von Bayern-München und sein Sohn sich offiziell aus, gleichzeitig aber führte Albrecht im Mai einen Feldzug gegen Herzog Heinrich von Landshut durch.
Am 16. Juli 1436 wurde auf dem Straubinger Petersfriedhof die bereits weiter oben erwähnte Kapelle eingeweiht. Herzog Ernst hatte sie zur Sühne für seine Tat errichten lassen; neben dem Altar wurde ein Gedenkstein aus Rotmarmor in den Boden eingelassen, auf dem die Ermordete bis heute überlebensgroß zu sehen ist. Im 18. Jahrhundert wurde die
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