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Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin

Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin

Titel: Agnes Bernauer - Hexe Hure Herzogin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Böckl
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Kampf, den sie infolgedessen auszufechten hatte, war unbeschreiblich grauenhaft.
    Irgendwann dann – und die Welt schien jetzt bloß noch schemenhaft und sehr brüchig existent zu sein – hörte Agnes Bernauer ihre eigene gepresste Antwort: „Ich bin das Weib des jungen Herzogs! Ihr könnt nicht über das richten, was Albrecht und mich verbindet; seid in dieser Sache auch nicht mein Herr! Als Gattin des Thronfolgers sage ich Euch: Albrechts und meine Ehe wurde vor Gott geschlossen, und der Bund entstand – was noch mehr bedeutet – aus unserer unabdingbaren Liebe zueinander! Ich kann diese Liebe und meinen Trauring nicht wegwerfen wie etwas Wertloses! Ich muss und will dazu stehen – wenn es denn sein soll, bis in den Tod!“
    „Weib des jungen Herzogs?! Herzogin wohl gar selbst, ja?!“ Hasserfüllt, kreischend fast, kam der Schrei. Jäh um den Schwertgriff hatte der Münchner die Faust gekrampft; einen Augenblick fürchtete die Blonde, er würde sich mit blanker Waffe auf sie stürzen. Doch dann fand Ernst zähneknirschend seine Beherrschung wieder; was er jetzt noch zu sagen hatte, kam erneut zischelnd: „Wenn du der Vernunft nicht gehorchen kannst, Metze; wenn du auf die gottgewollte Weltordnung spucken willst in deiner Vermessenheit, dann musst du die Folgen tragen! Dann müssen ich und die übrigen Richter dir das einzig mögliche Urteil sprechen!“
    Kraftlos wieder hing die Vierundzwanzigjährige im Griff des Henkers; seltsam verzerrt, wie durch ein Rauschen hindurch, hörte sie die Stimmen von der Balustrade her – dennoch schien ihr die Bedeutung der Worte stahlscharf ins Gehirn zu dringen.
    „Ihr, Nothafft, und Ihr, Heinrich, habt Eure Anklagen vorgebracht; habt für die Hinrichtung plädiert!“, stellte der Wittelsbacher fest. „Nun habe ich Euch zu fragen, Konrad Nußberger …“
    „Die Hure hat den Tod verdient!“, erwiderte der Böckler.
    „Seid auch Ihr dieser Meinung, Hans von Degenberg?“
    „Sie soll dem Scharfrichter gehören!“, bestätigte der Ritter.
    Im gleichen Sinn äußerten sich auch die beiden Dominikaner. „Sie hat Leben und Seelenheil verwirkt!“, raunzte der eine. „Zur Hölle soll sie fahren, so schnell wie möglich!“, fauchte der andere.
    „Damit ist der Stab über dich gebrochen, Agnes Bernauer!“ Herzog Ernst von Bayern-München drehte das Schwert, richtete die Spitze gegen die Delinquentin. „Deiner Verbrechen gegen Staat und Kirche bist du siebenfach überführt! Da du dich so unerhört verstockt zeigtest, kann auch unmöglich mehr Gnade vor Recht ergehen! Das Urteil gegen dich soll noch heute bei Sonnenuntergang vollstreckt werden! Als Hexe, Dirne und Teufelsbuhlin sollst du in der Donau ersäuft werden!“
*

    Sie wusste nicht, wie sie zurück in die Zelle gelangt war; wie lange sie ohnmächtig auf den kalten, modderglitschigen Steinen gelegen hatte. Sie begriff, als sie wieder zu sich kam, letztlich nur, dass sie immer noch lebte; dass ihr noch ein letztes Quäntchen geschändeten Da-Seins vergönnt oder auch zugemutet worden war.
    Ihre Nägel krallten sich in die riffeligen Quader, sie richtete sich auf, kauerte in der Dunkelheit eine Weile auf Händen und Knien da. Das Rattenhuschen drang zurück in ihre Wahrnehmung und peitschte sie schließlich zwei, drei Meter weiter. An der Kerkerwand, wo sie sich am Morgen blutrünstig gestoßen hatte, fand sie nunmehr sitzend Halt. Und dieser Halt vermittelte ihr auf einmal wieder so etwas wie völlig irrationale Hoffnung.
    Albrecht!, dachte sie. Er kann es nicht zulassen! Sie haben ihn tückisch weggelockt von mir, aber er wird noch rechtzeitig erfahren, was geschehen ist! Die Menschen in Vohburg haben mich doch gemocht! Wenigstens einer von ihnen muss nach Landshut geritten sein, um unserer Liebe willen! Wegen unserer Liebe – weil sie doch gar nicht sterben kann … – Ihr Gedankenfluten, ein paar Herzschläge lang logisch, verwirrte sich erneut. In ihrer gepeitschten Fantasie glaubte sie den Dunkelhaarigen an der Spitze eines starken Trupps heranhetzen zu sehen, von der Isar her, doch dann wurde das Hufwirbeln der galoppierenden Rösser immer zäher. Die Gepanzerten schienen steckenzubleiben in einem pelzig durchwuselten Schlammfeld, und auch die Gestalt des Einzigen wollte jäh versinken darin. Als Agnes jedoch nach ihm schrie, befreite Albrecht sich wieder; der Himmel schien aufzubrüllen in einer Kaskade von warmem Licht, und direkt aus dem Firmament heraus formte sich jetzt scheinbar das vertraute

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