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Agnes und der Engel

Agnes und der Engel

Titel: Agnes und der Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Lay
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heute hierhergeführt hatte? Vielleicht würde er die Geister der Vergangenheit zum Schweigen bringen können, eine gute Tat tun, die dereinst die Gräuel des Krieges aufwiegen würde. In seine Grübeleien versunken legte er sich nieder.
    Sein Diener beschloss, Wache zu halten. Was auch immer seinen Herrn bewogen hatte, unerkannt hier zu nächtigen, schwebte wie eine dunkle Bedrohung über ihrem Aufenthalt.
     
    Die Nacht jedoch blieb ruhig. Das Gewitter war schließlich abgezogen und der Morgen klar. Es versprach ein schöner und warmer Tag zu werden.
    Der Diener verstaute die klammen Kleidungsstücke in den Satteltaschen und drängte zum Aufbruch, aber sein Herr wollte auf das Frühmahl nicht verzichten.
    So klopfte es kurze Zeit später und Agnes trug ein Tablett mit Getreidegrütze, Honig und sogar einem Sahnetöpfchen herein.
    „Herr, nehmt Ihr mich mit?“
    Wieder lag der betrachtende Blick des Händlers auf der Magd. Langsam hob er den Kopf. „Erzähl mir, was geschehen ist, damals“, forderte er.
    Unsicher runzelte Agnes die Stirn. „Das habe ich Euch doch bereits gesagt... und ich habe mich an mein Versprechen gehalten“, fügte sie hastig hinzu.
    Beifällig nickte der Händler, wirkte aber, als habe er nichts anderes erwartet. „Wie ist es dir nach unserem Abzug ergangen?“, hakte er nach.
    Agnes erschrak sichtlich. Sie schluckte einige Male und ihr Blick wanderte unstet über den Boden, bis sie sich zwang, zu antworten: „Als ich in die Stadt zurückkam lag Stille über den Straßen. Überall lagen die Toten...“, sie starrte mit weit aufgerissenen Augen vor sich hin, „und dann sah ich meine Eltern.“ Wieder verstummte sie und der Schmerz über die heraufbeschworenen Bilder zeichnete sich in ihrem Gesicht ab. „Meine Familie wohnte hier in der Totenstraße, die damals noch Lindenstraße hieß. Mein Vater war ein angesehener Handwerker und wir hatten ein schönes Haus. Aber als ich an jenem unglückseligen Tag nach Hause kam, lebte von meiner Familie niemand mehr. Plötzlich war ich allein. Zuerst kam ich bei einer Nachbarin unter, dann schließlich hier im Wirtshaus, wo ich die Jahre hindurch schwer arbeiten musste. Die Arbeit macht mir nichts aus“, beeilte sie sich hinzuzufügen, „aber ich will nicht länger hier leben.“
    Eine Weile überlegte der Handelsherr schweigend, während er Agnes betrachtete. Schließlich schien er zu einem Entschluss gekommen zu sein und bedeutete seinem Diener, die Wirtin zu rufen.
    „Vielleicht kann ich an dir einen Teil der Schuld begleichen, die meine Landsleute damals auf sich geladen haben“, sprach er mit seinem fremdklingenden Akzent. Dann wandte er sich an seinen Diener und sagte auf holländisch: „Verhandle mit ihr die Auslösung von Agnes und verliere kein Wort über ihre Zukunftspläne.“
    Die Wirtin betrat eilfertig die Kammer und fragte nach den Wünschen der Herren. Als sie Agnes bemerkte, wollte sie diese hinausschicken.
    „Unsere Wünsche betreffen diese Frau hier. Du hast sie aufgenommen und ausgebildet? Was verlangst du, wenn sie uns begleitet?“
    „Was wollt ihr mit meiner stummen Magd?“, misstrauisch musterte sie die Männer. Gleichzeitig überlegte sie, wie hoch sie die Summe veranschlagen könnte, die diese Kerle bereit wären zu zahlen.
    „Was ist eigentlich aus dem Haus geworden, dass Agnes Eltern gehört hat?“ Der Diener ließ die Wirtin bei seinen Worten nicht aus den Augen.
    „Das Haus?“, die Wirtin wurde unruhig.
    „Wo hat deine Familie gewohnt, Agnes?“ Auch als er Agnes ansprach, starrte er unverwandt auf die ältere Frau.
    „Wir haben im Nachbarhaus gewohnt. Jetzt wohnt eine andere Familie dort.“
    Entsetzt fuhr die Wirtin zu Agnes herum. Mit offenem Mund starrte sie ihre Magd an.
    „Die Pacht wird an Euch gezahlt?“, riss sie der Diener aus ihren Gedanken.
    „Ja, ich habe mich um Haus und Hof gekümmert. Es gehört mir.“
    Sie presste die Lippen fest aufeinander.
    Während sich der Diener und die Wirtin anstarrten, räusperte sich Agnes und sagte leise: „Mir geht es nicht um das Haus, ich will ins Kloster.“
    Der Handelsherr wurde ungeduldig. „Ihr müsst Agnes eine Aussteuer bezahlen, im Gegenwert für das Haus, das Ihr über zwanzig Jahre genutzt habt.“
    „Was wisst Ihr“, entsetzt starrte die Wirtin nun auf den Herrn, dann hob sie den Kopf. „Ihr seid Holländer, Ihr wart damals hier, Ihr...“
    „Nein, gute Frau, ich war nicht an dem Gemetzel beteiligt. Trotzdem wollte ich niemals wieder

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