Agnetha Fältskog. Die Stimme von ABBA (Die ABBA-Tetralogy) (German Edition)

zwei Ehen und in Agnethas Fall auch zwei Kinder hinter sich herziehen wird. Die Frauen von ABBA bringen in diese Gleichung gutes Aussehen, ausdrucksstarke Stimmen und musikalische Begabung ein. Die Männer von ABBA hingegen sind für gutes Liedmaterial und gevifte Arrangements zuständig. Aber es wäre zu kurz gegriffen, beiden Frauen nur geschäftliches Kalkül vorzuwerfen, dass sie aus Berechnung etwas mit den Männern von ABBA angefangen hätten. Am Anfang sind da viele Gefühle für Björn und Benny, die diese nüchternen Tatsachen verschleiern. Und alle Beteiligten sind anfänglich sogar daran interessiert, die berufliche Zusammenarbeit sogar zu blockieren in der Angst, dass sich sonst die private Verbindung auflösen könnte. Tatsächlich aber ist die Wartezeit bis zur endgültigen Herausbildung der Gruppe im Jahr 1973 für alle vergeudete Zeit, denn sie hilft keinem der vier. Kaum werden sie aber als Band zusammen-kommen, beginnt die unvergleichliche Mixtur von ABBA zu fließen und wird dabei den stärksten Pop erzeugen, den die Welt gesehen hat.
    1969 ist keinem der vier wirklich bewusst, dass sie eigentlich alle am Scheideweg stehen. Agnetha hat als Künstlerin noch die besten Karten. Sie ist ein etablierter Star mit einer starken Ausstrahlung, die sie auch über schwächere Songs hinweg tragen kann. Sie ist bei Cupol in den Händen von Little Gerhard, der sie trotz des deutschen Misserfolgs weiterhin liebevoll betreut. Frida dagegen droht gerade bei EMI rauszufliegen, weil keine ihrer Singles der Firma viel eingebracht haben, und die Anforderungen der britischen Plattenfirma an ihre Vertragspartner eigentlich sehr hoch sind. Björn hat bei Polar Music seit Jahren einen mittel-prächtigen Erfolg als Performer. Seine Krise besteht darin, dass er persönlich vom Folkstil genug hat, für den die Hootenany Singers bekannt geworden sind. Er möchte, wenn schon, lieber ein Popstar sein als ein Folksänger. Der Bandleader Hansi Schwarz, aber auch die anderen Singers sind außerdem längst nach der Militärzeit ins bürgerliche Leben abgetaucht und studieren, und betätigen sich nur mehr am Wochenende als Musiker, wodurch bei der Gruppe ein bisschen die Luft raus ist. Die Hep Stars von Benny sind seit ihrer finanziellen Pleite nur mehr ein Schatten ihrer selbst, treten eigentlich nur mehr als Trio auf, mit dem Leadsänger Svenne Hedlund und seiner Frau Lotta, begleitet von Benny, und manchmal Björn.
    Vielleicht hätte sich ABBA schon im Jahr 1969 formieren können, wenn Frida die Ausbildung der Gruppe anfänglich nicht torpediert hätte. Sie steht seit ihrem 13. Lebensjahr auf der Bühne, will es unbedingt als Solo-Künstlerin aus eigener Kraft schaffen. Sie war noch nie in einer Gruppe und findet das auch nicht gut, hinter anderen zurückzustehen. Wenn, dann will sie vorne strahlen, zumindest Leadsängerin sein. Und sie spürt natürlich auch, dass jemand wie Agnetha ihr dabei von Anfang an Konkurrenz machen würde. Aber ins zweite Glied zurückzutreten, dazu ist sie vorerst nicht bereit. Außerdem hat ihr Benny versprochen, die nächste Platte für sie zu produzieren. Ihr Plattenvertrag mit EMI ist erst ein Jahr alt. Noch hat sie die Chance, ihn zu retten, und wenn sie eine erfolgreiche Platte macht, kann ihr das sogar den Weg nach England und in die USA ebnen, da die Firma in diesen Ländern stark etabliert ist. EMI ist die Plattenfirma der Beatles, das zählt auch mehr als kleine schwedische Labels wie Polar oder Cupol. Für Frida bedeutet ihr Vertrag deshalb auch die große Chance, die sie keinesfalls versäumen möchte. Sie kann sich auch noch nicht wirklich vorstellen, dass ihre Karriere längst ins Straucheln geraten sein soll. Benny deutet es an, Björn wiegt auch schon bedenklich mit dem Kopf, aber Frida lehnt es ab, ein Scheitern überhaupt in Betracht zu ziehen. 
    Wie sieht es mit Agnetha aus? Gefällt ihr die Idee einer Gruppe mit Björn, Benny und Frida? Eigentlich hat sie auch keine große Freude beim Gedanken daran, etwas mit Frida zu machen, weil sie die Ablehnung der anderen spürt. Dass sich die Frauen von ABBA nicht tiefer verstehen und Freundinnen werden können, ist ihr von Anfang an klar. Es steht zu viel zwischen ihnen. Das hat nichts mit Agnethas instinktiver Nähe zu Benny zu tun, unter der Frida die Haare aufstellt. Benny und Agnetha sind Kumpels, nicht mehr. Das spüren beide, und letztendlich begreift es auch Frida. Aber bis es so weit ist, ist das ein mühsamer Prozess. Nein, das