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Quelle des Unheils

Quelle des Unheils

Titel: Quelle des Unheils Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. B. Gilmour , Randi Reisfeld
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Kapitel 1 - DIE RÜCKKEHR
    »Hexeninsel« nannten sie die Menschen auf dem Festland. Natürlich hatte sich noch keiner von ihnen je getraut, die Insel zu betreten. Und nur wenige hatten sie überhaupt schon einmal klar sehen können.
    Sie war eine von mehreren Dutzend kleiner, bewaldeter Inseln vor den eisigen Ufern des Michigansees. Und sie war die einzige, die oft von rätselhaften grauen Nebelschwaden umgeben war. Dieser düstere Schleier verhinderte, dass man aus der Entfernung die sorgfältig gepflegten Gärten, die bezaubernden Steinhäuschen und das malerische Dorf erkennen konnte, das fröhlich in allen Farben des Regenbogens leuchtete. In Wirklichkeit hieß die Insel Coventry Island. An einem klaren Tag Anfang September marschierten ein alter Mann mit papierdünner Haut und schlohweißen Haaren und sein Lehrling, eine schöne junge Frau in wallendem blauen Umhang, durch den Wald von Coventry Island auf den in Nebel gehüllten See zu.
    Der alte Mann trug zwei Koffer. Beide gehörten seiner Begleiterin, die selbst in diesem dunklen Kiefernwald ihre auffallend große Sonnenbrille nicht abnahm. Zweifellos diente das als Vorbereitung auf ihre geplante Reise nach Kalifornien.
    Der Alte hatte es aufgegeben, mit ihr Schritt halten zu wollen. Er war es zufrieden, hinterherzuhinken und nur das eine oder andere Wort ihres Geplappers mitzubekommen. »Ich verstehe einfach nicht, warum Ihr es mich nicht versuchen lassen wollt.« Die junge Frau wirbelte plötzlich herum. »Die Ratsversammlung hat doch angeordnet, dass ich eine aktivere Rolle im Leben und in der Ausbildung der Mädchen einnehmen soll...«
    »Und so wird es auch geschehen, Ileana.« Er stellte die schweren Koffer auf den Boden und stöhnte leise. »Ich habe auch genau den richtigen Auftrag für Euch, wunderbare Hexe ...«
    »Göttin«, verbesserte Ileana ihren bejahrten Lehrmeister. »Es ist einfach nicht fair. Ganz und gar nicht fair. Ihr habt selbst gesagt, dass ich weitaus begabter bin als der Durchschnitt. Und die Zwillinge, diese verblüffend talentierten jungen Hexen, für deren Wohlergehen ich als Vormund verantwortlich bin, sind wirklich sehr schwer zu beaufsichtigen. Das müsst Ihr doch einsehen, Karsh: Wenn ich erstmal die Kunst der Verwandlung beherrschte ...«
    Verwandlung. Da war das Wort schon wieder. Ileana war eine hervorragende Hellseherin und schon vor ihrem zwanzigsten Geburtstag im Stande gewesen, Gedanken zu lesen. Aber noch war sie viel zu leichtsinnig, um eine solch anspruchsvolle Fähigkeit zu erlernen. »Verwandlung ist die Kunst der Mächtigen, Ileana«, erklärte er zum wiederholten Male. »Die Kunst, einem menschlichen Wesen die Gestalt eines anderen zu verleihen.«
    »Nun, Ihr seid doch ein Mächtiger«, erwiderte sie hitzig. »Und dennoch habt Ihr diesen ungeschlachten Verrückten in eine kriecherische Schlange verwandelt.«
    »Falls Ihr auf Lord Thantos anspielt...«, begann der alte Hexer. »Weshalb nicht in eine Schildkröte? Eine Schnecke? Irgendetwas, das sich leicht fangen lässt!«, fuhr die junge Hexe fort, grauäugig und herrlich in ihrem Eifer. »Herrin im Himmel, Karsh, Ihr hättet Euch doch in alles und jeden verwandeln können! Und diese bösartige, schwarzbärtige Bestie ebenso.« Der alte Mann, in seinem schwarzen Samtanzug und den dünnen Schuhen, stieß einen Seufzer aus. »Es war der schnellste und einfachste Zauberspruch, der mir einfiel«, erklärte er erneut, mit seiner seltsamen, kratzigen Stimme. »Lord Thantos hatte gerade ...«
    Ein dicker, orange gestreifter Kater, er strich um seine Beine und brachte ihn beinahe zum Stolpern, erschwerte ihm das Gehen noch mehr. »Kusch, Boris«, befahl er. »Komm zu mir, mein Süßer«, rief die schöne junge Hexe das Tier. Gehorsam sprang Boris in ihre Arme. Allerdings nicht, ohne vorher noch nach ihrem geblümten Seidenumhang zu schnappen.
    »Lasst das bitte, schont das Tier!«, bat der erschöpfte alte Mann. Doch es war zu spät. Ueanas Zorn auf den Kater war bereits entbrannt. Und sie hatte den Zauberspruch schon zur Hälfte vollendet. Wenn er sie jetzt unterbrechen würde, bliebe der arme Boris zum Teil Katze, zum anderen Teil ein zappelnder Wurm -und wer konnte schon sagen, welcher Teil dem Tier dann den Namen geben würde?
    Also wurde ihr Marsch noch weiter verzögert, während Karshs eigensinnige Schülerin ihren Kater in eine Raupe verwandelte, nur um dies auf Karshs Anordnung hin anschließend wieder rückgängig zu machen.
    »Seht Ihr? Ebenso leicht hätte

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