Ahoi, liebes Hausgespenst!
du willst!“ sagte Monika. „Kommst du mit, Norbert?“
„Nein, ich gucke noch etwas zu!“
Monika ärgerte sich ein wenig, weil keiner der beiden sie fragte, wohin sie denn wollte. Aber sie merkte schon, daß beide von der Spielleidenschaft gepackt waren. Sie gab zu, daß auch ihr das hätte passieren können. Aber gerade weil sie das wußte, ließ sie es erst gar nicht dazu kommen.
Selbst wenn sie gewinnen sollte, wie hätte sie ihrem Vater unter die Augen treten sollen, der sie mit so großem Vertrauen ganz allein auf diese weite Reise gelassen hatte!
Sie lief die teppichbelegten Treppen bis zum Patio hinauf, dann über die stählerne Außentreppe zum Oberdeck und die Reling entlang zur Brücke. Eine Weile stand sie draußen, bestaunte die Sterne, den Mond und das gischtende Meer, das immer noch sehr blau war. Dann, als der Fahrtwind ihr zu stark wurde, öffnete sie die Tür zur Brücke, einem kleinen, verglasten Raum, in dem der Kapitän navigierte. Ein Maat leitete seine Anweisungen an den Maschinenraum weiter.
Monika grüßte höflich und drückte sich in den Hintergrund, um nicht zu stören. Der Hebel der automatischen Steuerung stand auf „full craft“.
„Wir kommen gut voran“, sagte der Kapitän, „wir werden Cap Haitien morgen pünktlich erreichen.“
„Ich freue mich schon aufs Anlegen!“
„Wenn du wirklich was sehen willst, mußt du schon um sechs Uhr dreißig oben sein.“
„Das werd’ ich auch.“
„Da bin ich aber mal gespannt!“ Der Kapitän lächelte ein wenig skeptisch.
„Wenn ich heute nacht nicht gestört werde“, fügte Monika vorsichtshalber hinzu.
„Wer sollte dich stören?“
„Das kann man nie wissen.“
Der Kapitän lachte.
„Bleiben Sie eigentlich die ganze Nacht auf der Brücke?“ erkundigte sich Monika.
„Nein. Sobald die Disko öffnet, lasse ich mich vom Staff Captain, dem Zweiten Kapitän, ablösen. Der tanzt nämlich nicht gern.“
„Sie gehen auch in die Disko?“ fragte Monika erstaunt. „Natürlich. Das gehört auf einem Passagierschiff dazu. Es sind meistens zuwenig Tänzer da. Also müssen die Offiziere einspringen.“
„Das ist also Pflicht?“
„Für die meisten eine der angenehmsten.“
„Und wenn einer nicht tanzen kann?“
„Dann kann er doch immer noch einem hübschen Mädchen oder einer vernachlässigten Ehefrau den Hof machen.“
„Aber dann weiß ja keine, ob jemand sie wirklich mag!“
„Das ist bei einer Kreuzfahrt auch gar nicht wichtig. Hauptsache, man amüsiert sich.“
„Dann will mir Simon also nur aus Pflichtgefühl Backgammon beibringen! Damit ich mich nicht langweile.“
„Ach, weißt du, Monika, so eng würde ich das nicht sehen. Es gibt unter den Passagieren immer auch Menschen, die man lieber hat als andere, das ist doch klar. Und es gibt welche, denen man bei allem Pflichtgefühl doch möglichst aus dem Weg geht.“ Der Kapitän nahm sein Fernglas vor die Augen. „Daß du ein sympathisches Mädchen bist, müßtest du doch wissen.“ Beinahe hätte Monika sich vergewissert: Bin ich das? Bin ich das wirklich? — Aber sie merkte noch rechtzeitig, daß sie sich damit ein bißchen lächerlich gemacht hätte und verschluckte die Frage.
„Da, sieh mal!“ Der Kapitän gab ihr das Fernglas. „Ein Objekt voraus! Kannst du es ausmachen?“
Monika hielt sich das schwere Fernglas vor die Augen; es hatte besondere Gläser, mit denen man auch die Finsternis durchdringen konnte. „Ich glaube nicht!“ sagte sie, und dann: „Doch, ich hab’s! Wir steuern gerade drauf zu!“
„Nein, es kreuzt unsere Fahrlinie. Es ist ein Fischerboot, nicht wahr?“
Monika kniff die Augen zusammen. „Ich würde es eher für eine Yacht halten!“
Der Kapitän nahm ihr das Fernglas wieder ab. „Du hast recht!“ Er legte das Fernglas fort und lächelte ihr zu. „Du solltest zur christlichen Seefahrt gehen.“
Monika grinste. „Ich werd’s mir überlegen.“ Dann sagte sie: „Wenn Sie die Yacht nun nicht zufällig entdeckt hätten... ich meine, es hätte doch sein können...“
Der Kapitän unterbrach sie. „Es war gar kein Zufall. Die Zeiten, wo ein Ausguck auf der höchsten Mastspitze sitzt, sind vorbei. Wir fahren mit Radar. Da, sieh mal!“
Er zeigte Monika einen kleinen Bildschirm, auf den man von oben sehen konnte. Die Mattscheibe war dunkel und strahlte rhythmisch pulsierende Ringe aus. Ein weißes Etwas bewegte sich darauf, jetzt schon links am Rande.
Der Kapitän deutete darauf. „Siehst du, das ist die
Weitere Kostenlose Bücher