Al Wheeler und der tote Partygast
Oder
hassen Sie nur mich?«
»Ich hoffe, recht viel Unruhe
zu stiften«, versprach ich ihm.
»Das sollte mich eigentlich
beruhigen«, sagte er. »Ich überlege, warum es nicht so ist.«
Minerva kehrte mit Blake an der
Seite zurück. Ich war irgendwie erleichtert, daß er einen gewöhnlichen
Alltagsanzug wie ich anhatte.
Er kam an die Bar und warf mir
einen kalten Blick zu.
»Was trinken Sie, Jon?« fragte
Minerva mit gelangweilt klingender Stimme.
»Scotch und Soda, aber ohne
Eis«, erwiderte er kurz angebunden. »Sie haben verdammt gute Nerven, Wheeler.«
»Aber Sie sind hier«, stellte
ich fest.
»Nur weil ich glaube, daß Sie
den Verstand verloren haben, und ich mit eigenen Augen sehen wollte, wie Sie
Zeugnis davon ablegen, ehe ich beim Sheriff eine formelle Beschwerde
einreiche.«
»Sie sollten sich mit Ihrem
Anwalt zusammentun«, schlug ich ihm liebenswürdig vor. »Ich glaube, er hegt
dieselben Gedanken.«
»Glauben Sie nicht, daß ich das
nicht tun werde!« schnaubte er.
»O mein Gott!« stöhnte Minerva
plötzlich auf. »Ich habe ihm gesagt, daß es nicht steif und formell zugehen
würde.«
Ich folgte ihrem Blick und sah
Paul Kendal ins Zimmer hereinspazieren. Er prunkte in einem Abendanzug, in dem
man gewöhnlich den toten Dracula zu sehen kriegte, und sein Hemd hatte einen
Stehkragen.
Kendal steuerte auf die Bar zu,
blieb aber abrupt stehen, als er den Ausdruck in Minervas Gesicht bemerkte.
»Sie haben doch gesagt, es wäre
eine Party im Stil der Dreißigerjahre, oder?« fragte er ängstlich. »Ich bin
heute nachmittag extra in die Stadt gefahren, um mir diesen Anzug auszuleihen.«
Minerva fuhr sich langsam mit
einer Hand übers Gesicht.
»Irgend jemand soll ihn
fortschaffen!« stieß sie mit fast erstickter Stimme hervor, »ehe ich ihn vor
den Augen des Lieutenants noch töte.«
»Wie schätzen Sie Jimmy Connors
Chancen für dieses Jahr ein?« fragte Blake ihn taktvoll. Er faßte Kendal dabei
am Arm und führte ihn von der Bar weg.
»Oh, ich sehe schon, es wird
ein Riesenspaß werden«, sagte Gerard glücklich. »Wann werden wir essen?«
»Sobald ich dieses dumme
Weibsstück dazu bringen kann, in die Küche zu gehen«, erwiderte Minerva.
Nach diesen Worten steuerte sie
entschlossen auf Liz zu.
Gerard musterte die so
wunderschön angezogene Liz mit lebhaftem Interesse.
»Wie ich sehe, hat Aschenbrödel
sich endlich gemausert, und Sophia hat ein neues Opfer für ihren
Lesbierinnen-Klub gewonnen«, spottete er.
»So ist es«, bestätigte ich.
»Wäre es nicht fürchterlich,
wenn Sie beweisen würden, daß eine von beiden die Mörderin ist?« fragte er
beiläufig. »Ich meine, wahrscheinlich haben sie noch nicht einmal ihre
Flitterwochen hinter sich.«
9
Minerva setzte sich an ein Ende
des Tisches und plazierte mich ans andere Ende. Getler saß zu ihrer einen
Seite, Blake zu ihrer anderen. Neben mir saßen Kendal und Gerard. Sophia saß
zwischen Getler und Kendal, Liz zwischen Blake und Gerard.
Während des Essens wurde viel
nichtiges Zeug gequasselt, und alle warfen mir immer wieder erwartungsvolle
Blicke zu. Ich lächelte als Antwort darauf vage und hielt mich ansonsten an das
Essen. Schließlich servierte Liz Kaffee und für diejenigen, die wollten, Likör.
Ich blieb bei meinem üblichen Scotch mit Eis und etwas Soda. Als Liz jeden
bedient hatte, setzte sie sich wieder, und alle sahen gespannt zu mir her.
»Ich habe eine Menge
Unannehmlichkeiten auf mich genommen, um diesen Abend für Sie zu arrangieren,
Wheeler«, sagte Minerva schließlich. »Wäre es jetzt nicht an der Zeit, daß Sie
endlich anfangen, Detektiv zu spielen?«
»Ich glaubte, das würde er die
ganze Zeit über tun«, bemerkte Blake, »nämlich Detektiv spielen. Natürlich
abgesehen von der Tatsache, daß er jeden und alle beleidigt, wann immer er eine
Möglichkeit dazu hat.«
»Der Lieutenant hat aber seine
Zeit nicht restlos vergeudet«, warf Liz ein und kicherte. »Immerhin ist es ihm
gestern gelungen, Minerva zu besteigen.«
»Du bist entlassen!« schnaubte
Minerva wütend.
»Damit kommst du zu spät, meine
Süße«, gurrte Sophia. »Ich hatte nur noch keine Gelegenheit, es dir zu sagen.
Liz kommt mit zu mir.«
»Das erspart mir die Mühe, sie
mit einem Fußtritt in den Arsch durch die Tür hinauszubefördern«, entgegnete
Minerva scharf.
»Sie sind heterosexuell veranlagt,
Lieutenant?« fragte Gerard.
»Ganz recht«, bestätigte ich.
»Dann verstehe ich nicht, zu
was Minerva Sie
Weitere Kostenlose Bücher