Al Wheeler und die Malerin
Mädchen öffnete auf mein
Klingeln und ließ mir einen Blick zukommen, der die Frage enthielt, warum ich
eigentlich nicht den Eingang für Dienstboten benutzt hatte. Ihr Haar war von
entschlossenem Blond, und sie war Ende Zwanzig und hätte reizend ausgesehen,
wenn sie nicht einen so schrecklich tüchtigen Eindruck gemacht hätte.
»Ja?« Ihre Stimme klang so
knackfrisch, daß sie, wenn sie ihr gebrochen wäre, eigentlich wie einer der
Kekse aus dem Werbefernsehen hätte klingen müssen.
»Es gibt mehrere Arten der
Begrüßung«, sagte ich höflich, »aber >ja< gehört nicht dazu .«
Ihre Augen weiteten sich ein
wenig, und dann blinzelte sie ungläubig. »Wollen Sie etwas verkaufen ?«
»Nur Höflichkeit«, sagte ich.
»Und das Geschäft mit dem Artikel ist heute vormittag schrecklich lausig gegangen .«
»Sie haben wohl nicht alle
Tassen im Schrank ?« sagte sie in scharfem Ton. »Wenn
Sie nicht sofort gehen, werde ich...«
»Ich möchte gern Mrs. Mayer sprechen«, unterbrach ich sie und wedelte ihr
mit meiner Dienstmarke vor der Nase herum. »Polizei! Ich komme vom Büro des
Sheriffs .«
Ich konnte erkennen, daß sie es
nicht glauben wollte. »Dann warten Sie hier, während ich nachsehe, ob es ihr
paßt«, murmelte sie, »Lieutenant .«
»Lieutenant Wheeler. « Ich
lächelte sie strahlend an. »Al Wheeler — und ich bin verrückt auf Blondinen,
die hübsche schwarze Servierkleider tragen und darunter vielleicht schwarze
Spitzenunterwäsche. Haben Sie... ?« Aber sie war
bereits gegangen.
Als sie eine volle Minute
später zurückkehrte, war ein höfliches Lächeln auf ihrem Gesicht, und in ihren
Augen lag zudem ein Ausdruck, den ich nicht ganz zu deuten wußte, nur war er
eindeutig nicht feindselig.
» Mrs. Mayer möchte Sie gleich sprechen, Lieutenant«, sagte sie forsch. »Bitte kommen
Sie herein .«
Ich folgte ihr über eine große
Diele, die unterhalb einer imposant geschwungenen Treppe lag, bis das Mädchen
plötzlich neben einer geschlossenen Tür stehenblieb und sich zu mir umwandte.
» Mrs. Mayer ist hier drinnen — im Wohnzimmer .« Sie wies auf
die geschlossene Tür.
»Danke«, sagte ich zu ihr.
Sie traf keine Anstalten, mir
aus dem Weg zu gehen. »Ich heiße Hilda — Hilda Davis .« Ihre Stimme war keineswegs mehr forsch. »Es tut mir leid, daß ich eben
unhöflich zu Ihnen war .«
»Macht nichts«, sagte ich
grinsend. »Ich war ja auch unhöflich .«
»In letzter Zeit sind ganze
Scharen von Hausierern dagewesen —. Sie wissen doch, wie es einem geht ?« Sie lächelte träge, wobei sie blendendweiße Zähne zeigte,
und nun wirkte sie keineswegs mehr so aufreizend tüchtig, sondern wirklich
entzückend.
»Klar !« sagte ich vage.
Sie trat einen Schritt näher
auf mich zu. »Vielleicht werde ich allmählich ein bißchen schlecht gelaunt,
weil ich die ganze Zeit hier im Haus eingesperrt bin. Ich habe Dienstag- und
Freitagabend frei, und auch Sonntag den ganzen Tag über, aber trotzdem scheint
es mir, als ob ich nicht viel hinauskäme. Verstehen Sie ?« Ihre Finger strichen auf irgendwie geistesabwesende Weise über meinen
Jackenärmel.
»Ich verstehe«, sagte ich und
versuchte heftig, meine Stimme überzeugend klingen zu lassen. »Nun gut, ich
glaube, ich sollte Mrs. Mayer nicht länger warten
lassen .«
»Nein, natürlich nicht«, sagte
sie schnell, ohne sich zu rühren.
Ich mußte mich an ihr
vorbeischieben, um zur Tür zu gelangen, und als ihre Lippen noch höchstens
fünfzehn Zentimeter von meinem rechten Ohr entfernt waren, flüsterte sie: »Ich hebe mir meine schwarze Spitzenunterwäsche immer für
spezielle Gelegenheiten auf — wie zum Beispiel für Verabredungen an meinen
freien Abenden.«
Zu dem Zeitpunkt, als die volle
Wucht dieses intimen Geständnisses mein Nervensystem durchdrungen hatte, war es
bereits zu spät. Ich hatte die Tür weit geöffnet und konnte eine Frau sehen,
die sich aus ihrem Sessel am anderen Ende des Zimmers erhoben hatte, um mich zu
begrüßen.
»Lieutenant Wheeler«, sagte sie
mit unbeteiligter Stimme, als wir uns auf halbem Wege in diesem riesigen Raum
begegneten. »Ich bin Janine Mayer .«
Sie trug ein flammenfarbenes Kostüm aus schwerer Seide, das gut zu ihrer
bronzefarbenen Frisur paßte und sich um ihre
eigenwilligen Kurven schmiegte, ohne sie im geringsten zu unterdrücken. Ihre Augen waren grau mit kleinen schwarzen Punkten und
blickten leicht arrogant drein, so wie auch alles andere an ihr leicht arrogant
wirkte.
»Wollen Sie sich
Weitere Kostenlose Bücher