Alantua
Zwist der Politik und sein hitziges
Gemüt zwischen uns standen, habe ich ihn doch irgendwann ... vor
langer Zeit ... sehr geliebt.
Alanwy
möge mir verzeihen. Ich konnte es einfach nicht tun. Nur Marta
und ich wissen es. Alaric starb nicht in jener Nacht. Ich verbannte
ihn aus Alantua für alle Ewigkeit. Und er gehorchte.
Marta
und ich nahmen ein Schwein aus der Speisekammer und nähten es
statt seiner in das schwarze Leichentuch. Es war der Tierkadaver, der
am nächste Morgen rituell verbrannt wurde, nicht Alaric...“
Den
Rest der Worte konnte ich nicht lesen. Tränen vernebelten mir
den Blick.
Anyún
legte einen Arm um meine Schultern. Es war unglaublich, welch mentale
Stärke sie mittlerweile besaß. Sie hatte sich von uns
allen am meisten verändert in den letzten Wochen. Was sie mit
Arthano angestellt hatte, war mir noch immer ein Rätsel. So
fragte ich sie einfach danach.
„In
jener Nacht“, begann ich vorsichtig. „Was hast du mit
Arthano gemacht?“
„Ich
entzog ihm seine Lebensenergie“, erklärte sie frei heraus,
als spreche sie über das Zubereiten eines Eintopfs.
„Woher
wusstest du, dass du diese Art der Magie besitzt und wie du sie
anwenden musst?“
„Rynion
hat es mir erklärt. Es war nicht besonders schwer ... Heilmagie
und Todesmagie ... sie gehören zusammen wie zwei Seiten einer
Medaille.“ Sie zuckte arglos mit den Schultern.
Ich
wischte meine leisen Tränen fort und sah ihr direkt in ihre
bernsteinfarbenen Augen. Das war nicht mehr meine kleine, unschuldige
Schwester. Sie hatte einen Teil Arthanos in sich aufgenommen. Oder
nur einen Teil seiner dunklen Magie? Dieser Umstand schien ihr nichts
auszumachen. Genau das beunruhigte mich.
Sie
wich meinem Blick aus und nahm sich das Buch der Königinnen
zurück.
„Lass
uns zum Hafen gehen. Die
Anjina
ist
sicher bereit zum Auslaufen.“
Eine
weitere Aufgabe lag vor uns.
***
Während
in Alantua das Ritual der Hohen Hochzeit traditionell auf der
Heiligen Insel inmitten des Goldsees stattfindet, hat man in Tallgard
den höchsten Berg des Landes dafür ausgewählt -
vermutlich, um den Göttern so nahe wie möglich zu sein.
So
standen wir in der Nacht vor dem Ritual am Fuße des Heiligen
Berges. Die Hohepriester Tallgards und Alantuas hielten brennende
Fackeln in den Händen.
Berenbarr
sah vollkommen aus: Groß, ein Krieger gekleidet in das einfache
weiße Gewand des göttlichen Bräutigams. Auf den
nackten Armen sah man die silbernen Ornamente, mit denen die Priester
ihn bemalt und geweiht hatten. Er war ein Krieger und ein König.
In seinen Augen jedoch erkannte ich die Unsicherheit eines einfachen
Mannes vor der Brautnacht. Viele Jahre kannte ich ihn schon. Nie
zuvor hatte ich ihn so nervös gesehen. Die Gefühle, die ich
vielleicht irgendwann einmal tief in mir für ihn gehegt hatte,
hatten sich gewandelt. Sie gehörten zu meinem alten Leben als
Leibwächterin. Dieses lag nun hinter mir.
Die
Hohepriester Tallgards in ihren einfachen zeremoniellen Gewandungen
standen hinter Berenbarr. Wir standen ihnen gegenüber. Aori, die
Hohepriesterin Alanwys, schritt vor.
„Es
sind nur noch wenige Stunden bis Sonnaufgang“, sprach sie
feierlich. „Berenbarr, König von Tallgard, Nachfahre der
Könige, in denen das Blut der Götter fließt, seid Ihr
bereit die alte Tradition zu erfüllen und Euren Platz an der
Seite der Göttin einzunehmen?“
Kurz
galt sein unruhiger Blick mir, bevor er das Knie und das Haupt vor
der Hohepriesterin beugte. „Hohepriesterin Alanwys, ich bin
bereit.“
„So
tretet hervor, Erbin der Götter.“
Und
aus unserer Mitte trat sie hervor. Sie war ebenfalls in das einfache
weiße Tuch gekleidet und ihre Haut war mit goldenen Ornamenten
bemalt. Der Vollmond schien auf ihre nachtschwarzes Haar. Malja Tyron
hatte nie schöner ausgesehen.
„Ich
bin bereit“, sprach sie mit fester Stimme.
Verwirrt
hob Berenbarr den Blick. Doch dann nickte er und lächelte.
„Kommt, meine Göttin, lasst uns den Weg nach oben
beschreiten.“
Während
die Priester ihren rituellen Gesang anstimmten, zelebrierten die
Erben der Götter Hand in Hand den Weg auf den Heiligen Berg, um
dort bei Sonnaufgang die Hohe Hochzeit zu vollziehen.
Ich
wartete, bis ihre Gestalten in der Nacht verschwunden waren, um mich
dann unauffällig aus unserer Gruppe zu lösen. Das Meer war
nicht weit. Dort, in der Nähe des Stegs, an dem die
Anjina
angelegt hatte, um uns nach Tallgard zu bringen, fand ich Ty. Er
stand mit dem Rücken zu mir, den
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