Alarm! Das Weiberschiff
sagte Bill Slingman dann versonnen, wenn er die Blicke der anderen sah. »Aber keine Silbe davon, bitte! Ich will auch nie mehr davon reden.«
Commander Nicholson blieb auf der Plattform zurück, während seine Mannschaft das Boot bestieg. Neben ihm stand Dr. Paul Blandy. Er hatte die Hände in die Uniformtasche gesteckt. In seinem Mundwinkel pendelte eine Zigarette. Er kannte jeden der dreihundert Männer, hatte sie gründlich untersucht und sich als Arzt gewundert, daß es überhaupt noch so kerngesunde Kerle wie diese hier auf der Welt gab.
»Was meinen Sie, Doc?« fragte Nicholson plötzlich.
Dr. Blandy klemmte mit den Zähnen seine Zigarette fester.
»Was soll ich meinen, Commander?«
»Nennen Sie mich Jack. Wir werden bald die besten Freunde sein, weil wir die meiste Arbeit an Bord haben werden. Schielen Sie mich nicht so an, Doc … ich bin kein Hypochonder.«
»Ich weiß, Sie können Nägel fressen und behaupten, es sei Spargel.« Oberarzt Dr. Blandy blickte auf die ins Boot hinabsteigenden Matrosen. »Jeder von ihnen ist eine bestens geölte, durchtrainierte, bis zur letzten Schraube kontrollierte Kampfmaschine. Sie haben wirklich die beste Mannschaft der Welt, Jack.«
»Sie wissen, was unsere Aufgabe ist, Doc?«
»Natürlich. Es klingt so schön, so menschlich, so engelhaft, so gottähnlich – suchen Sie sich aus, was Ihnen paßt, Jack – wenn man sagt: wir sind da, um den Frieden der Welt zu garantieren. Mit Atomraketen und Atomtorpedos an Bord, die – einmal abgefeuert – mondähnliche Zustände auf der Erde hinterlassen. Wie fühlen Sie sich dabei, Jack?«
»Ich bin Soldat, Doc.«
»Auch eine Antwort! Mehr kommt ihnen nicht in den Sinn?«
»Wissen Sie was Besseres?« Nicholson betrachtete den jungen Fähnrich z.S. Herbert Duff, der gerade seinen schweren Seesack mühsam über das Deck des U-Bootes schleppte. Ein lieber, netter Bursche mit einem sanften Kindergesicht. Es war ein Rätsel, wie so etwas aus der härtesten Schule der Welt kommen konnte, aus einer Schule, in der selbst Bullen wie Porter fast zerbrochen wären. Ich kenne sie alle, dachte Nicholson versonnen. Ich habe ihre Akten studiert, ihre psychologischen Tests gelesen, ich weiß von ihrer Stärke und ihren verborgenen Schwächen. Fähnrich Duff, ein Bündel verzweifelten Mutes, der nur des Nachts an seine Mutter schreibt: Mama, ich halte es nicht durch! Das hier ist die Hölle! Ich habe jeden Tag Angst vor dem, was am anderen Tag kommt. Mama, ich zerbreche …
Aber er zerbrach nicht, der kleine Duff … er stieg jetzt ins Luk und verschwand unter Deck der POSEIDON I.
»Lassen wir einmal das Geschwätz vom ewigen Frieden!« sagte Nicholson hart. »Da haben Sie recht, Doc! Mich bedrückt etwas anderes. Da gehen dreihundert Kerle wie doppelt geeiste Stahlfedern an Bord, jeder von ihnen überzeugt, daß auch dieses Jahr vorbeigeht. Das denken sie heute noch, weil sie gerade von ihren Frauen und Bräuten kommen oder gestern abend das Puff auf den Kopf gestellt haben. Auch der disziplinierteste Mann bleibt ein Mann, Doc.«
»Das meinen Sie?« Dr. Blandy lachte ungeniert. »Ist das Ihre einzige Sorge, Jack?«
»Es sollte Ihre Sorge sein, Doc! Auch Sie sind nicht jenseits von Gut und Böse. Sie stehen da wie ein Fels. Wie schwer sind Sie?«
»Gestern gewogen. Einhundertdreiundneunzig Pfund.«
»Auch Sie werden nach zwei Monaten Unterwasserfahrt von Weibern träumen. Nach sechs Monaten klemmen Sie ein Kissen zwischen die Beine, nach zwölf Monaten muß man alle Türen offen lassen, weil Sie sonst mit dem Kopf durch die Wand –«
»Jack!« Dr. Blandy lächelte nachsichtig. »Ich kenne Ihren blutigen Sarkasmus. Ich fahre seit zwölf Jahren zur See, und Sie noch länger.«
»Wir hatten immer Landgang, und überall gab es Weiber. Sie und ich haben noch nie ein Jahr – und das fast ausschließlich unter Wasser – ohne eine Frau hinter uns gebracht.«
»Ich habe Tabletten mit.« Dr. Blandy spuckte den Stummel seiner Zigarette aus. »Eine ganze Kiste voll. Tabletten, die dämpfend wirken auf das Zentrum im Gehirn, das befiehlt: Eine Frau her, und ran! Täglich eine Tablette ins Essen … das hilft.«
»Und nach einem Jahr sind wir Eunuchen, was? Wenn wir jemals Alaska nach der Untereisfahrt erreichen sollten, will ich mit meiner Mannschaft von Bord gehen, wie ich an Bord gegangen bin.«
»Für den Frieden in der Welt sollte man Opfer bringen, Jack«, sagte Dr. Blandy ruhig. Nicholson starrte ihn voller Bewunderung an. Auch er
Weitere Kostenlose Bücher