Alarm im Raubtierhaus
Zeit immer schwieriger geworden, sich nachts
heimlich zu verdrücken, und Gabys Vater hatte von Beruf wegen einen viel zu
leichten Schlaf.
Klößchen konnte es gar nicht erwarten,
dem mitternächtlichen Treffen aufzulauern. »Der nachtaktive Niebert! Den wollen
wir uns ansehen !« , kicherte er und rieb sich die
Hände.
Als Gaby ihn aber kopfschüttelnd an die
herumschleichenden Geparden erinnerte, war bei Klößchen gleich wieder Schluss mit lustig. Das hatte er ganz vergessen. Unter
diesen Umständen würde er heute Nacht keinen Fuß vor die Tür setzen. Auch Karl
schluckte bei dem Gedanken an die gefährlichen Raubkatzen.
Tim wollte aber nicht aufgeben: »Die
Geparden wurden ausreichend gefüttert. Die haben kein Interesse an uns. Stimmt’s Karl? Außerdem: Hat schon jemand einen Geparden in
der Stadt gesehen ?«
Allgemeines Kopfschütteln. Auch Karl
musste eingestehen, dass von satten Geparden eigentlich keine Gefahr ausging.
Zudem konnte und wollte er Tim nicht alleine gehen lassen. »Gut, ich komme mit .«
Klößchen und Gaby wollten zu Hause die
Stellung halten und jederzeit für die beiden erreichbar bleiben.
»Und womit wollt ihr euch bewaffnen ?« , fragte Gaby, der die Sache nicht ganz geheuer war.
Tim, Gaby und Karl sahen sich in
Klößchens Zimmer um. Hier lag zwar allerhand teures Zeug herum, aber bestimmt
keine geeignete Waffe.
Da setzte Klößchen ein Grinsen auf: »Ich
glaub, da hab ich was für euch...«
Es war kurz vor Mitternacht. Tim und
Karl lagen auf einem
kleinen Hügel auf der Lauer. In gespenstischer Stille ruhte der Friedhof in
kompletter Finsternis vor ihnen. Nur unzählige rote Grablichter schimmerten auf
dem weiten Feld. Die einzige elektrische Lichtquelle weit und breit war die
Straßenlaterne vor dem Haupttor zum Friedhof. Ihr schwacher Lichtkegel
beleuchtete nur einen kleinen Flecken Erde. Tim und Karl war etwas mulmig zumute, aber keiner der beiden wollte das vor dem anderen
eingestehen. Fest umklammerten sie ihre Notfallwaffen. Klößchens vornehmer
Herkunft hatten sie es zu verdanken, dass sie nicht ganz ungeschützt in die
Nacht hinaus mussten. In der Sauerlich-Villa gab es
zwei große Kamine. Klößchen hatte heimlich die zwei gusseisernen Schürhaken stibitzt. Sie waren vorne äußerst scharfkantig, robust und wie
gemacht für die Verteidigung gegen wilde Tiere. Angespannt lauschten Tim und
Karl auf die unheimlichen Geräusche und dachten an die
frei-gelassenen Geparden .
»Sind Geparden eigentlich auch
nachtaktiv ?« , fragte Tim so beiläufig wie möglich.
Karl runzelte die Stirn und flüsterte
zurück: »Geparden haben ganz erstaunliche Eigenschaften.
Sie gehören zur Familie der Raubkatzen,
zeigen aber dennoch auch Verhaltensmuster von Hunden auf.
So kommt es bei Geparden vor, dass sie
in Rudeln jagen. Das ist auch der Grund, warum man männliche Geparden auch in
Gruppen halten kann. Am besten geht das mit Geschwistern .«
Tim nickte, obwohl er nicht das Gefühl
hatte, dass damit seine Frage beantwortet war. »Also sehen Geparden jetzt im
Dunkeln oder nicht ?«
»Hab ich doch gesagt: Geparden gehören
zur Familie der Katzen. Und Katzen haben diese spiegelnde Schicht hinten im
Auge, das sogenannte Tapetum . Das funktioniert wie
ein Restlichtverstärker. Am Tapetum werden die
Lichtstrahlen reflektiert und passieren die Netzhaut im Auge ein zweites Mal.
Das heißt, dass Katzen in der Nacht viel, viel besser sehen können als
Menschen«
»Und wenn es stockdunkel ist ?« , hakte Tim nach, ohne seinen Blick vom Haupttor zu
nehmen.
»Ganz ohne Licht können auch Geparde
nichts sehen. Wo kein Restlicht ist, kann auch kein Restlicht verstärkt werden —
irgendwie logisch, oder? Das heißt: Sich dort unten bei der Straßenlaterne aufzuhalten,
ist weitaus gefährlicher als hier auf dem stockdunklen Hügel .«
Tims Augen weiteten sich. Er hatte
etwas gesehen. »Na, dann wünsche ich dem Herrn da unten mal viel Spaß !«
Aus einem Auto, das neben dem Haupttor
geparkt hatte, stieg ein Mann aus, betrat den Lichtkegel der Straßenlaterne und
schaute sich unruhig um. Karl hatte das Auto sofort erkannt.
»Dieter Niebert, unser Tierpfleger !« , flüsterte er. »Ich bin wirklich gespannt, wen der jetzt
erwartet !«
Es dauerte nicht lange, da hielt ein
zweites Auto in der Nähe des Haupttors. Ein Mann stieg aus, nieste und ging auf
Niebert zu. Der Mann trug einen langen Mantel und einen schwarzen Hut. Er
begrüßte den Tierpfleger. Sosehr sich Tim und Karl auch
Weitere Kostenlose Bücher