Alasea 05 - Das Buch der Entscheidung
Jahrhunderten hingearbeitet hat. Die Zerstörung der drei Wehrtore war ein Rückschlag, aber ein letztes Tor ist ihm geblieben, und damit gedenkt er sein Ziel zu erreichen.«
Elena erinnerte sich. Sie hatte selbst einige Zeit im Wehr verbracht und dabei gesehen, wie die vier Tore der Welt Energie entzogen. »Er will die Elementarenergie aus dem Herzen des Landes saugen. Aber warum?«
»Warum, warum, warum …« Harlekin drehte sich um und setzte sich die Narrenkappe wieder auf. »Das ist eine gute Frage. Du lernst rasch, mein Vögelchen. Warum also?« Er zuckte die Achseln und zwinkerte ihr zu. »Ich habe keine Ahnung. Aber dafür weiß ich die Antwort auf eine andere Frage.«
»Nämlich?«
Er erhob den Zeigefinger. »Nicht warum … sondern wo.«
Elena blinzelte verwirrt. »Wo?«
»Wo der Herr der Dunklen Mächte zu handeln gedenkt. Deshalb habe ich mich aus den schwarzen Hallen davongemacht, so schnell ich konnte. Ich weiß, wann er zuschlagen will beim nächsten Vollmond , und ich weiß auch, wo!«
Er’ril richtete sich auf. »Wo?«
Harlekin schaute zwischen ihm und Elena hin und her. »Könnt ihr euch das nicht denken?«
Er’ril legte die Hand auf das Heft seines Schwertes. »Genug der Fragen.«
»So spricht der wahre Krieger«, seufzte Harlekin. »Dank dieser Einstellung stehen wir jetzt hier. Hast du denn nicht zugehört? Man kann nie genug Fragen stellen.«
Elena saß ganz still. Das letzte Wehrtor, die Wyvern Statue aus Schwarzstein. Sie überlegte. Zum ersten Mal hatte sie die Figur in einer Kiste im Frachtraum eines Schiffes gesehen. Der Frachter war auf dem Weg … auf dem Weg nach … Endlich kam ihr die Erleuchtung. »O süße Mutter!« Sie keuchte laut auf. »Das Wyvern Tor ist auf dem Weg in meine Heimatstadt, nach Winterberg!«
Harlekin schüttelte traurig den Kopf. »Die Wahrheit ist leider noch schlimmer. Während ihr mit euren Plänen, Karten und Zeichnungen die Tage vergeudet habt, war das Schwarze Herz nicht müßig.«
»Was willst du damit sagen?« fragte Er’ril und legte Elena liebevoll die Hand auf die Schulter.
»Ich konnte einen Blick auf einen Brief von der Front werfen, einen Brief von Schorkan, dem Leutnant des Herrn der Dunklen Mächte.« Das Schellengeklingel hatte jetzt einen traurigen Ton. »Das Wehrtor ist nicht auf dem Weg nach Winterberg. Es ist bereits dort.«
2
Saag wan beugte sich tief über den Hals des schwarz geschuppten Seedrachen, der sich schräg legte und einen weiten Bogen beschrieb. Dunkelgrün wie der Tangwald wogte ihr Haar durch das Wasser. So dicht vor der Insel A’loatal war der Meeresboden über und über mit Korallenriffen, schwankenden Seeanemonen und dichten Tangbüscheln bedeckt. Schwärme von Flitzerfischen und phosphoreszierenden Kleinkrebsen flüchteten vor dem Riesendrachen. Saag wan zwinkerte mit den glasigen Innenlidern, um besser sehen zu können.
Weiter nach rechts, Ragnar’k, sendete sie ihrem Reittier.
Ich habe es entdeckt, Leibgefährtin … Halt dich gut fest …
Die schuppigen Hautfalten legten sich enger um ihre Beine. Diesmal fiel die Wendung so scharf aus, dass der Drache fast mit dem Bauch nach oben schwamm. Saag wan spürte den Druck des Wassers auf der bloßen Haut und die schwellenden Drachenmuskeln unter den Schenkeln. Vor ihren Augen rauschte der Ozean vorüber. Das alles weckte ein tiefes Glücksgefühl in ihr, das sich auf den Drachen übertrug, sich mit den Wahrnehmungen des Tieres mischte und wieder zu ihr zurückkehrte. Jetzt roch auch sie den Duft des Tangs, schmeckte die Blutspuren im Wasser, wo eben noch ein Hai sein Opfer gefunden hatte, und vernahm die vollen Stimmen der anderen Drachen draußen im tieferen Wasser, wo die gewaltigen Leviathane ihre Bahnen zogen.
Das Ziel kam in Sicht. Vor Saag wan schwebte eine große Schlammwolke im klaren Wasser. Das Elv’en Schiff unter dem Kommando von Meriks Kusine musste mit großer Wucht aufgeschlagen sein, um solche Mengen von Sand und Ablagerungen aufzuwirbeln. Lautlos bat Saag wan ihr Reittier, erst über der Unglücksstelle zu kreisen, bevor es das Schiff ansteuerte.
Der Drache glitt in einer flachen Spirale tiefer. Das Schiff steckte in einem Graben fest, sein Eisenkiel hatte es senkrecht in die Tiefe gezogen. Auf den Wellen schwammen nur ein paar Kisten, ein abgebrochenes Maststück und etliche Planken. Der Rumpf lag auf dem Meeresgrund.
Merik hatte eine Nachricht an die Mer’ai geschickt und sie um Hilfe gebeten. Saag wan, die mit Kast im Leviathan
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