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Alasea 05 - Das Buch der Entscheidung

Alasea 05 - Das Buch der Entscheidung

Titel: Alasea 05 - Das Buch der Entscheidung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clemens
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grinste hämisch. Seine Zelle hatte keine Wände mehr. Er konnte den Körper steuern, den er und sein Bruder bewohnten. Zum Beweis dafür setzte er Ferndals Fuß vorsichtig so, dass er über einen losen Stein stolperte. Sein Bruder fing sich, behänd wie er war, sofort wieder und lief weiter. Er war immer noch ahnungslos.
    Mogwied konnte sein Glück kaum fassen. Er war frei!
    Dieser seltsame Tag, an dem Mond und Sonne gleichzeitig den Himmel besetzt hielten, hatte die Trennung zwischen den beiden Brüdern aufgehoben. Es war nicht richtig Nacht, aber auch nicht richtig Tag. Sonne und Mond waren zugleich Herr über einen Himmel, so wie die beiden Brüder zugleich Herr über einen Körper waren.
    Doch nur ein Bruder war sich dessen bewusst. Und allen Geheimnissen, das hatte Mogwied längst erkannt, wohnte eine große Macht inne.
    Er lehnte sich in seiner Zelle zurück. Er konnte warten. Wenn der Zeitpunkt gekommen war, würde er seinen letzten Verrat begehen, und danach würde er wahrhaft frei sein.
    Er würde seinen Bruder doch noch los.
    Cassa Dar lag auf Burg Drakken in ihrem Bett. Sie war nur noch ein Schatten ihrer selbst. Die Verbindung zu ihrem Geschöpf weit im Norden so lange aufrechtzuerhalten war eine enorme Belastung für Körper und Geist gewesen. Ihre Haut war erschlafft, sie war blass, und ihr Atem ging in rasselnden Stößen. Doch das Schlimmste war, sie spürte, wie die Bande zu ihrem eigenen Land zerfaserten. Der Quell der Elementarkräfte war dabei, zu versiegen.
    Tag und Nacht kamen die Sumpfkinder in ihr Gemach, brachten ihr zu essen und labten sie mit Wasser und Wein. Doch gegen den Schwund an Energie war kein Kraut gewachsen. Sie hatte sich mit dem Kontakt über das große Gebirge hinweg zu sehr verausgabt.
    Sie schloss die Augen und trieb zwischen der Sumpffeuchte im Turm ihrer Burg und der schwülen Wärme der Grube hin und her. Sie wusste, dass sie bei diesem Unternehmen ihr Leben aufs Spiel setzte, aber die ganze Welt war in Gefahr. Sie wollte nicht einfach allein in ihrer Burg sitzen und auf das Ende warten. Jahrhundertelang hatte sie sich in ihren Sümpfen verkrochen und sich vorgegaukelt, mit den Geschöpfen ihres Landes ein erfülltes Leben zu führen. Die Welt jenseits ihrer Sümpfe und Moore war ihr erst wieder eingefallen, nachdem sie und Jaston sich gefunden hatten. Sie war aufgewacht, und nun konnte sie sich nicht länger verstecken. Der Herr der Dunklen Mächte hatte ihr Volk versklavt und sie in diesen einsamen Turm verbannt. Wenn dies die letzte Schlacht mit dem Ungeheuer war, dann würde sie sich gefährlich oder nicht rückhaltlos mit ganzer Kraft daran beteiligen.
    In ihrem Gemach lag sie schwach wie ein Säugling auf den Decken. Doch hoch im Norden schwang sie sich durch die Lüfte, der Wind zauste ihr das Haar, ihre Muskeln waren jung und kräftig und ihre Knochen fest und tragfähig. Sie glitt in silbrig schimmerndem Licht durch einen Tunnel.
    Sie kannte dieses Licht. Es war der Schein der reinen, unverseuchten Elementarenergie. Seit es die Glieder ihres Sumpfkinds umspielte, war die Verbindung zum ersten Mal seit dem Eintritt in die Nebelgrube nicht schwächer, sondern stärker geworden. Das Kind bewegte sich darin wie ein Fisch in einem klaren Bach.
    Über die Verbindung strömte die Energie auch zu Cassa Dar in ihrem Gemach. Langsam füllte sich die Leere in ihrem Inneren. Sie seufzte wohlig auf. Das Licht war von nie gekannter Reinheit. Tränen liefen ihr über die Wangen. Sie wusste, wohin sie flog; sie hatte in ihren Schriften davon gelesen. Vor ihr lag der Zusammenfluss der Elementarströme, die Vereinigung der Kanäle vom Nord und vom Südzahn. Es konnte nicht anders sein.
    Sie wurde von diesem Licht angezogen wie ein Insekt von einer Flamme. Ihr Innerstes verströmte. Die Vereinigung mit ihrem Sumpfkind wurde noch vollkommener. Ohne Zögern schoss sie durch den Gang in eine riesige Höhle. Hoch über ihr wölbte sich die Decke, unten lag der Boden wie eine tiefe Schale. Ein kugelförmiger Raum, herausgehauen aus dem Herzen des Granitmassivs. In der Schale unter ihr drehte sich, scharf abgehoben von dem schwarzen Granit, ein silbriger Strudel, der zwei unterschiedlich getönte glänzende Ströme miteinander verwirbelte. Das Gebilde erinnerte an das Nebelgewölk über der Grube, ein Trichter, der sich träge in die Tiefe schraubte.
    Sie ließ sich über das leuchtende Becken tragen. Es hatte einen Durchmesser von etwa einer Viertelmeile. Jenseits davon konnte sie

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