Alaska-Kid - V3
er sich, wie er sich durch die schneidende Kälte und durch schier unerträgliche Entbehrungen von solchem Ausmaß hindurchgekämpft hatte, daß ihm schien, sie hätten tausend Jahre oder noch länger gedauert.
Als der Morgen kam, saßen sie schon fest. Stine klagte, daß seine Finger erfroren wären, und Sprague tat die Nase weh, während die Schmerzen in Kids Wangen und Nase ihm zeigten, daß es auch ihn getroffen hatte.
Als das Tageslicht allmählich stärker wurde, erweiterte sich ihr Ausblick, und so weit sie überhaupt sehen konnten, war die ganze Oberfläche des Sees zu Eis geworden.
Das offene Wasser war verschwunden. Hundert Meter entfernt lag das Nordufer. Kurz behauptete, daß die Mündung des Flusses dort sein müßte und daß er offenes Wasser sehen könnte. Nur er und Kid waren noch imstande zu arbeiten. Mit ihren Riemen zerschlugen sie das Eis und schoben das Boot durch die so geschaffene schmale Rinne. Mit einer letzten Anspannung aller Kräfte gelang es ihnen, die Mündung des schnell strömenden Flusses zu erreichen.
Als sie sich umblickten, sahen sie mehrere Boote, die sich während der ganzen Nacht weitergekämpft hatten, jetzt aber hilflos und hoffnungslos festsaßen. Dann schwenkten sie um eine Landspitze und wurden von der Strömung erfaßt, die sie mit einer Schnelligkeit von sechs Meilen in der Stunde weitertrug.
Tag für Tag trieben sie den schnell strömenden Fluß hinab, und Tag für Tag rückte das Eisfeld von der Küste her näher. Wenn sie abends lagern wollten, mußten sie zuerst ein großes Loch in das Eis schlagen, in dem sie das Boot die Nacht über liegenlassen konnten, und dann das gesamte Lagergerät mehrere hundert Fuß weit über die Eisfläche bis zum Ufer tragen. Und morgens mußten sie wieder das Eis, das sich inzwischen um das Boot gebildet hatte, zerschlagen, bevor sie die eisfreie Strömung in der Mitte des Flusses erreichen konnten. Kurz stellte den kleinen Blechofen im Boot auf, und Sprague und Stine lungerten dann die endlosen Stunden, die sie den Fluß hinabtrieben, um ihn herum. Die beiden hatten sich völlig in ihr Schicksal ergeben. Sie erteilten keine Befehle mehr, und ihr ganzes Trachten ging nur darauf aus, Dawson zu erreichen. Kurz, pessimistisch und unermüdlich wie immer, grölte heiter mit kurzen Zwischenräumen drei Verszeilen von der ersten Strophe eines alten Liedes, von dem er sich sonst an nichts mehr erinnerte. Je kälter es wurde, um so eifriger und häufiger sang er:
»Wie den alten Argonauten Kann uns keiner heut verwehren Auszuziehen, tum - tum - tum, Um das Goldne Vlies zu scheren.« Als sie die Mündung der Hootalinqua und des Großen und des Kleinen Lachsflusses passierten, entdeckten sie, daß sich große Mengen Packeis in den Hauptarm des Yukon hineinschoben. Dieses Packeis staute sich um das Boot zusammen und hielt es fest, so daß sie jetzt sogar gezwungen wurden, es jeden Abend aus der vereisten Strömung herauszuschlagen. Auch morgens mußten sie sich dann wieder einen Weg durch das Eis bahnen, um das Boot in die Strömung zu bringen. Die letzte Nacht am Ufer verbrachten sie zwischen den Mündungen des Weißen Flusses und des Stewarts. Gegen Morgen sahen sie, daß der Yukon in seiner ganzen Breite von fast einer halben Meile wie ein weißes Band zwischen den vereisten Ufern lag. Da verfluchte Kurz das gesamte Weltall mit weniger überströmender Laune als sonst. Dann warf er Kid einen verzweifelten Blick zu. »Wir werden das letzte Boot sein, das dieses Jahr Dawson erreicht«, sagte Kid. »Aber es ist ja überhaupt kein Wasser mehr da, Kid.« »Dann müssen wir eben das Eis zerschlagen und Wasser schaffen. Nur los.« Sprague und Stine protestierten vergeblich - sie wurden ohne weiteres im Boot verstaut, während Kid und Kurz eine halbe Stunde lang mit den Äxten arbeiteten, um die schnell fließende, aber vereiste Strömung zu erreichen. Als es ihnen gelungen war, das Boot vom Küsteneis frei zu machen, wurde es vom Treibeis der Strömung einige hundert Meter weiter am Rand des Eisfeldes entlanggetrieben. Bei dieser Gelegenheit wurde der eine Dollbord abgerissen und das Boot selbst schwer beschädigt. Erst unterhalb der Landspitze, auf der sie die Nacht verbracht hatten und die sich weit in den Fluß hinausschob, gelangten sie richtig in die Strömung hinein. Jetzt arbeiteten sie sich immer tiefer in sie hinein. Aber es war schwerer als je, denn die Eissplitter hatten großen Schollen Platz gemacht, und das Treibeis, das es noch
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