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Alaska-Kid - V3

Titel: Alaska-Kid - V3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack London
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drohte Sprague.
    Da mischte Kurz sich hinein. Er hörte auf, das Eis abzuschlagen, und stellte sich hinter Sprague.
    »Jetzt schieß nur ruhig los«, sagte Kurz und schwang die Axt. »Ich sehne mich direkt nach einer Gelegenheit, dir den Schädel einzuschlagen. Nur los, laß das Festessen sofort beginnen.«
    »Das ist ja die reine Meuterei«, begann Stine. »Sie sind angestellt, um unseren Befehlen zu gehorchen.«
    Kurz wandte sich zu ihm.
    »Na, Sie kriegen auch Ihr Teil, wenn ich erst mit Ihrem Kompagnon fertig bin, Sie kleiner schweineprügelnder Schleicher.«
    »Sprague«, sagte Kid, »ich gebe Ihnen genau dreißig Sekunden, um das Schießeisen wegzustecken und den Riemen wieder aufzunehmen.«
    Sprague zögerte einen Augenblick, lachte hysterisch auf, steckte den Revolver in die Tasche und begann wieder zu rudern.
    Dann erkämpften sie sich abermals zwei Stunden lang, Zoll für Zoll, ihren Weg an den schaumgepeitschten Klippen entlang, bis Kid allmählich zu fürchten begann, daß er eine Dummheit gemacht hatte. Und da, als er schon an die Umkehr dachte, sahen sie unmittelbar vor sich eine enge Öffnung, die kaum zwanzig Fuß breit war und in einen kleinen Hafen führte, wo selbst die stärksten Windstöße kaum die Oberfläche des Wassers kräuselten. Das war der Hafen, den die Boote, die früher abgefahren waren, ohne zurückzukehren, ebenfalls erreicht hatten. Sie landeten an einem allmählich ansteigenden Ufer. Die beiden Chefs blieben ganz erschöpft im Boot liegen, während Kid und Kurz das Zelt aufschlugen, Feuer machten und zu kochen begannen.
    »Du, Kurz, was meinst du eigentlich mit dem Ausdruck "schweineprügelnder Schleicher"?« fragte Kid.
    »Der Deibel soll mich holen, wenn ich eine Ahnung habe, was es bedeutet«, lautete die Antwort, »aber das ist ja auch ganz schnuppe.«
    Der Wind, der schnell wieder abgeflaut war, legte sich bei Anbruch der Nacht völlig, und das Wetter wurde klar und kalt. Eine Tasse Kaffee, die zum Abkühlen beiseite gestellt und vergessen war, fanden sie wenige Sekunden später mit einer Eiskruste überzogen. Als Sprague und Stine sich gegen acht Uhr schon in ihre Decken gewickelt hatten und den Schlaf völliger Erschöpfung schliefen, kam Kid von einem Besuch beim Boot zurück.
    »Es friert jetzt, Kurz«, sagte er. »Es liegt schon eine Eisschicht über dem ganzen See.«
    »Was willst du tun?«
    »Es ist nur eins zu tun. Der See friert natürlich zuerst zu. Die reißende Strömung wird den Fluß jedenfalls noch einige Tage offenhalten. Von heute an muß jedes Boot, das noch im Le-Barge-See ist, bis nächstes Jahr dableiben.«
    »Du meinst also, daß wir schon heute nacht abfahren müssen?«
    Kid nickte.
    »Raus, ihr Langschläfer!« lautete Kurz' Antwort, die er mit gewaltiger Stimme brüllte, während er schon begann, das Zelt abzubrechen.
    Die beiden andern erwachten. Sie stöhnten, teils weil ihre überanstrengten Muskeln schmerzten, teils weil sie so brutal aus dem Schlaf der Erschöpfung herausgerissen wurden.
    »Wie spät ist es denn?« fragte Stine.
    »Halb neun.«
    »Aber es ist ja noch ganz dunkel«, wandte er ein.
    Kurz löste die Zeltschnüre, so daß das Zelt zusammenzufallen begann.
    »Es ist gar nicht Morgen«, sagte er. »Es ist immer noch Abend. Aber der See friert zu. Wir müssen durch.« - Stine erhob sich. Sein Gesicht zeigte Zorn und Empörung.
    »Laß ihn zufrieren. Wir rühren uns nicht vom Fleck.«
    »Schön«, erklärte Kurz. »Dann fahren wir eben allein mit dem Boot weiter.«
    »Sie sind angestellt...«
    »... um Sie nach Dawson zu bringen«, unterbrach ihn Kurz. »Und wir bringen Sie ja auch hin, nicht wahr?«
    Er verlieh seiner Frage einen besonderen Nachdruck, indem er das Zelt über ihren Köpfen zusammenstürzen ließ.
    Sie bahnten sich den Weg durch das dünne Eis des kleinen Hafens und gelangten in den See hinaus, wo das Wasser, das schon breiig und glasig wurde, am Riemen gefror. Es vereiste immer mehr, so daß die Bewegungen der Riemen behindert wurden, und wenn das Wasser von ihnen herabträufelte, bildeten sich lange Eiszapfen. Dann begann das Eis eine feste Decke zu bilden, und das Boot kam immer langsamer vorwärts.
    Später dachte Kid oft an diese Nacht, aber es gelang ihm nie, sich etwas anderes ins Gedächtnis zurückzurufen, als daß sie wie ein Nachtmahr gewesen war. Und er fragte sich unwillkürlich, welch furchtbare Leiden Stine und Sprague bei dieser Gelegenheit hatten durchmachen müssen. Als eines eigenen Erlebnisses erinnerte

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