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Alaska-Kid - V3

Titel: Alaska-Kid - V3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack London
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dreitausendfünfhundert Dollar nach Hause.
    »Es ist kein System«, erklärte Kurz bei einer ihrer Diskussionen während des Ausziehens. »Ich passe auf wie ein Schießhund; aber es ist mir nicht möglich, die Sache herauszufinden. Du spielst nie dasselbe Spiel zweimal. Du steckst nur den Gewinn ein, wenn du Lust dazu hast. Und wenn du nicht willst, tust du es absichtlich nicht.«
    »Vielleicht bist du jetzt der Lösung näher, als du denkst, Kurz. Manchmal muß ich eben auf Nummern setzen, die verlieren. Es gehört mit zum System.«
    »System - geh zur Hölle damit! Ich habe mich mit jedem erfahrenen Spieler in der ganzen Stadt unterhalten. Und sie sind sich alle wie ein Mann einig, daß es so was wie ein System nicht gibt.«
    »Und dabei tue ich doch nichts anderes, als es ihnen zeigen.«
    »Schau mal her, Kid.« Kurz beugte sich über die Kerze, um sie auszublasen, zögerte aber einen Augenblick. »Ich bin wirklich ärgerlich. Vielleicht denkst du, das hier sei eine Kerze... aber das ist es nicht. Und ich bin auch nicht ich. Ich wandere irgendwo herum, liege, in meine Decken gehüllt, auf dem Rücken und träume mit offenem Munde alles, was hier geschieht. Du bist es gar nicht, der zu mir spricht, sowenig wie die Kerze hier eine richtige Kerze ist.«
    »Das ist aber doch komisch, daß ich genau dasselbe träume wie du«, behauptete Kid.
    »Gar nichts ist komisch. Du bist ja ein Teil von meinem Traum, das ist die ganze Geschichte. Ich habe viele Männer im Schlaf reden hören. Und ich möchte dir etwas sagen, Kid: Ich beginne blöd und verrückt zu werden. Wenn dieser Traum noch lange andauert, werde ich mir zum Schluß die Adern aufbeißen und laut heulen.«

    Am sechsten Spielabend wurde der Höchsteinsatz im "Elch" auf fünf Dollar herabgesetzt.
    »Meinetwegen!« versicherte Kid dem Bankhalter. »Ich will heute abend wie immer dreitausendfünfhundert Dollar gewinnen, und Sie zwingen mich nur, etwas länger zu spielen. Ich muß nur auf doppelt so viele Gewinnummern halten wie sonst - das ist alles.«
    »Warum können Sie nicht ebensogut einen andern Tisch unsicher machen?« fragte der Bankhalter ärgerlich.
    »Weil mir dieser besonders sympathisch ist!« Kid warf einen Blick auf den prasselnden Ofen, der nur einige Schritte von ihm entfernt stand. »Außerdem zieht es hier nicht. Es ist so schön warm und behaglich hier.«
    Als Kurz am neunten Abend den Goldstaub nach Hause getragen hatte, bekam er einen Anfall.
    »Ich bin fertig, Kid, durch und durch fertig«, begann er. »Ich weiß, wann ich genug bekommen habe. Ich träume tatsächlich nicht! Ich laufe vollständig wach und mit weit offenen Augen herum. Es gibt kein System, und doch hast du eins. Die ganze Rechenkunst kann sich zu Bett legen. Der Kalender kann sich begraben lassen, mit oder ohne Predigt. Die ganze Welt ist verrückt geworden. Es gibt nichts mehr, das Regel und Einheitlichkeit heißt. Das große Einmaleins kann dahin gehen, wo der Pfeffer wächst. Zwei ist acht, und acht ist elf, und zweimal zwei ist achthundertsechsundvierzig, und... noch eineinhalb dazu. - Eins ist das andere, und nichts ist alles, und zweimal alles ist Hautcreme, Milchfieber und ausgestopfte Kattunpferde. Du hast ein System gefunden! Mit deinen Zahlen schlägst du alle andern Zahlen. Was nicht ist, ist doch, und wenn es nicht ist, muß es sein. Die Sonne geht im Westen auf, der Mond ist eine Goldader, die Sterne sind aus Rindfleisch gemacht. Skorbut ist ein Segen Gottes, wer stirbt, spukt; die Berge schwimmen, Wasser ist Gas, und ich bin nicht ich, und du bist irgend jemand anders als du, und vielleicht sind wir überhaupt Zwillinge, wenn wir nicht Bratkartoffeln in spinatgrüner Soße sind! - Weck mich auf, lieber Freund, weck mich, wer will! Wenn ich nur wach werde!«

    Am nächsten Morgen kam Besuch in die Hütte. Kid kannte den Herrn - es war Harvey Moran, der Inhaber aller Spieltische im "Tivoli". Es lag etwas wie eine Bitte in seiner tiefen, barschen Stimme, als er auf das Geschäftliche zu sprechen kam.
    »Die Sache ist die, Kid«, begann er. »Sie haben uns alle aus dem Häuschen gebracht. Ich vertrete neun andere Spieltischbesitzer, also alle Konzessionsinhaber hier in der Stadt. Wir begreifen es einfach nicht. Wir wissen alle, daß es nie ein System gegeben hat, das etwas gegen das Roulett ausrichten konnte. Alle mathematischen Sachverständigen an den Universitäten haben dasselbe gesagt. Sie sagten, daß das Roulett an sich ein System sei, das einzige System, das

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