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Alaska

Titel: Alaska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Albert Michener
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Pulver und eine Kugel, um ihm vorzuführen, wie das alte Gewehr zu handhaben war.
    Der Matrose bereitete alles vor und zeigte dann, wie man das Gewehr anlegte, den Zeigefinger um den Abzug spannte und die Kugel abfeuerte. Man sah eine Stichflamme, als das überschüssige Pulver verbrannte, vernahm einen schwachen Knall vom Ende des Laufes her und ein leichtes Blätterrauschen, als sich die harmlose Kugel ihren Weg durch die Baumkronen unterhalb des Berges bahnte. Der Toion, der noch nie ein Gewehr in der Hand gehalten hatte, war begeistert - Kot-le-an und Rabenherz, die fast fünfhundert neue erstklassige Büchsen in ihrem Versteck aufbewahrten, hatten dafür nur ein mitleidiges Lächeln übrig.
    Am Ende jedoch schien der besonnene Baranov einen Sieg davonzutragen, denn als Gegengeschenk für diese eindrucksvolle Gabe überließ ihm der Toion fünfzehn Tlingits, die in die Festung ziehen und fortan die Aufsicht über die Aleuten führen sollten, beim Fangen und Trocknen der Lachse, die zu Tausenden in den im Norden verlaufenden kleinen Fluss strömten. Kot-le-an, wütend über diese törichte Kapitulation vor den Schmeicheleien der Fremden, errang gleichwohl einen Vorteil: Es gelang ihm, in diese Gruppe, die vorübergehend für die Russen arbeiten sollte, seinen Gefährten Rabenherz einzuschleusen, so dass Baranov, als er mit den erfahrenen Lachsfischern in seine Festung zurückkehrte, auch einen Spion von außergewöhnlicher Beobachtungsgabe und Klugheit mit hereinließ.
    In der Festung versah Rabenherz denselben Dienst wie die anderen Tlingits auch, er stand an der Flussmündung knietief im Wasser mit einem geflochtenen Wasserschöpfer, den er in die wimmelnde Menge fetter Lachse tauchte, wenn sie in ihr Heimatgewässer zurückkehrten, um zu laichen und eine neue Generation aufzuziehen. Sie strömten aus dem Salzwasser in eine Art blindem Gehorsam, wohlgeordnet hintereinander, fünfzig bis sechzig in einer Reihe nebeneinander, so dass während dieser paar Tage an jeder Stelle der Flussmündung Tausende von Fischen vorbeischwammen, getrieben einzig von dem Wunsch, in das Frischwasser zurückzukehren, in das sie Jahre zuvor hineingeboren worden waren.
    Selbst ein Blinder mit einem zerrissenen Netz hätte an dieser Stelle Lachse fangen können, und nachdem Rabenherz und seine Kameraden Tausende der Tiere ans Ufer geworfen hatten, zeigten sie den Russen, wie man die Weibchen, reich mit Fischlaich, erkennen konnte, wie man die Fische ausnahm und sie zum Trocknen in der Sonne zubereitete. Baranov sah, wie schnell und in welchem Überfluss sich die Nahrungsspeicher füllten, und versicherte den Russen: »In diesem Winter wird niemand verhungern.«
    An den Abenden, wenn die Arbeit getan war und die Tlingits sich selber überlassen waren, nutzte Rabenherz seine freie Zeit, sich Einzelheiten der Festung einzuprägen. Er sah, dass die Anlage aus zwei Komplexen bestand: zum Inland hin aus einem Blockhaus, das sich mit seinen festen Geschützstellungen und Feuerluken gut verteidigen ließ, und nach vorne hin aus einer Ansammlung kleinerer Gebäude ohne besondere Verteidigungseinrichtungen. Er schloss daraus, dass diese Hütten und Schuppen im Falle eines Angriffs geopfert werden Und sich die Angegriffenen in die eigentliche Festung, das Blockhaus, zurückziehen sollten, an dessen Rückseite sich, dem Meer abgewandt, ein riesiger rechteckiger Innenhof anschloss , umgeben von einer über einen halben Meter dicken Mauer. In diese Festung einzudringen und sie zu erobern würde einem Feind nicht leichtfallen.
    Je länger er jedoch Gelegenheit hatte, die Schanze auszuspionieren, desto deutlicher sah er, dass ein entschlossener Angriff, bei dem man zuerst auf die vorgelagerten Gebäude losgehen musste , ohne sie zu zerstören, dann das Blockhaus stürmte, durchaus erfolgreich sein könnte, wenn sich ein Weg finden ließ, in den eingeschlossenen hinteren Innenhof einzudringen, denn dann konnten die Angreifer sich an das Zentrum der Schanze heranmachen, im Schutz der Gebäude, die die Russen selbst zu diesem Zweck errichtet hatten.
    Als in den letzten Septembertagen die Lachssaison zu Ende ging, wurden die Tlingits wieder zurückgeschickt mit der Abmachung, dass man sie im nächsten Jahr nicht mehr brauchte, da Russen und Aleuten im Fang und der Haltbarmachung der wertvollen Fische jetzt geübt wären. Vierzehn Tlingits kehrten lediglich mit der Erinnerung an einen, einigermaßen angenehmen Aufenthalt auf der Schanze nach Hause zurück,

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