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Alaska

Titel: Alaska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Albert Michener
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stehen sollte, in St.-Michael-Schanze, und Sitkas goldenes Zeitalter hatte begonnen.
     
    Als Kot-le-an und sein Gefährte Rabenherz die russische Flotte vor ihrem Hügel an der Südseite der Bucht vorbeiziehen sahen, war ihr erster Gedanke, sofort alle Krieger der Tlingits zu vereinigen und das Nötige zu veranlassen, um die Eindringlinge, in welcher Absicht sie auch immer gekommen sein mochten, an der Landung zu hindern. Kot-le-an machte erste Schritte, den Plan in die Tat umzusetzen, als zum ersten Mal die besondere Beziehung zu seinem Gefährten deutlich wurde, die ihr Schicksal für den Rest ihres Lebens bestimmen sollte. »Sag mir, was ich tun soll«, bat er Kot-le-an, und mit dieser Äußerung deutete er an, dass er bereit war, jeden Befehl auszuführen, jederzeit, auch wenn er sein Leben dabei aufs Spiel setzte, denn, wie er sich ausdrückte: »Ich bin bereits tot. Das Holz liegt schwer auf meinem Hals. Ich atme nur zu deinem Gefallen.«
    »So soll es denn sein«, sagte der junge Häuptling. »Zuerst versuche, ihre Stellung und ihre Stärke herauszubekommen.«
    Sich immer im Wald versteckt haltend, legte Rabenherz die Wegstrecke zur St.-Michael-Schanze zurück und richtete sich einen Beobachtungsposten ein, von dem aus er genau feststellen konnte, mit welcher Stärke die Russen angerückt waren: drei Schiffe, nicht so robust wie die »Evening Star«, aber mit sehr viel mehr Besatzung als die Amerikaner, insgesamt etwa eintausend Menschen, wobei auf zehn Menschen ein Russe kam. Aber wer mochten die anderen sein? Er sah sie sich genau an und überlegte, dass es keine Tlingits sein konnten, auch keine Angehörigen aus einem befreundeten Stamm: Sie sind kleiner, dunkelhäutiger. Sie tragen einen Knochen in der Nasenwand, und manche haben auf dem Kopf diesen merkwürdigen Hut. Dann fielen ihm noch zwei andere wichtige Merkmale auf, die er zu schätzen wusste : Sie verstehen was von Bootsbau, und keiner von unseren Leuten ist so geschickt im Paddeln wie sie. Er musste anerkennen, dass diese kleinen Menschen bei einem Kampf zu Wasser ernstzunehmende Gegner sein würden.
    Es müssen Koniags sein, schloss er. In den vergangenen Jahren hatte sich auf den Inseln das Gerücht verbreitet, dass die Männer von Kodiak gute Krieger seien, die man möglichst meiden sollte, aber bevor Rabenherz Kot-le-an berichtete, was er gesehen hatte, wollte er sich erst noch einen genaueren Überblick verschaffen. Eines Nachts, als kein Mond schien, schlich er sich nahe an den Graben heran, den man als Grund riss für die Festung ausgehoben hatte, als plötzlich in der Dunkelheit einer der Arbeiter herauskam.
    Mit einem Sprung stand er hinter ihm, presste eine Hand vor dessen Gesicht, zerrte den Mann hinter einen Baum, wo er ihm eine Handvoll Fichtennadeln ins Maul stopfte und ihn mit Riemen aus Muskelsehnen fesselte. Er setzte sich auf ihn drauf, wartete die Dämmerung ab, warf ihn sich dann wie ein Bündel Pelze über die Schultern und marschierte zurück nach Sitka. Diejenigen, denen die Sprachen der Beringsee -I nseln vertraut waren, erkannten in dem Arbeiter einen Aleuten, und als sie ihn ausfragten, erfuhren sie, dass er auf der Insel Lapak geboren, aber als Sklave nach Kodiak verschleppt worden war. Außerdem verriet er ihnen noch, dass alle Nichtrussen auf der St.-Michael-Schanze Aleuten waren. Als man ihn fragte: »Arbeitet ihr gern hier?«, gab er zur Antwort: »Es ist besser als auf den Robbeninseln.«
    Kot-le-an und Rabenherz kamen zu der Überzeugung, dass ein geschlossener Angriff gute Aussichten bot, die Russen zu vertreiben, denn, wie der Häuptling hervorhob: »Es wäre schwierig, wenn die anderen alle aus Kodiak wären, aber dem Stamm der Aleuten sind wir im Kampf überlegen.« Der Angriff wäre gestartet worden, nur musste Kot-le-an zu seinem Erstaunen erfahren, dass der neue Toion, ohne die Krieger seines Stammes darüber beraten zu lassen, mit den Russen nicht nur einen Friedensvertrag ausgehandelt, sondern ihnen obendrein sogar noch ein Stück Land neben der sich ausweitenden Festung verkauft hatte.
    Voll Zorn über diese feige Unterwerfung vor einer Macht, die er als tödliche Bedrohung der Tlingits einschätzte, versammelte Kot-le-an alle um sich, die wie er verärgert über die förmliche Einladung an die Russen waren, sich in die alten Sitten und Gebräuche einzumischen, und er hielt eine flammende Rede:
    »Wenn die Russen ihre Festung erst einmal ausgebaut haben, sind wir Tlingits dem Untergang geweiht. Ich kenne

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