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Alaska

Titel: Alaska Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Albert Michener
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aber Rabenherz hatte beim Abschied einen vollständigen Plan, wie sich die Feste einnehmen ließ. Sofort begab er sich zu Kot-le-an, und die beiden Männer zeichneten Karten, auf denen sie die russische Anlage eintrugen - und auch wie man sie zerstören konnte.
    Im Sommer des Jahres 1800, zwölf Monate nachdem die Russen mit dem Bau der St.-Michael-Schanze begonnen hatten - Rabenherz war durch sein Ausspionieren gewarnt worden, dass die Festung mittlerweile auf sehr kunstvolle Weise erweitert worden war und schneller als erwartet ihrer Vollendung entgegensah -, ließ Baranov, zur Überraschung aller, eines seiner Schiffe mit Pelzen beladen, Segel setzen und begab sich nach Kodiak, wo seine Frau Anna und sein Sohn Antipatr in einem großen Holzhaus warteten. Er war mit der Erwartung nach Kodiak abgesegelt, dort die vom russischen Festland herübergeschickten Vorräte einzuladen, musste aber bei der Landung die traurige Nachricht erfahren: »In den letzten vier Jahren ist kein einziges Schiff hier angekommen. Wir verhungern.« So wurde seine Sorge um den Außenposten auf Sitka zunächst also verdrängt durch eine Sorge ganz anderer Art, die ihn in Alaska aber sein ganzes Leben lang bedrängen sollte: Wie soll ich die Macht dieser Kolonie erweitern, wenn das Mutterland uns keine Beachtung schenkt, ja, uns vergisst ?
    Wurde Baranov länger in Kodiak festgehalten, konnte der neuen Niederlassung in Sitka von dort aus keine Hilfe geschickt werden, und im Sommer des Jahres 1801, so vermuteten Kot- le-an und Rabenherz, würden die Russen so geschwächt sein, dass sie nicht mehr in der Lage wären, sich zu verteidigen. Gerade als die Tlingits Vorbereitungen für ihren Angriff treffen wollten, fuhr die »Evening Star«, das Handelsschiff aus Boston, auf der Rückreise von Kanton in den Sund ein, und während es bei allen vorausgegangenen Besuchen immer in der Nähe des Berges angelegt hatte, um mit den Tlingits zu handeln, segelte es diesmal vorbei, als erkannte es von nun an in der russischen Festung den wichtigeren Partner. Vor Wut schäumend, musste Kot-le-an sich der Erniedrigung aussetzen, sein Boot zu besteigen und im Kielwasser hinter dem Handelsschiff herzurudern, als erbitte er eine Gnade, und dann im Sund zu warten, bis die Amerikaner mit den Russen handelseinig geworden waren. »Man hat mich zu einem Fremden in meinem eigenen Land gemacht«, sagte der junge Häuptling wutschnaubend zu Rabenherz, der die erzwungene Untätigkeit zu ihrem Vorteil nutzte und seinem Anführer die einzelnen Schritte erläuterte, die nötig waren, um den Angriff auf die Schanze zu beginnen. Dass er stattfinden würde, daran zweifelten die beiden Männer nicht.
    In jenem Jahr aber, 1801, wurde nicht angegriffen, denn durch die Lieferung der »Evening Star« kamen die etwa vierhundertfünfzig Russen, die die Festung jetzt besiedelten, wieder zu Kräften, und ein Überfall wäre nicht ratsam gewesen. Bei ihrer Ausfahrt aus der Bucht hielt die »Evening Star« doch noch bei den Tlingits an, und Kapitän Corey und der Erste Offizier Kane bewiesen ihre grundlegende Freundschaft zu den Indianern, indem sie die beiden in eine Ecke des Frachtraums führten, wo sie, vor den Augen der Russen versteckt, die Güter aufbewahrten, die die Tlingits eigentlich begehrten, Rumfässer und flache Holzkisten, gefüllt mit Gewehren, ursprünglich in England gefertigt und dann nach China verschifft.
    »Das Beste haben wir uns bis zum Schluss aufgehoben«, versicherte Corey den Indianern, und wie schon einmal durchstöberte Rabenherz all die kleinen, in der Küstenregion verstreuten Ansiedlungen und brachte eine immer noch ansehnliche Menge Otterpelze zusammen. Nachdem der Handel getätigt war, trafen sich Corey und Kane noch einmal mit Kot-le-an auf dem Berg, und als sie bei einer Flasche Rum zusammensaßen - die Amerikaner tranken nur wenig, füllten aber den Tlingits unentwegt nach -, bemerkte Corey: »Wäre es nicht sinnvoller, die beiden Siedlungen zusammenzulegen; wenn Russen und Tlingits zusammenarbeiteten?«
    »In Boston«, fragte Kot-le-an, erstaunlich scharfsinnig, »arbeitet ihr da mit euren Tlingits zusammen?«
    »Nein. Das wäre nicht möglich.«
    »Hier ist es auch nicht möglich«, und Corey, sich noch einmal die große Anzahl Gewehre vergegenwärtigend, die er an die kriegerischen Tlingits verkauft hatte, warf seinem Ersten Offizier einen Blick zu und zuckte in einer kaum merklichen Geste, die nur Kane wahrnehmen konnte, mit den Schultern, als

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