Alaska
sie zu einer Ware von größter Bedeutung.
»Ich will alle haben«, sagte Kot-le-an, und nachdem das übersetzt war, gab Corey zu bedenken: »Nur gegen Seeotterpelze.«
Nachdem auch der Einwand übersetzt war, konnte sich Kot-le-an nicht länger beherrschen. Wütend stampfte er mit seinen Mokassins auf und schrie: »Sag ihm, wir haben genug Männer, uns die Gewehre zu holen!« Aber noch bevor Rabenherz zu Wort kam, griff Corey den Heerführer am Arm, zerrte ihn herum, damit er die vier Kanonen auf der Backbordseite sehen konnte, die auf die Hütten oben am Hang gerichtet waren, und die vier auf der Steuerbordseite, die man herumdrehen konnte. »Sag ihm«, rief er barsch, » dass wir vorne und achtern auch noch zwei haben, insgesamt zehn.«
Eine Übersetzung war nicht erforderlich, denn Kot-le-an wusste , was Kanonen anrichten konnten. Vor einem Jahr hatte ein englisches Schiff, dessen Besatzung mit den Tlingits vom Festland in Streit geraten war und bei einem Handgemenge einen Matrosen verloren hatte, aus Vergeltung das Dorf beschossen, bis nur noch ein einziges Haus stehengeblieben war, und Kot-le-an wusste auch, dass amerikanische Walfänger noch schneller als andere Rache übten. Er unterwarf sich also der Übermacht Kapitän Coreys und gab Rabenherz die Anweisung, ihm zu übersetzen: »Sag ihm, in fünf Tagen soll er seine Otterpelze bekommen.«
Corey salutierte nach dieser Meldung, als wäre Kot-le-an der Botschafter einer souveränen Macht, die Tlingits zogen sich zurück und bei dem Abschied versicherte ihnen der Erste Offizier Kane: »Wir werden fünf Tage w arten.« Schon nach einer Stunde konnten die Amerikaner beobachten, wie zahlreiche kleine Boote durch den Sitka-Sund fuhren, auf entlegenere Siedlungen zu, und während der folgenden Tage sahen sie sie zurückkehren, tiefer im Wasser liegend als beim Auslaufen.
»Wir kriegen Otterpelze, viele, sehr viele«, versicherte Corey seinen Männern, aber als er sich von Bord begeben wollte, gab er Kane den Befehl: »Richten Sie eine Hälfte der Kanonen auf den Hügel, die andere auf die Küste, so dass Kot-le-an es sehen kann, und halten Sie die Männer in Bereitschaft.« Als Kot-le-an die Vorbereitungen sah, war er überzeugt, dass ein Überraschungsangriff von seiner Seite keinen Erfolg haben würde, aber er wusste auch, dass die Amerikaner, die den weiten Weg von Boston hierher unternommen hatten, nicht mit einem leeren Frachtraum zurücksegeln konnten. Sie wollten ihre Pelze so dringend, wie er die Gewehre brauchte, und mit dieser nüchternen Einschätzung ging er in den Tauschhandel.
Schon zwei Tage nachdem die »Evening Star« in Sitka abgelegt hatte, mit Otterpelzen an Bord, die ein Vermögen wert waren und die in Kanton doppelt so viel wie erwartet einbringen sollten, bestätigte sich, wie weise die Voraussicht Kot-le-ans war. Eine kleine Armada, russische Schiffe und aleutische Kajaks, drang in die Bucht ein, passierte dreist den Hügel, wo die ansässigen Tlingits siedelten, und schlängelte sich 12 Kilometer weiter nördlich, bis sie an eine Stelle kam, die fast vollständig von schützenden Bergen umschlossen war und wo die Besatzungen mit der Entladung von Baumaterial zur Errichtung eines großen Handelspostens begannen.
Die Armada, angeführt von Hauptverwalter Alexander Baranov, war nicht unbedeutend, denn sie brachte einhundert Russen, ein paar Frauen und etwa neunhundert Aleuten nach Sitka. Ihr erklärtes Ziel war es, hier die Hauptstadt von Russisch-Amerika zu gründen, von der aus man das Festland nördlich von Kalifornien unter russischen Besitz nehmen und erschließen wollte. Am 8 . Juli 1799 führte Baranov seine Leute an Land, und neben einen träge sich dahinwindenden Fluss pflanzte sein Gehilfe Kyril Zhdanko die russische Fahne in den Lehmboden. Dann bat der Verwalter Pater Vasili Voronov, der ihn begleitet hatte und der neuen Hauptstadt als Ratgeber in geistigen Dingen dienen sollte, Gott zu danken, dass sie die weite Reise von Kodiak aus heil überstanden hätten. Nach dem Gebet, zu dem der kleine pummelige Vertreter der russischen Krone seine Kopfbedeckung abgenommen hatte, wischte er sich über die Glatze und erklärte: »Mit dem herannahenden Ende des alten Jahrhunderts und dem Aufziehen eines neuen, voller Versprechen, lasst uns unsere ganze Kraft auf die Errichtung einer herrlichen Stadt verwenden, zum Ruhme und zur Ehre eines zukünftigen Russisch-Amerika.«
Dann taufte er mit lauter Stimme die Festung, die dort einmal
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