Alaska
Täler aus. Um einiges später rückten im Süden Gletscher gegen die Alaskakette vor, und noch heute gibt es in den im äußersten Süden gelegenen Regionen Eisfelder, auf denen sich Gletscher vorschieben. Dauerniederschlag, von pazifischen Winden herübergetragen, hält die Eisfelder schneebedeckt, der Schnee stapelt sich, und es bildet sich Eis - so wie bei den ersten Eisfeldern Alaskas.
Der überwiegende Teil Alaskas jedoch blieb von den Gletschern verschont: Nördlich der Brookskette gab es keine, in dem riesigen Mittelabschnitt, zwischen den Bergzügen, gab es ebenfalls keine, und sogar in der südlichen Region gab es vereinzelte gletscherfreie Stellen. Insgesamt waren höchstens dreißig Prozent des Gebietes mit Eis bedeckt.
Die späteren Eiszeiten dagegen hatten für Alaska dramatischere Folgen als alles, was in Amerika geschehen war, und zwar aus einem Grund, der sehr einleuchtend ist, wenn man ihn sich einmal klargemacht hat. Wenn weite Teile Nordamerikas von einer Eisdecke überzogen werden sollen, die 1 . 600 Meter dick geraten soll, dann muss das gebundene Wasser ja irgendwo herkommen, und aus dem Weltall, auf irgendeine mysteriöse Weise, kam es ganz sicher nicht. Es landete nicht von außen auf der Erdoberfläche, es konnte nur aus dem schon bereits vorhandenen Wasservorrat stammen, also aus den Ozeanen. Folgendes ist passiert: Trockene Winde, die über den Ozean fegten, peitschten das Wasser hoch, das dann jenseits der hohen Breitengrade als Regen und auf die Pole zu als Schnee niederfiel. Wenn es sich dann zu Eis zusammenpresste , begann sich dieses auszudehnen und bislang trockene Landstriche zu bedecken, wodurch mehr und mehr der einströmenden Feuchtigkeit als Schnee niederfiel. Der wiederum vergrößerte die schon bestehenden Gletscher, und es entstanden neue.
In der jüngsten Periode, mit der wir uns beschäftigen, hielt dieser Wasserabzug Tausende von Jahren an, bis die Schneefelder ins U nermeßliche angewachsen und die Ozeane fast erschöpft waren. Als der Mangel am schlimmsten war, vor nur etwa zwanzigtausend Jahren, lag der Wasserspiegel der Weltmeere, aller Weltmeere, über 90 Meter niedriger als der heutige. Die Küstenlinie der amerikanischen Bundesstaaten entlang des Atlantischen Ozeans verlief um einige Kilometer weiter östlich, große Teile des Golfs von Mexiko waren trocken, Florida war keine Halbinsel, und Cape Cod war auch kein Kap.
Die Karibischen Inseln waren zu ein paar riesigen Inseln verschmolzen, und die Küstenlinie Kanadas war überhaupt nicht zu erkennen, denn sie lag unter der Eisschicht begraben.
Das rasante Absinken des Wasserspiegels der Weltmeere hatte zur Folge, dass Länder, die vorher auseinanderlagen, durch Landengen, die das Wasser jetzt freigab, miteinander verbunden waren. Australien war an die Antarktis festgewachsen - durch so eine aufgetauchte Landverbindung Ceylon an Indien, Zypern an das westliche Asien und England an das europäische Festland. Die spektakulärste Verbindung jedoch war die zwischen Alaska und Sibirien, denn zwei Kontinente wurden so zusammengebracht, und Tiere und Menschen konnten von einem zum anderen ziehen. Es war auch die einzige Verbindung, die einen eigenen Namen erhielt, Wissenschaftler tauften sie »Beringia«, das verlorene Land der Beringsee.
Der Begriff Landbrücke, den die Geographen als Bezeichnung für dieses Phänomen der wiederaufgetauchten Landverbindungen erfanden, ist sicher unglücklich gewählt, denn das Bild, das durch das Wort Brücke vermittelt wird, ist irreführend. Die Verbindung zwischen Alaska und Sibirien war keine Brücke im eigentlichen Sinn, ein enges Gebilde, das man überqueren konnte; vielmehr war es ein freigelegter Meeresboden, der sich von Ost nach West etwa 100, von Süden nach Norden aber fast 1 . 000 Kilometer weit erstreckte. Die breiteste Stelle entsprach ungefähr der Entfernung von Paris nach Kopenhagen. Sie war viermal so breit wie Zentralamerika, von einer Küste zur anderen, und ein Mensch, der sich in die Mitte stellte, konnte wohl kaum den Eindruck haben, dass er sich auf einer Brücke befand, sondern eher auf einem wirklichen Kontinent. Dieser Korridor übte eine anziehende Wirkung aus, und damit kann die Geschichte der Besiedlung Alaskas beginnen. Fangen wir mit den ersten Einwanderern an.
Vor etwa 38 5 . 000 Jahren, als die Weltmeere und Kontinente bereits die Positionen eingenommen hatten, in der sie sich noch heute befinden, war die Landbrücke von Asien geöffnet, und ein
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