Eliteeinheit Luna Port
1.
Mit zaghafter Bewegung zeichnete seine Hand einen fiktiven Strich in die eiskalte Luft.
Er lag schwerverwundet auf dem vereisten Fels. In seinen Augen spiegelte sich der Kampf mit dem entfliehenden Leben wider. Er suchte jemand; aber ich konnte nicht mit Bestimmtheit sagen, ob ich dieser Jemand war.
Ich hatte ihn genau im zehnfach vergrößernden Visier eines Maschinenkarabiners, der in den höchsten Regionen des asiatischen Trans-Himalaja ebensowenig Existenzberechtigung hatte wie ich. Hier gehörten weder ein weißhäutiger Mensch noch eine amerikanische Waffe hin.
Vierzig Meter hinter mir lag Hannibal. Seine kleine Gestalt in dem heizbaren Tarnanzug verschwand in der wilden, glitzernden Einöde des Kangdikar-Massivs.
Rund sechstausenddreihundert Meter hoch erhob sich der vereiste Gipfel des Riesenberges in den frostklaren und trotzdem düsteren Himmel. Nichts schien uns hier freundlich gesinnt zu sein. Die feindliche Natur war allgegenwärtig. Man konnte ihr nicht so leicht entfliehen.
Wir befanden uns in einer Höhe von fünftausendzweihundert Meter; dicht unter dem Gipfel, der teilweise von dunstigen Wolkenbänken verhangen war. Vor einigen Stunden hatte es noch geschneit. Hier und da hatte der eisige Wind gewaltige Schneeverwehungen aufgetürmt. In einen dieser weichen Berge aus Pulverschnee war die schlanke Maschine hineingerast.
Zur Zeit brodelte und kochte die weiße Masse. Entweder war der Reaktor zu Bruch gegangen, oder es war nur der vom Sturzflug weißglühend erhitzte Körper, der seine Wärme verschwenderisch abgab.
Ich wußte es nicht genau und konnte es auch nicht wissen. Seit vierzehn Tagen kamen nur noch knappe und spärliche Funkmeldungen durch. Wir selbst hatten absolutes Funkverbot, was mir nicht ganz verständlich erschien. Die streng geheime Sup-Ultra-Kurzwelle der GWA war nur uns bekannt. Nirgends auf der Welt konnte es Geräte geben, mit denen sich die SUK-Welle abhören ließ.
Trotzdem schien man im Hauptquartier wieder einmal mißtrauisch geworden zu sein. Wichtige Nachrichten kamen derart verschlüsselt durch, daß man nur noch mit großen und leistungsfähigen Elektronen-Gehirnen die Dechiffrierung durchführen konnte. Da wir weder den richtigen, ständig wechselnden Schlüssel kannten, noch einen Mammut-Roboter von den Ausmaßen eines zweistöckigen Hauses besaßen, hatte man uns eben nichts mehr durchgegeben, was man als annähernd wichtig hätte bezeichnen können.
Vor fünf Stunden waren jedoch einige Andeutungen aus dem SUK-Empfänger gekommen, und das sogar im Klartext.
»Der Mann mit dem toten Gehirn soll sich an die Maßnahme ›Gresco‹ erinnern. Warten, hören und sehen. Er muß schweigen. Bqd-sss-Df.«
Dieser erstaunlich klingende Unsinn konnte nur für mich bestimmt sein, da Hannibal bei dem Unternehmen »Gresco« nicht mitgewirkt hatte.
Ich hatte ein Gehirn, das man im Hauptquartier als »tot« bezeichnete. Durch einen komplizierten und risikoreichen Eingriff hatten die Chirurgen mein Gehirn immunisiert, indem sie einen winzigen Nervenstrang durchtrennten. Seit der Zeit war ich durch berauschende Drogen nicht mehr zu beeinflussen. Auf Hypnose reagierte ich ebenfalls nicht mehr.
Ich war also der Mann mit dem toten Gehirn. Das Unternehmen »Gresco« war durch die Ankunft eines Kollegen entschieden worden. Mit einer sehr schnellen Maschine war er praktisch vom Himmel gefallen und hatte mir die letzten Informationen überbracht.
Der Hinweis auf »Gresco« konnte recht gut mit der Ankunft eines Boten identifiziert werden. Wahrscheinlich hatte er auch Funkverbot, so daß wir aus diesem Grunde warten, lauschen
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