Alfred - König der Angel-Sachsen
Liebe keinen Raum gegönt. Die Sage allein hat ihr Angedenken unter den Namen Edgar und Emma erhalten, eines uralten Liedes, das dennoch auch zu unsern Zeiten die Rührung erwekt, die es bey den Sachsen ehmahls erwekte. Die alte Sage hat nichts Nachtheiliges für den edlen Fürsten, wir wollen sie nicht unterdrüken.
Alfred war noch bey dem Hirten sieh 1. Buch. seines Vaters verborgen, und man kante ihn in der ganzen Gegend unter dem Nahmen Wulf. Er hatte seine Gestalt so wohl zu verstellen gewußt, daß auch seine Edlen ihn nicht erkanten. Aus den Sümpfen von Athelney fiel er, mit einigen gleichfalls flüchtigen Sachsen, oftmahls wider die feindseligen Normänner aus, rächte an denselben das Unrecht, das sein Volk erlit, und versorgte die Seinigen mit Vorraht und Gewehr. Sobald der Feind auf ihn andrang, so zerstreuten sich die eines jeden Schlupfwinkels kundigen Sachsen, und verschwanden aus den Händen der Normänner.
Sehr oft hatte Wulf glüklich gefochten, da er endlich von einer Schaar Feinde umringt, mit einer überlegenen Macht zu fechten hatte. Er zog sich an eine enge Stelle zurük, die mit Wasser umgeben, nur einen schmalen Zugang den Feinden verstattete, und wo er mit Wenigen die Menge anhalten konte. Er erlegte manchen kühnen Räuber mit Armbrüsten, die damahls eine neue Erfindung waren, und denen die Engelländer in spätern Zeiten manchen Sieg zu danken gehabt haben. Endlich gelang es einem nordischen Kämpfer, mit einem Spiesse den unbekanten König zu verwunden, der Verlust des Blutes benahm ihm die Kräfte, und in der Dunkelheit, die endlich die Sachsen beschüzte, mußten ihn seine Gefährten aus der Gefahr tragen.
In der Nähe war die Burg Edelberts, eines sächsischen Grafen, eine Festung, worein er sich mit vielem Vorrahte verschlossen, und wohin mancher flüchtige Sachse seine Zuflucht genommen hatte; die Normänner hatten sich vor der Tapferkeit des Grafen, und vor der Stärke der Wälle gescheut, und ihre Angriffe unterlassen. In der Nacht kamen die bekümmerten Sachsen, und baten eingelassen zu werden. Wulf, sagten sie, der Schreken der Räuber ist verwundet. Der Namen dieses Rächers der Sachsen war jedem Freunde des Vaterlandes bekant, die Thore schlossen sich für ihn auf, und Edelbert empfieng in selbst, als einen Helden, dessen Herkunft ihm unbekannt war. Nach den alten Sitten der redlichen Germanier begleitete Alswitha ihren edlen Vater, die schönste Fräulein, und das erhabenste Gemüht. Schmachtend war Wulf in den Saal getragen worden, eine tödtliche Blässe verstelte sein Angesicht, mat hiengen seine Arme, deren Kraft die Normänner oft gefühlt hatten. Alswitha entblößte den verlezten Arm, und besorgte selbst die Wunde des Ritters; man erquikte ihn mit kräftigen Arzneyen, und überließ ihn der Ruh.
Täglich kam Edelbert, und seine liebenswürdige Tochter, und besuchten den noch schwachen Kämpfer. Seine Wunde bedurfte heilender Sorgen, und oft legte Alswitha selbst die milde Hand an. Wulf schlug nunmehr die Augen auf, und sah die zärtliche Bemühung der edlen Fräulein; ihre Jugend, ihre Schönheit, ihr gütiges Theilnehmen an seinem Unglüke, rührten das Herz des jungen Königes, und die viele Zeit, die seine Wunde erfoderte, ließ der Liebe zu, sein ganzes Herz einzunehmen. Täglich fand er neue Ursachen Alswithen zu lieben; ihre sanfte Stimme, ihre liebreiche Unschuld, der Reiz ihrer Züge, der Anstand ihrer Sitten, nahmen ihn so unumschränkt ein, daß er fühlte er würde sie niemahls verlassen können, ohne unglüklich zu werden.
Der redliche Edelbert kante die Tugend seiner Tochter. Oft rieffen ihn plözliche Geschäffte ab; ohne einigen Verdacht ließ er die schöne Fräulein bey dem Könige, der sich langsam erholte. Alfreds Tugend widerstund seiner neuen Liebe nicht; er sah keine Hinderniß, sich mit der Gräfin unschuldig zu verbinden: dennoch wolte er sie prüfen, eh er sie zur Gefährtin seines Lebens erkieste.
Alfred war allen seinen Sachsen unbekant, sie wußten nichts von ihm, als seine Thaten. Er fuhr fort, seine Geburt zu verheelen, und er ließ diejenigen, die ihn bedienten, glauben, er sey ein gemeiner, in den Waffen erzogener, sächsischer Krieger. Bey dieser Erniedrigung bemühte er sich dennoch, der Fräulein zu gefallen. Sie fand bald genugsame Zeichen der Liebe des Unbekanten. Die unschuldigen Beweise seiner Hochachtung, seiner Bewunderung, brachte Alfred mit einem Anstand an, der seiner hohen Auferziehung angemessen war, und den Alswitha
Weitere Kostenlose Bücher