Alice im Netz - das Internet vergisst nie!
zuzuhören. In Gedanken formulierte sie bereits ihren heutigen Blogeintrag â Ãberschrift: âWarum Friedrich Dürrenmatt so schlechte Noten hatteâ.
Als es endlich zur Pause klingelte und Dr. Sprenger ebenso wie die meisten der Schüler das Klassenzimmer verlassen hatte, stöhnte Katja enttäuscht auf. âJetzt hat der die Merle doch glatt ihr komplettes Referat vortragen lassen, und ich bin mal wieder nicht drangekommen. Dabei habe ich ihn doch extra vor der Stunde darum gebeten.â
Wütend stopfte sie ihr Deutschheft in die Schultasche und schmiss ihr Schreibzeug achtlos hinterher.
Alice legte ihr die Hand auf die Schulter. âÃrger dich doch nicht über den. Der nimmt doch sowieso immer nur seine Lieblinge dran. Das kennst du doch schon.â
Doch Katja schüttelte ihre Hand ab. âLass michâ, rief sie gereizt. âDu hast gut reden. Für dich ist das alles nur ein riesiger Spaà und ⦠Ach, was sollâs!â Sie stockte und wischte sich mit dem Handrücken über das Gesicht.
Doch Alice hatte die Tränen in Katjas Augen schon aufblitzen gesehen.
âWas ist mit dir los, Katja?â, fragte sie besorgt. âDu regst dich doch sonst nicht so über diesen Arsch â¦â
Katja fiel ihr grob ins Wort. âIch ärgere mich auch nicht über ihn, sondern über dichâ, fauchte sie.
âÃber
mich
?â Alice riss erstaunt die Augen auf. âWas habe
ich
dir denn getan?â
âDas hat die Welt noch nicht gesehenâ, spottete Mike, als er an den beiden in Richtung Tür vorbeiging. âUnsere Sugababes streiten sich.â Ãblicherweise ignorierten die beiden Mikes blöde Sprüche. Aber jetzt knurrte Katja ihn mit zusammengebissenen Zähnen an: âAch, halt doch deine blöde Klappe, du Idiot.â
Mike staunte nicht schlecht. Solche derben Worte kamen selten aus Katjas Mund. Er grinste verdattert und zog ab.
Alice schaute ihre beste Freundin irritiert von der Seite an. Normalerweise war sie selbst diejenige, die sofort an die Decke ging, während Katja scheinbar durch nichts und niemanden aus der Fassung zu bringen war.
âKatja, nun sag schon, was ist denn los?â, bohrte sie nach.
âDas fragt die Richtige.â
âHä?â Alice hatte nicht den blassesten Schimmer, was plötzlich in ihre Freundin gefahren war.
Katja stemmte die Hände in die Hüften. âNicht âhäâ! Der Sprenger ist doch bloà deinetwegen so ätzend zu mir. Warum musst du ihn auch ständig so reizen?â
Alice hob beide Hände und schüttelte irritiert den Kopf. âSag mal, was ist denn plötzlich in dich gefahren? Inwiefern reize ich bitteschön den Sprenger, und was um alles in der Welt hast du damit zu tun?â
âNa, wegen deines bekloppten Blogs. Ständig machst du dich über alle lustig. Aber es gibt âne Menge Leute, die darüber absolut nicht lachen können, Alice. Und dass Dr. Sprenger nicht gut auf dich zu sprechen ist, darüber musst du dich echt nicht wundern.â
Alice lieà langsam die Hände sinken. Ihre Stimme klang beleidigt, als sie erwiderte: âDer Vorwurf ist nicht fair, Katja, und das weiÃt du auch. Wer hat mich denn immer wieder darin bestärkt, das Schulblog zu schreiben?â
Als Katja nichts erwiderte, sie nur trotzig anstierte, bückte sich Alice nach ihrer Schultasche, klemmte sie sich unter den Arm und eilte ohne ein weiteres Wort aus dem Klassenzimmer.
Den Rest des Schulvormittages verbrachten die beiden damit, sich aus dem Weg zu gehen. Was ihnen nicht besonders schwerfiel, da sie die nächsten zwei Stunden in unterschiedlichen Fremdsprachenkursen verbrachten â Alice hatte Französisch und Katja Latein belegt â und danach für beide die Schule aus war.
Aliceâ Schulweg war doppelt so lang wie Katjas. Normalerweise gingen sie ein gutes Stückchen zusammen. Aber heute wartete Katja nicht wie sonst im Gang vor dem Klassenraum auf Alice. Und die wiederum verspürte nicht die geringste Lust, auf Katja zu warten. Die Worte ihrer besten Freundin rumorten noch immer in ihr, hatten sich wie kleine Nadeln in ihr Herz gebohrt und sorgten für eine Mischung aus Ãrger, Enttäuschung und Trotz. Aber auch für einen Hauch von schlechtem Gewissen. Zumal Katja nicht ganz unrecht hatte, wenn sie behauptete, dass es einige an der Schule gäbe, die ihr Schulblog nicht
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