Alice im Zombieland (German Edition)
kapiert hast als ich. Oder wie du dich immer abgewendet hast, wenn wir ein Foto von dir machen wollten.“ Die Erinnerungen kamen nicht chronologisch. Eine Geschichte nach der anderen ging mir durch den Kopf, ohne dass ich etwas dagegen tun konnte.
„Ich denke oft an den Tag, als du in diesem schwarzen Kleid zu mir in die Schule gekommen bist, um mit meinen Lehrern zu reden. Du wolltest, dass ich stolz auf dich bin und mich nicht schäme. Ich war stolz, allerdings, und wie! Und ich hätte schwören können, dass die Welt sich auf einmal langsamer drehte und Gott ein bisschen Backgroundmusik spielen ließ, um deinen Auftritt zu untermalen. Selbst der Wind war perfekt und hatte dein Haar um deine Schultern geweht. An dem Tag sackte so mancher Kiefer nach unten, und alle Mädchen, die dich sahen, wollten so sein wie du.“
Schließlich blieben mir die Worte im Hals stecken. Eine warme Träne tropfte mir auf die Wange. Ich holte tief Luft … wartete … wartete … dann atmete ich lange aus. Langsam drehte ich mich nach links, wo sich das letzte Grab befand.
Emmaline Lily Bell. Geliebte Tochter und Schwester .
Mein Kinn zitterte, und die Tränen strömten richtig. Ihr Grabstein war kleiner als der meiner Eltern, aber auch aus Silberstein gehauen. Sie hatten in der Mitte sogar ihr Porträt eingraviert.
„Seit deinem Tod habe ich dich bei zwei verschiedenen Gelegenheiten gesehen“, flüsterte ich. „Im Garten bei Nana und Pops und dann wieder vor dem Haus meiner Schulfreundin Reeve. Beim ersten Mal hast du mich gewarnt und gesagt, ich solle hineingehen. Beim zweiten Mal war es dasGleiche. Warst das wirklich … du?“
Warum eigentlich nicht? Da draußen gab es eine Welt, von der ich nichts gewusst hatte.
In der Ferne zirpte eine Grille, eine Heuschrecke stimmte ein. Blätter raschelten an den sich wiegenden Ästen. Ein wundervoller Chor, aber kein Zeichen von Emma. Die Enttäuschung klirrte mir in den Ohren.
Ich beugte mich hinunter und weinte leise. Ich hatte gehofft … ach, egal. „Es tut mir so leid, dass ich dich nicht beschützen konnte, Em. Ich liebe dich so, du wirst immer meine liebste Person auf der ganzen Welt sein. Das habe ich dir nie so richtig gesagt. Mit dir in der Nähe waren alle glücklicher, und du hättest es verdient, jede Nacht eine Pyjamaparty mitzumachen. Wenn du älter geworden wärst, hätte ich dir das Autofahren beigebracht. In der Hoffnung, dass ich es bis dahin gelernt hätte“, fügte ich leise und zittrig lachend hinzu. „Du hättest Dates gehabt, und ich wäre dir gefolgt, um sicherzugehen, dass der Typ sich auch benimmt.“
„Uhuhu. Das ist ja so süß!“
Ich riss den Kopf hoch. Die grinsende Emma saß auf ihrem Grabstein, die Beine übergeschlagen und baumelnd, Ballettschuhe an ihren Füßen. Ihr Haar war zu Rattenschwänzen gebunden, ihre goldenen Augen funkelten vor Ausgelassenheit und Übermut, an beides erinnerte ich mich so gern.
„Tut mir leid, dass ich mich nicht vorher gemeldet habe“, sagte sie, „aber ich wollte deine Rede hören.“
„Ich … ich …“
„Wie wär‘s, wenn ich dir helfe? Du … du … bist so happy, dass ich hier bin, und fragst dich, ob das jetzt echt passiert. Ja, tut es! Deine Gebete wurden erhört.“
„Ich …“
„… bin so glücklich, ich weiß.“
Hoffnung überkam mich, ein Licht in der fürchterlichen Dunkelheit. „Bist du … ein Geist?“
Sie zog an ihren Rattenschwänzen. „Geister gibt es nicht. Außerdem wäre Engel wohl die bessere Beschreibung, obwohl das auch nicht richtig ist, aber es passt, oder?“
Das war eine typische Emma-Antwort, die ich mir nicht selber hätte ausdenken können. Sie war hier. Sie war real. „Warum hast du dich nicht öfter gezeigt? Sind Mom und Dad wie du?“
Ihr Lächeln und ihr übermütiger Ausdruck verschwanden. „Ich bin eine Zeugin, und ich habe nicht viel Zeit. Alice, du musst mir zuhören, okay?“
Zeugin? „Na klar, immer.“ Ich griff nach ihrer Hand, aber meine Finger glitten durch sie hindurch und ich berührte den kalten Stein. „Ich wünschte, ich könnte dich anfassen.“
„Eines Tages wirst du das auch. Jetzt hör zu. Es gibt das Gute und das Böse, nichts in der Mitte, egal was irgendjemand denkt. Was du machst, ist gefährlich und wird nicht gut enden - was so nervt, weil das Ende nahe ist.“
„Woher willst du …?“
„Pst. Emma redet. Ich habe versucht, dich zu warnen, dir gesagt, du sollst im Haus bleiben. Ich habe mich an die Kaninchenwolke
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