Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alicia II

Alicia II

Titel: Alicia II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Thurston
Vom Netzwerk:
sol­len, be­vor ich dich hier al­lein ließ«, sag­te sie. »Warum hast du dich nicht hin­ge­setzt?«
    »Ei­ner der Ses­sel hat mich ge­bis­sen.«
    »Was?«
    »Ich weiß es nicht, ich ha­be ein­fach ver­ges­sen, mich hin­zu­set­zen. Ich will es jetzt tun, okay?«
    »Bist du ner­vös?«
    »Wun­dert dich das?«
    »Nein. Möch­test du et­was Be­ru­hi­gen­des?«
    »Ich ha­be so viel ge­trun­ken, daß …«
    »Ich ha­be nicht an et­was zu trin­ken ge­dacht. Ich ha­be ei­ne Bi­blio­thek vol­ler Pil­len.«
    »Neh­me ich nie.«
    »Ich auch nicht oft.«
    »Warum hast du dann so vie­le?«
    »Man kann nie wis­sen. Ich glau­be, jetzt, wo ich dar­an ge­dacht ha­be, wer­de ich ei­ne neh­men.«
    Sie ließ einen Schrank ne­ben der ver­steck­ten Ba­de­zim­mer­tür er­schei­nen. Ich ach­te­te nicht dar­auf, was sie ihm ent­nahm. Ich ha­be das Pil­len­schlu­cken im­mer für ei­ne Pri­vat­an­ge­le­gen­heit ge­hal­ten, ei­ne noch aus der Zeit stam­men­de Ein­stel­lung, als man sich des Pil­len­schlu­ckens ir­gend­wie schäm­te.
    Ich setz­te mich in einen wei­ßen, merk­wür­dig ge­form­ten Ses­sel, des­sen Kur­ven wohl für einen viel klei­ne­ren Mann be­rech­net wa­ren. Nach­dem ich Platz ge­nom­men hat­te, spür­te ich, daß er sich mir an­paß­te. Ali­cia setz­te sich auf der an­de­ren Sei­te des Zim­mers auf ei­ne Couch. Da­bei bläh­te sich ih­re Tu­ni­ka um sie auf, und als wer­de der Stoff von Luft­strö­men ge­ho­ben, dau­er­te es ge­rau­me Zeit, bis er nie­der­fiel. Sie strich ei­ne Lo­cke zu­rück und ver­such­te, sie mit der Hand an ih­ren Platz zu drücken.
    »Ich hät­te mir die Haa­re käm­men sol­len oder so et­was, wäh­rend ich da drin war. Ich ha­be einen Haar-Sty­ler, der mir meh­re­re ver­schie­de­ne Fri­su­ren ma­chen kann. Aber das Ding geht im­mer zum falschen Zeit­punkt ka­putt. Pein­lich.«
    »Dein Haar ist schön so, wie es ist.«
    »Ver­wirrt? Strup­pig? Du bist so höf­lich, Voss, so ganz Gent­le­man. Das paßt zu al­lem an­de­ren, was du vor­täuschst.«
    »Was ich vor­täu­sche?«
    »Dar­über möch­te ich nicht spre­chen.« Sie streck­te die Ar­me zur Sei­te; es sah aus, als spie­le sie Flug­zeug. »Ah, das tut gut. Ich füh­le mich bes­ser. Die Pil­le wirkt. Oder ich ge­be mir höl­li­sche Mü­he, mir ein­zu­re­den, daß sie wirkt.«
    Sie steck­te die Hän­de in Ta­schen ih­res Ge­wan­des, und fast so­fort zog sie die lin­ke Hand wie­der her­aus. Sie be­gann, ei­ne Rei­he von Fal­ten in den glat­ten Stoff zu le­gen.
    »Un­ser bei­der­sei­ti­ges Schwei­gen ist ent­ner­vend. Mir ge­fällt das nicht. Wir soll­ten re­den, quas­seln, uns lie­ben. Ent­schul­di­ge letz­te­res, im­mer noch et­was bit­ter.«
    »Kein Grund, sich …«
    »Wir be­wah­ren Ab­stand. Räum­lich mei­ne ich. Sonst auch, wie ich an­neh­me. Viel­leicht müs­sen wir das. Das ha­be ich ge­glaubt, bis ich dich wie­der­sah. Ich mei­ne, mir war be­wußt, daß du mir fehl­test, aber mir war nicht be­wußt, daß ich mir wünsch­te, dich wie­der­zu­se­hen.«
    »Ich woll­te dich wie­der­se­hen. Ich ha­be dich ge­sucht.«
    »Ich weiß. Ich bin von den meis­ten dei­ner Be­mü­hun­gen un­ter­rich­tet. Du be­mühst dich nicht ge­nug.«
    »Was soll ich denn noch …«
    »Ich weiß es nicht. Ro­sen schi­cken, in Ein­gän­gen ver­steckt war­ten, Söld­ner an­heu­ern. Zum Teu­fel, wo­her soll ich es wis­sen? Als ich dich heu­te auf der Stra­ße wie­der­sah, war ich so glück­lich, daß ich – nein, dar­über soll­te ich nicht spre­chen.«
    Sie strich die Fal­ten glatt und be­gann mit ei­nem neu­en Mus­ter. Die an­de­re Hand kam aus der Ta­sche zum Vor­schein, fand aber kei­ne Be­schäf­ti­gung. Sie kehr­te in die Ta­sche zu­rück wie ein Mensch, der Schat­ten sucht. Ali­cia sah mich zum ers­ten Mal, seit sie sich nie­der­ge­setzt hat­te, ge­ra­de an und frag­te: »Wie kannst du so ru­hig sein?«
    »Ich glau­be nicht, daß ich ru­hig bin.«
    »Du glaubst es nicht. Groß­ar­tig. Was ich – nein, ru­hig ist nicht das rich­ti­ge Wort. Los­ge­löst. Das ist das Wort, los­ge­löst. Dei­ne Stim­me hat sich von dei­nem Kör­per ge­trennt und spricht von ei­nem Punkt et­wa zwei Fuß über dei­nem Kopf. Ge­ra­de ober­halb dei­nes Ha­lo. In

Weitere Kostenlose Bücher