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Alicia II

Alicia II

Titel: Alicia II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Thurston
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Stra­ße, in der sie leb­te. Ihr ei­ge­nes Haus war mo­der­ner und funk­tio­nel­ler, ei­ne Wohn­ein­heit war oh­ne be­son­de­ren Sinn für Ar­chi­tek­tur auf die an­de­re ge­türmt. Was mich an die­ser Art von Ge­bäu­den im­mer ge­stört hat, ist die da­ma­li­ge Vor­lie­be für ver­bor­ge­ne Fens­ter. Von der Stra­ße aus ließ sich nicht ein ein­zi­ges ent­de­cken. Das Glas, von au­ßen un­durch­sich­tig, war so be­han­delt, daß es wie Stein aus­sah. Des­halb konn­te der un­ten ste­hen­de Be­trach­ter die Grenz­li­nie zwi­schen Fens­ter­schei­be und Mau­er nicht er­ken­nen. Von in­nen wa­ren die Fens­ter na­tür­lich nor­mal. Sie er­laub­ten einen wei­ten und aus­ge­zeich­ne­ten Blick, und ih­re Tö­nung ließ sich ein­stel­len, um den Räu­men ein im­mer wie­der an­de­res Aus­se­hen zu ver­lei­hen. Ali­ci­as Fens­ter konn­te auch auf an­de­re An­sich­ten pro­gram­miert wer­den, und zu­fäl­lig zeig­te es die Schwei­zer Al­pen, als wir das Apart­ment be­tra­ten. Das war ziem­lich be­un­ru­hi­gend, und es lenk­te mei­ne Auf­merk­sam­keit von der Woh­nung selbst ab, denn die Ber­g­land­schaft lag in hel­lem Ta­ges­licht da, und wir ka­men ge­ra­de aus stock­fins­te­rer Nacht.
    Als mei­ne Au­gen sich an­ge­paßt hat­ten, sah ich, daß die Wohn­ein­heit ih­re Funk­tio­na­li­tät in je­der Li­nie ver­riet, ob­wohl Ali­cia sich Mü­he ge­ge­ben hat­te, die Wir­kung auf­zu­he­ben. Sie hat­te ei­ne gan­ze Wand mit Spie­geln voll­ge­hängt, da­mit das ein­zi­ge Zim­mer an Tie­fe ge­wann, aber die Tie­fe ver­dop­pel­te nur die Öde des Raums. Meh­re­re mit of­fen­sicht­li­cher Sorg­falt ar­ran­gier­te Schling­pflan­zen un­ter­stri­chen die me­cha­ni­sche Lan­ge­wei­le der Aus­stat­tung. Ali­ci­as Dru­cke und Ge­mäl­de wirk­ten, als sei ih­nen je­de Far­be ge­nom­men. Ih­re Mö­bel sa­hen auf viel zu ge­schmack­vol­le Wei­se stein­hart aus, und sie wa­ren auch stein­hart. Man konn­te ein­fach nicht viel tun, um die Ste­ri­li­tät ei­ner recht­e­cki­gen Wohn­ein­heit zu ver­ber­gen, in de­ren Wän­den die le­bens­not­wen­di­gen Ge­rä­te hoch­ge­klappt wa­ren, de­ren De­cke nicht hoch ge­nug war, de­ren Wän­de auf einen zu­zu­rück­en schie­nen, wenn man sie län­ger an­sah.
    »Setz dich«, sag­te Ali­cia. »Ich wer­de mich et­wa ei­ne Stun­de lang im Ba­de­zim­mer auf­hal­ten. Nein, ich kom­me zu­rück, ich muß nur …«
    Sie be­en­de­te den Satz nicht, ließ ei­ne Tür zur Sei­te glei­ten, die aus­sah, als ob sie zu ei­nem Wand­schrank ge­hö­re (es war da­mals eben­falls schick, Ba­de­zim­mer- und Schrank­tü­ren zu ver­ber­gen), und ich er­hasch­te einen Blick auf ei­ne pfir­sich­far­be­ne Ba­de­zim­mer­wand, be­vor Ali­cia die Tür hin­ter sich schloß. Die Kon­tu­ren der Tür wa­ren so kunst­voll ver­steckt, daß ich mich einen Au­gen­blick lang frag­te, ob Ali­cia über­haupt im Zim­mer ge­we­sen sei.
    Sie blieb nicht lan­ge fort. In der Zwi­schen­zeit be­ob­ach­te­te ich einen Ski­läu­fer, der sich auf dem Fens­ter­bild sei­nen Weg einen der nä­he­ren Ber­ge hin­un­ter bahn­te. Das Band en­de­te, be­vor er den un­te­ren Rand des Fens­ters er­reich­te, und ich dach­te dar­über nach, ob er es letz­ten En­des schaf­fen und wie lan­ge es dau­ern wür­de, bis er wie­der auf den obe­ren Ab­hän­gen des Ber­ges auf­tauch­te. Ali­cia hat­te ein lo­ses, tu­ni­ka­ähn­li­ches Ge­wand an­ge­zo­gen, des­sen Blau dar­auf ab­ge­stimmt zu sein schi­en, mit dem Him­mel über der Ber­g­land­schaft zu har­mo­nie­ren. Doch das war nicht ih­re Ab­sicht ge­we­sen, denn sie streck­te die Hand nach dem Schal­ter aus, der die künst­li­che Aus­sicht kon­trol­lier­te, und frag­te mich, ob es mir et­was aus­ma­che, wenn sie ab­schal­te. Ich ant­wor­te­te, es ma­che mir nichts aus, ob­wohl ich im­mer noch be­sorgt um je­nen Ski­läu­fer war. Ali­cia stell­te den nor­ma­len Aus­blick auf die Stadt wie­der her. Der Him­mel hat­te jetzt das falsche Blau, das Blau der Nacht. Es mach­te Ali­cia blas­ser, und ich hät­te ihr gern vor­ge­schla­gen, sich noch ein­mal um­zu­zie­hen.
    »Ich hät­te dir et­was an­bie­ten

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