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Alicia II

Alicia II

Titel: Alicia II Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Thurston
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Ausgemusterten einmal drinnen waren, wurden sie betäubt und durch unterirdische Gänge zu ihrem wirklichen Bestimmungsort gefahren. Hinter dem Schein-Eingang lagen noch mehrere Kilometer Ödland, die wir in unserer Limousine passieren mußten. Nur Stacy und ich waren darauf vorbereitet, daß der Wagen an einer Stelle hielt, die wie die Mitte vom Nichts wirkte. Aber trotz meines absorbierten Wissens hatte ich erwartet, Anhaltspunkte zu bekommen, wo sich der Ort befand, ehe wir ihn erreichten – Zeichen, Bemerkungen des Chauffeurs, irgendeine Hütte oder Baracke, die auf einen Eingang schließen ließ. Als ein Mitfahrer den Chauffeur fragte, warum er auf einmal anhalte, antwortete der Mann unbewegt, wir sollten warten.
    Aus dem Nebel trieb ein Gebäude auf uns zu. Ein großes, kuppelförmiges Gebäude, dem nicht ohne weiteres anzusehen war, auf welche Art es sich vorwärtsbewegte. Ein paar Schritte vor dem Wagen machte es halt. Ein Licht flammte am Armaturenbrett auf. Der Chauffeur, der sich plötzlich sehr behend bewegte, stieg aus, winkte zu dem Gebäude hinüber und öffnete die Türen. Mit autoritärer Handbewegung wies er uns an, uns in das Gebäude zu begeben. Wir gingen durch den unfreundlichen Nebel darauf zu. Die Luft war eisig und klamm, sie schien mich anzugreifen und sich an meine Haut zu hängen. Als wir dem seltsamen Gebilde nahe waren, nahm ich etwas wahr, das ich nur als wissenschaftlichen Geruch beschreiben kann – den Geruch eines Laboratoriums, einen Hauch öliger Materie, Andeutungen von Chemikalien. Meine Hände wanderten nervös über meine Kleidung. Warum war ich nur so zappelig? Ich berührte alle Stellen, wo sich der zerstörerische Mikrostaub verbarg, ich überzeugte mich sinnloserweise, daß alles in Ordnung war. Welch eine Dummheit! schalt ich mich. Jedem argwöhnischen Auge mußte mich diese Bewegung verraten. Ich gab mir alle Mühe, meine Hände ruhig niederhängen zu lassen. Dann fiel mir ein, daß die seltsam steife Haltung meiner Arme ebenfalls Verdacht erregen mußte, falls mich jemand beobachtete. Ich muß natürlich wirken, sagte ich zu mir selbst. Aber zum Teufel, wie kann jemand natürlich wirken, wenn er Mord im Sinn hat? Ich versuchte, mich zu entspannen. Unmöglich.
    Die Tür des Gebäudes öffnete sich. Der Lichtstreifen, der von drinnen kam, blendete unsere an den Nebel angepaßten Augen beinahe.
    »Willkommen«, sagte eine sanfte Stimme. Irgendwer stand in der Tür. »Willkommen in der Washingtoner Kammer für die Vergabe neuen Lebens. Treten Sie bitte ein.«
    Wir traten einer nach dem anderen ein. Als wir alle in einem Büro versammelt waren, schnappte die Tür hinter uns zu, und die Frau mit der sanften Stimme sprach von neuem.
    »Wir von der Washingtoner Kammer für die Vergabe neuen Lebens freuen uns, daß Sie sich zu dieser Besichtigung eingefunden haben. Wir bitten um Entschuldigung für alle Unbequemlichkeiten, die Sie auf der Herfahrt erdulden mußten, aber bestimmte Prozeduren sind aus Sicherheitsgründen notwendig. Wie Sie selbst spüren werden, bewegen wir uns schon wieder. Dies Gebäude, wie es Ihnen erscheint, ist in Wirklichkeit ein geschlossenes Fahrzeug, das uns zum eigentlichen Eingang bringt. Entspannen Sie sich, wir sind gleich da.«
    Unsere Hosteß war eine kurvenreiche junge Frau mit großen braunen Augen in einem engelhaften Gesicht. Leuchtend rotes Haar war sorgfältig zu altmodischen Wellen gekämmt.
    Derartig akkurat gelegtes Haar hatte ich seit langer Zeit nicht mehr gesehen, vielleicht seit meiner Kindheit nicht mehr, als kurze Zeit Locken modern waren und meine Mutter sich eine solche Frisur machen ließ. Ich betrachtete das Gesicht unserer Hosteß und fragte mich, warum sie die Stelle des männlichen Führers einnahm, der ursprünglich vorgesehen gewesen war.
    Irgend etwas an ihr kam mir bekannt vor.
    »Mein Name ist Cheryl Hidalgo«, sagte sie, »und ich werde bei Ihrer Besichtigung der Kammer Ihre Führerin sein.«
    Cheryl Hidalgo! Alicias Kollegin aus dem Public-Liaison-Büro. Warum hatte Cheryl Hidalgo die Führung übernommen?
    Unser Fremdenführer hatte ein Mann namens William Tannenbaum sein sollen, ein Mann, über den ich durch den Absorber genauestens Bescheid wußte. Ich kannte Tannenbaums Art des Vortrags, seine eindrucksvollen Statistiken, seine Liebe zu einer Frau, die er in einem nicht wiederaufgebauten Viertel Washingtons außer Sicht hielt. Ich wußte, daß er unter Druck wahrscheinlich zusammenbrechen würde und welchen

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