Alicia II
Herausforderung.
6
Ich bat darum, daß mir Stacy zur Bedienung der Instrumente auf die Mission mitgegeben werde. Es waren nur kleine Geräte, die ausführliche Informationen an die umfangreichere Ausrüstung im Lager des Teams zurücksenden sollten. Ich sagte es Stacy, und er antwortete mit Schweigen.
»Du möchtest doch mitkommen, nicht wahr?« fragte ich.
»Habe ich nicht gesagt.«
»Was hast du denn gesagt?«
»Gar nichts.«
»Oh. Ja.«
Dabei ließ ich es. Als ich zum Arzt ging, der den Eingriff zur Änderung des Anpassungssystems mit mir besprechen wollte, fand ich heraus, daß für Stacy keine solche Operation angesetzt worden war. Ich stürmte aus dem Sprechzimmer und bekam unsern Kommandeur im botanischen Labor zu fassen. Wir diskutierten dort in einem wirren Dschungel, der nichts ähnlich sah, was es auf der Oberfläche dieses Planeten gab. Der Kommandeur sagte, Stacy, der nicht im Nebel arbeiten solle, brauche keine Operation, die kompliziert und teuer sei. Ich bestand darauf, Stacy müsse für einen eventuellen Notfall angemessen geschützt werden oder ich würde nicht in den Nebel eindringen. Nach einigen verworrenen Einwänden vollführte der Kommandeur ein paar bürokratische Schwenkungen und genehmigte meinen Antrag. Ich ging wieder zu Stacy und sagte: »Ich habe dir soeben das Leben gerettet.«
»Davon habe ich nichts gemerkt.«
Ich fühlte mich ganz als der wackere Anführer, für den der Schutz seiner Kameraden als erste Tugend gilt, und berichtete ihm, wie ich unserm Kommandeur die Zustimmung für die Operation abgerungen hätte. Stacy hörte ohne erkennbares Interesse zu.
»Du wirst also heute abend zur gleichen Zeit wie ich operiert werden. Nun, willst du dich nicht bei mir bedanken?«
»Nein.«
»Warum nicht?«
»Operation.«
»Was paßt dir an der Operation nicht?«
»Bin dagegen.«
»Komm, komm, Stacy. Willst du denn nicht operiert werden?«
»Wenn ich die Wahl hätte, nein.«
»Du mußt dich aber operieren lassen.«
»Ist mir klar.«
Stacy ließ sich seine Abneigung nicht anmerken, als er sich unter das Messer legte. Wir waren beide während der Operation bei Bewußtsein. Ich genoß es, einem Arzt beim Aufschneiden meiner Brust zuzusehen, ohne physischen und psychischen Schmerz zu empfinden, und dabei zu wissen, daß es auch keinen postoperativen Schmerz geben würde. Der Arzt studierte mein Inneres einen Augenblick, und dann winkte er den Techniker herbei. Der Techniker, der speziell präparierte Handschuhe trug, arbeitete behutsam an meinem Anpassungssystem. Er öffnete einen Teil, setzte Transistoren ein, wechselte ein paar Elemente aus, schloß das Ding wieder und wandte sich seinen Anzeigen zu. Der Chirurg nähte mich wieder zu. Im Spiegel konnte ich sehen, wie die Operationsnarben langsam verblaßten und verschwanden. Auf meiner Haut blieb keine Spur zurück, daß an dieser Stelle ein Eingriff erfolgt war. Ich war so beeindruckt von der Art, wie die chirurgische Arbeit ausgeführt wurde, daß ich überlegte – es war einer der seltenen Augenblicke, in denen ich über das Thema nachdachte –, ob sie die meinem Körper auf der Erde angetane Sabotage wohl reparieren könnten. Ich bezweifelte es, aber ich hätte sie trotzdem beinahe danach gefragt. Ich hatte es jedoch nie über mich gebracht, irgend wem auf Coolidge mein Problem einzugestehen, und deshalb war es ein bißchen schwierig, eine Lösung zu finden.
Nach der Operation blieb ich auf einem Ruhebett liegen und wartete, bis Stacy fertig war. Er sah dem Vorgang nicht zu, er starrte zur Decke und zeigte keine Reaktion auf mein gelegentliches Kiebitzen. Danach klopfte ich ihm auf die Brust und fragte: »Fühlst du dich anders als vorher?«
»Physisch oder philosophisch?«
Meine letzten Instruktionen lauteten, ich solle kein unnötiges Risiko eingehen und nichts aufgrund eigener Annahmen unternehmen. Ich hatte nichts anderes zu tun, als eine Bestätigung dafür zu liefern, daß das Anpassungssystem erfolgreich verändert worden war. Ich nickte zustimmend, aber ich dachte mir, die Vorsicht wissenschaftlicher Bürokraten solle mir kein Hemmschuh sein. Man kann leicht zustimmen, wenn man schon weiß, was man auf jeden Fall tun wird.
Am nächsten Tag wurden Stacy und ich zum Lager des Teams geflogen, und am Morgen darauf machten wir uns zu der Stelle auf, wo der nächste Nebelfleck zuletzt beobachtet worden war.
7
Der uns umgebende Dschungel schien aus nichts anderem zu bestehen als aus
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