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Alison Wonderland

Alison Wonderland

Titel: Alison Wonderland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen Smith
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Lieblingslakritz. »Wie hungrig müsstest du sein, bevor du eines der wabbeligen Geleedinger essen würdest?«, fragt Taron.
    »Ich glaube nicht, dass die was gegen Hunger sind.«
    »Also dann, wie verzweifelt nach etwas Süßem?«
    »Ich müsste irgendwo mitten in der Nacht auf einem Einsatz sein.«
    »Wie im Sumpf in einem behelfsmäßigen Unterschlupf beim Entenbeobachten?«
    »Ich habe eher daran gedacht, im Auto zu sitzen und einen Verdächtigen zu beobachten.«
    »Ich würde einen als Mutprobe essen.«
    »Mach nur.«
    »Mach nur was?«
    »Dich trauen.«
    Taron knabbert an den kleinen, knackigen, blauen Noppen außen und saugt dann das ganze Gelee heraus, die Qual in die Länge ziehend, als erfülle sie eine hochgradig komplizierte und heroische Aufgabe. Sie gibt mir ein Pinkes, ich kaue ein paar Mal darauf herum und schlucke es dann herunter. So schlecht sind sie eigentlich gar nicht.
    Wir machen die Wagon Wheels auf und essen ein paar. Sie schmecken ein bisschen nach Metall, mit einer körnigen Konsistenz. Die Bilder auf der Packung sind eine Reminiszenz an die Siebziger, als es cool war, ein Cowboy zu sein. Wagon Wheels, groß, rund und grob gehauen, wie man es dem Namen nach erwartet, sind zwei schief aufeinanderliegende Kekse mit Milchschokoladenüberzug und Marshmallow-Füllung in der Mitte. Ich bin froh, dass die Hersteller sich nicht dazu haben verführen lassen, das Produkt mit Marmelade zu kombinieren. Immer wenn ich zum Supermarkt gehe und eine Packung von fünfzehn einzeln verpackten Wagon Wheels für den Preis von zwölf angeboten wird, kann ich kaum wiederstehen. Ich empfinde eine gewaltige Identifikation mit dem Produkt. Ich würde gerne die Frauen in der Fabrik treffen, die diese Dinger herstellen. Genauso stark fühle ich auch bei Jaffa Cakes. Die essen wir als nächstes. Ich mag die elegante Mischung von dunkler Schokolade und gelatineförmiger Marmelade, aber ich esse sie auch deshalb, weil Jaffa Cake der Robin Hood der Snackwelt ist. Er trickst den Steuereintreiber aus, indem er einen potenziellen Produktmangel – den nicht knusprigen Boden – benutzt, um vor Gericht im Namen der Jaffa Cake kaufenden Öffentlichkeit erfolgreich gegendie Klassifizierung als Keks zu kämpfen und die Mehrwertsteuer zu umgehen.
    »Jeff und ich haben neulich in der Zeitung über eine seltene Essstörung gelesen. Die Opfer sind besessen von gutem Essen als Folge eines Schadens des vorderen Hirns«, erzähle ich Taron.
    »Dann sind wir sicher«, erwidert sie und packt noch ein Wagon Wheel aus.
    Als wir uns Weymouth nähern, kommen wir durch Dörfer mit reetgedeckten Häusern, fahren an Bauernhöfen mit selbstgemalten Schildern vorbei, die Enteneier, Honig oder Dung zum Verkauf anpreisen. Wir lächeln und lesen uns gegenseitig die Schilder vor. Es gibt unbesetzte Verkaufsstände entlang der Straße, die Erdbeeren auf Vertrauensbasis verkaufen, man steckt das Geld einfach in eine Dose. »Was passiert, wenn du nicht bezahlst?«, fragt Taron.
    »Keine Ahnung.«
    Zwischen zweispurigen Schnellstraßen rumpeln wir immer wieder auf engen Straßen hinter Traktoren her, wie die strohköpfige Jugend mit Walkmans, die Könige der Straße, und ziehen einen Rattenschwanz von Limousinen und Wohnwagen nach. Taron und ich machen uns keine Sorgen um unsere Geschwindigkeit. Wir sind im Urlaub. Hi-Gloss spielt wieder: »You’ll Never Know.«
    Haben wir nur diese eine CD mitgenommen?
    Wir sind überrascht, als wir plötzlich in eine Militärzone geraten. Zwei riesige Panzer mit Kanonen kommen direkt auf uns zu, gefahren von Jugendlichen mit DJ-Kopfhörern, die ihre Ohren schützen. Das einzige Mal, als ich Szenen wie diese gesehen habe, handelte es sich um Presseaufnahmen aus den Achtzigern, als es Mrs. Thatcher erlaubt wurde, auf einem Feld einen Panzer zu fahren. Ein Lastwagen in Tarnfarben ist hinter uns und holt schnell auf. Leichte Panik befällt mich. Ist die Gefahr größer, als ich dachte? Ist das Britische Heer nach uns ausgeschickt worden? Der Lastwagen überholt uns; die Panzer fahren auf der anderen Seite der Straße vorbei. Wir sind in Sicherheit.
    »Das ganze Gebiet hier gehört zum Militär«, erinnere ich mich und will vor Taron, die den Soldaten aus dem Fenster heraus zuwinkte,als wären wir Zuschauer bei einem Festumzug, ruhig und vernünftig erscheinen. »Bei den Schießständen gibt es so viele Blindgänger, dass man nirgendwo herumlaufen kann, deshalb wurde es in ein Naturreservat verwandelt.«
    »Das

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