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All die schoenen Toten - Ein Inspektor-Jury-Roman

Titel: All die schoenen Toten - Ein Inspektor-Jury-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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Beobachterin, wenn Ihnen das aufgefallen ist, unter den Umständen.«
    »Als ich jünger war, hat mich die Upper Sloane Street immer fasziniert. Harvey Nichols, die feinen Modegeschäfte. Sie wissen schon.« Ein schiefes, schwaches Lächeln.
    »Die Polizei sagte, Sie hätten dort eine schwarze Katze gesehen. Die Pubkatze, nicht?«
    »Nehme ich an. Die ist beim Anblick von Drummond abgehauen. Schwarze Katzen sehen doch mehr oder weniger alle gleich aus.«
    Jury war sich nicht so sicher. Er stand auf. »Danke, Miss Devere. Ich werde mich wieder melden.«
    »Das hoffe ich. So viel Spaß hatte ich schon ewig nicht mehr.«
     
    Es wurde allmählich dunkel, als sie am Bahnhof von High Wycombe vorfuhren. David Cummins meinte: »Sie könnten doch hier übernachten. Das Crown’s ist recht nett oder das King’s Arms. Wenn wir Platz hätten, würde ich ja sagen, Sie kommen zu uns. Wir wohnen auch an der Lycrome Road, nicht weit von dem Pub. Sie müssen Chris kennenlernen, meine Frau.«
    »Danke, aber ich habe ein paar Sachen in London zu erledigen. Eine Freundin im Krankenhaus besuchen. Heute Abend oder morgen früh.«

    »Oh, hoffentlich nichts Ernstes.«
    »Ernster geht’s nicht mehr. Danke.« Draußen klopfte Jury in einer freundlichen Abschiedsgeste aufs Autodach.
     
    Jury mochte Züge, selbst in kleiner Ausführung wie dieser, der ihn an eine Spielzeugeisenbahn erinnerte, mit den engen Sitzen, immer drei einander gegenüber und kaum voneinander abgetrennt und ohne Armlehne. Heute Abend hatte er die drei schmalen Sitze ganz für sich. Bis Marylebone waren es dreißig oder vierzig Minuten und weiß Gott viel besser, als sich im Auto auf der M25 abzuplagen. Während der Stoßzeiten waren diese Pendlerzüge vermutlich überfüllt, auf den Autobahnen aber war die Hölle los.
    Was ihm daran so gefiel, war das Gefühl, mittendrin zu sein. Sicher, es waren lauter Fremde, aber die Blicke – gleichgültig, verdrossen, abweisend, verärgert – waren wenigstens die Blicke, die man freiwillig wählte, nicht die Blicke, die man gezwungen war aufzusetzen. Man konnte seinen eigenen Gedanken nachhängen und hinschauen, wo man wollte, und der Rest der Welt konnte einem getrost den Buckel runterrutschen.
    Er sollte sich gedanklich eigentlich mit dieser kostspielig bekleideten und beschuhten jungen Frau beschäftigen, die gekommen war, um sich mit jemandem zu treffen, und die an den Falschen geraten war. Er hätte mit dem Taxifahrer am Bahnhof sprechen sollen, aber das konnte er morgen noch erledigen. Er vermutete, dass es sich um eine Frau aus der näheren Umgebung handelte, obwohl sich niemand gemeldet hatte, um sie zu identifizieren. Drei Leute hatten gesagt, sie käme ihnen bekannt vor. Es hatte diesen kurzen Funken des Wiedererkennens gegeben, aber kein Feuer, das hell genug gebrannt hätte für die Behauptung: »Ja, das ist doch die Soundso. Die kenne ich schon mein Leben lang.«
    Plötzlich musste er komischerweise an die typischen schwarzen Londoner Taxis denken, denn inzwischen gab es ja gelegentlich
auch ein silbern oder blau lackiertes Taxi. Jede Farbe außer schwarz war für ein Londoner Taxi aber unangebracht. Der Gedanke führte ihn zu der Frage, ob die Tote vielleicht die falsche Farbe gewählt hatte? Bei ihrer Designerkleidung, die ein paar tausend Pfund wert war?
    Er zog Kit Rexroths Gästeliste hervor, ließ den Blick über die erste, dann über die zweite Seite schweifen. Es waren sechs, nein, sieben Seiten, geschrieben in ihrer großen, aber sauberen Handschrift. Die Eingeladenen, die Uneingeladenen (auf Seite vier, fünf, sechs), die gesichteten, die nicht-gesichteten Gäste – nein, Letztere wären ja schließlich… nicht zu sehen gewesen. Und Tips Trinkgenossen in sämtlichen Pubs in der City.
    Jury blätterte zur sechsten Seite zurück und traute seinen Augen nicht. Aber doch, da stand der Name: Harry Johnson. Ach was, es gab bestimmt Dutzende von Harry Johnsons in London. Jury lächelte. Es gab ganz bestimmt nur den einen.
    Die Fahrt war zu kurz für ein Imbisswägelchen, was er, wie er zu seiner Überraschung feststellte, aber doch vermisste. Das leise Geklapper, wenn es den Gang entlang näher kam, hatte irgendwie etwas Tröstliches. Es erinnerte an ein Ritual. Die Menschen brauchten das, dachte er, man braucht diese Erdung. Wir sind wie Zelte, die festgezurrt werden müssen, um nicht davongeweht zu werden. Rituale, und die Dinge, die an Rituale erinnerten. Es würde nicht lange dauern, bevor sie die

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