Die Verschwender vom Mars
Die Verschwender vom Mars
1.
Unter der Tür zum kurzen Gang, der die beiden einzigen Räume in der Kapsel des Raumschiffs verband, stand Mario Esteban Rioz und sah mürrisch zu, wie Ted Long die Bedienungsknöpfe des Fernsehgeräts einstellte. Long versuchte es mit einer leichten Drehung im Uhrzeigersinn, dann mit einer Drehung in der Gegenrichtung. Das Bild war miserabel.
Rioz wußte, daß das Bild miserabel bleiben würde. Sie waren von der Erde zu weit entfernt, und ihre Lage zur Sonne war auch schlecht. Aber man konnte nicht erwarten, daß Long dies wußte. Rioz blieb noch einen Augenblick unter der Tür stehen, hatte den Kopf gebeugt, um nicht an den oberen Türsturz anzustoßen, hatte den Körper halb zur Seite gedreht, um in die schmale Öffnung zu passen. Dann schnellte er wie ein Korken aus der Flasche in die Kombüse.
»Was suchst du da?« fragte er.
»Ich wollte sehen, ob ich Hilder kriege«, sagte Long.
Rioz lehnte sich an die Ecke eines Wandtischs. Er nahm eine kegelförmige Milchdose vom Regal dicht über seinem Kopf. Er drückte zu, und ihre Spitze sprang ab. Er schwenkte sie sacht im Kreis und wartete, daß sie warm wurde.
»Wozu?« sagte er. Er hielt die Dose umgekehrt nach oben und sog geräuschvoll an ihr.
»Ich wollte ihn mir anhören.«
»Ich halte das für Energieverschwendung.«
Long sah mit gerunzelter Stirn auf. »Üblicherweise dürfen persönliche Fernsehgeräte unbeschränkt benutzt werden.«
»In vernünftigen Grenzen«, versetzte Rioz.
Sie sahen sich herausfordernd in die Augen. Rioz hatte den strammen Körper, das hagere, hohlwangige Gesicht, die beinahe Kennzeichen der »Müllmänner« vom Mars waren, jener Raumleute, die sich geduldig neben den Routen zwischen Erde und Mars aufhielten. Hellblaue Augen leuchteten in einem braunen Gesicht, das von Runzeln überzogen war und sich dunkel vom umgebenden weißen Syntho-Pelz abhob, mit dem der aufgestellte Kragen seiner Ledik-Raumjacke überzogen war.
Long sah im großen und ganzen blasser und sanfter aus. Er zeigte einige Merkmale der Bodenleute, obwohl kein Marsmensch der zweiten Generation noch in dem Sinn wie die Erdleute ein Bodenmensch sein konnte. Er hatte seinen Kragen umgelegt und sein dunkelbraunes Haar ganz freigelegt.
»Was verstehst du unter vernünftigen Grenzen?« wollte Long wissen.
Rioz preßte die Lippen zusammen. Dann sagte er: »Wenn man daran denkt, daß wir auf dieser Fahrt nicht einmal die laufenden Unkosten hereinholen werden, so wie's jetzt aussieht, dann ist jede Entnahme von Energie unvernünftig.«
Long sagte: »Wenn wir mit Verlust arbeiten, wäre es dann nicht besser, wenn du auf deinen Posten zurückgehst? Du hast Wache.«
Rioz brummte und fuhr sich mit Daumen und Zeigefinger über die Stoppeln an seinem Kinn. Er richtete sich auf und stapfte zur Tür, wobei die weichen Stiefel das Geräusch seiner Schritte dämpften. Er blieb stehen, um einen Blick auf den Thermostat zu werfen und fuhr in einem Wutanfall herum.
»Mir ist es gleich heiß vorgekommen. Was meinst du eigentlich, wo wir sind?«
Long sagte: »Zehn Grad sind nicht zuviel.«
»Für dich vielleicht nicht. Aber wir sind hier im Raum und nicht in einem geheizten Büro der Eisenbergwerke.« Rioz stellte mit einer raschen Bewegung des Daumens den Thermostat so niedrig es ging. »Die Sonne ist warm genug.«
»Die Kombüse ist nicht auf der Sonnenseite.«
»Die Wärme wird schon bis hierher durchkommen, verdammt noch mal.«
Rioz trat durch die Tür, und Long sah ihm lange nach, bevor er sich wieder dem Fernsehgerät widmete. Er stellte den Thermostat nicht wieder höher.
Das Bild flimmerte immer noch arg, aber da war nichts zu machen. Long klappte einen Stuhl aus der Wand heraus. Er beugte sich vor, wartete die feierliche Ankündigung und die kurze Pause ab, bis sich der Vorhang langsam teilte und sich der Scheinwerfer auf die bekannte bärtige Gestalt richtete, die die Kamera heranholte, bis sie den Bildschirm füllte.
Die Stimme war eindrucksvoll, auch wenn die dreißig Millionen Kilometer Entfernung mit ihren Elektronenstürmen sie mit Rauschen und Pfeifen entstellten. Die Stimme fing an:
»Freunde! Mitbürger unserer Erde ...«
2.
Als Rioz den Pilotenraum betrat, sah er das Funksignal aufblitzen. Für einen Augenblick wurden ihm die Hände feucht, weil er glaubte, es sei ein Radarzeichen. Aber da machte sich nur sein Schuldgefühl bemerkbar. Theoretisch hätte er auf Wache den Pilotenraum nicht verlassen
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