Allan Quatermain
Nebengebäude standen. Die Fläche nahm die ganze Kuppe des Hügels in Anspruch. Und was für ein Garten es war! Der Anblick eines schönen Gartens hatte schon immer mein Herz höher schlagen lassen, und ich hätte vor Freude die Arme in die Luft werfen können, als ich den von Mr. Mackenzie erblickte. Reihe an Reihe standen da alle bekannten Sorten von europäischen Obstbäumen, alle gepfropft; auf der Kuppe dieses Hügels herrschte ein so mildes Klima, daß beinahe alle in England üblichen Gemüsearten, Bäume und Blumen üppig gediehen, sogar mehrere Arten des Apfels, der normalerweise in einem zu heißen Klima holzig wird und sich hartnäckig weigert, zu einer halbwegs eßbaren Frucht heranzureifen. Außerdem wuchsen in seinem Garten Erdbeeren, Tomaten (welch wunderbare Tomaten!), Melonen, Gurken; kurz, jede Art von Gemüse und Obst.
»Was für einen wunderschönen Garten Sie haben!« rief ich enthusiastisch, voller Bewunderung für dieses Prachtstück von Garten (und auch nicht ganz ohne Neid).
»Ja«, erwiderte der Missionar, »es ist ein sehr guter Garten; er hat mir meine Mühen wirklich gedankt. Aber in erster Linie habe ich dem Klima zu danken. Wenn Sie hier einen Pfirsichkern in den Boden stecken, dann trägt er im vierten Jahr schon Früchte, und Rosen blühen schon nach einem Jahr. Es ist ein hervorragendes Klima.«
Wir kamen jetzt an einen zehn Fuß breiten, wassergefüllten Graben, hinter dem eine acht Fuß hohe, mit Schießscharten versehene Steinmauer war. Die Mauerkrone war dicht gesprenkelt mit scharfen Steinen, die in den noch weichen Mörtel hineingedrückt worden waren.
»Das da«, sagte Mr. Mackenzie und zeigte auf den Graben und die Mauer, »ist mein magnum opus; dies und die Kirche, die sich auf der anderen Seite des Hauses befindet. Zusammen mit zwanzig Eingeborenen habe ich zwei Jahre dafür gebraucht, den Graben zu ziehen und die Mauer zu errichten; denn erst als das geschafft war, fühlte ich mich sicher. Und nun kann ich allen Wilden in Afrika Trotz bieten, da die Quelle, die den Graben speist, sich innerhalb der Mauer befindet; sie fließt winters wie sommers von der Kuppe des Hügels, und im Haus befindet sich ein ständiger Lebensmittelvorrat, der uns vier Monate lang reicht.«
Wir schritten über eine hölzerne Planke und betraten durch eine winzig schmale Öffnung in der Mauer das, was Mrs. Mackenzie als ihre Domäne bezeichnete – den Blumengarten, dessen Schönheit ich wirklich nicht mit Worten beschreiben kann. Ich kann mich nicht erinnern, jemals zuvor solche Rosen, solche Gardenien oder Kamelien gesehen zu haben. (Die Samen oder Sprosse dafür waren alle aus England geschickt worden.) Ein Eckchen des Gartens beherbergte eine Sammlung zwiebelförmiger Wurzeln, die zum größten Teil Flossie, Mr. Mackenzies kleine Tochter, in der Umgebung der Missionsstation gesammelt hatte. Einige davon waren von wirklich seltener Schönheit. In der Mitte des Gartens, genau gegenüber der Veranda, sprudelte ein wunderschöner Springbrunnen von herrlich klarem Wasser aus dem Boden und fiel in ein steinernes Becken, das man mit viel Sorgfalt so gebaut hatte, daß es alles Wasser auffing. Von dort aus rann das Wasser durch einen Überlauf in eine Auffangrinne, die es wiederum in den Wassergraben rings um die Außenmauer leitete. Der Wassergraben seinerseits diente als kleiner Stausee, der immer einen nie versiegenden Vorrat an Wasser enthielt, mit dem man alle die unterhalb liegenden Gärten berieseln konnte.
Das Haus selbst, ein massives, einstöckiges Gebäude, war mit Steinplatten gedeckt und hatte eine hübsche Veranda. Das Gebäude bestand aus vier Flügeln, die ein Viereck bildeten. Drei dieser Flügel waren Wohn- und Schlafräume, der vierte beherbergte die Küchen, die somit abseits vom Haus lagen – in einem heißen Land eine sehr vorteilhafte Lösung. Inmitten des quadratischen Innenhofes befand sich das vielleicht Bemerkenswerteste, das wir an diesem zauberhaften Orte bisher gesehen hatten: ein einzelner Nadelbaum, wie er in zahlreichen Spielarten im Hochland dieses Teils von Afrika freistehend anzutreffen ist. Dieser großartige Baum, der – wie Mr. Mackenzie uns mitteilte – den Orientierungspunkt für einen Umkreis von fünfzig Meilen darstellte (wir selbst hatten ihn ja schon während der letzten vierzig Meilen unserer Reise ständig sehen können), mußte wohl an die dreihundert Fuß hoch sein. Der Stamm hatte einen Yard über dem Boden gemessen etwa sechzehn Fuß im
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